Ich liebe mich... Sabrina (German Edition)
klaubte einen Schein aus ihrer engen Jeans und zahlte.
Wir fuhren wortlos das letzte Stück zurück in die Klinik, stellten die Fahrräder in die Abstellbox und trugen uns auf den Verleihzetteln aus.
»Bis später!«, riefen wir uns zu und gingen auf unsere Zimmer.
Wir würden uns am Abend bestimmt noch einmal über den Weg laufen, da war ich mir sicher.
Kapitel 5
Das Freizeichen schlug zum vierten Mal an, da nahm er endlich ab.
»Hallo, Schatz!« Peter wusste, dass das meine Zeit war. Die letzten Tage hatte ich immer kurz vor dem Zu-Bett-Gehen angerufen.
»Ja, hallo, ich bin's!«
»Wie schön! Wie geht es dir? Was hast du heute gemacht?«
Ich erzählte ihm von unserem gemeinsamen Strandspaziergang, dem anschließenden Besuch im Café und davon, dass wir heute Abend die erste Gruppenstunde der Problemlösegruppe Lebenslagen - Lebenslügen absolviert hatten. Den Gruppennamen erwähnte ich lieber nicht, denn der kam mir selbst vor wie eine Anklage. Er bereitete mir unterschwelliges Unbehagen. Zuerst hatte ich sogar überlegt, der Stunde fernzubleiben. Hannelore überredete mich dann doch, und so rafften wir uns gemeinsam auf. Die Stunde war schnell vorbei gegangen. Es nahmen fünf Männer und vier weitere Frauen daran teil. Geleitet wurde die Gruppe von Marc, einem breitschultrigen Pferdeschwanz-Mann mit kräftigen, blonden Haaren. Er war sechsunddreißig Jahre alt und stellte sich uns als Familientherapeut vor. Sein bartloses Gesicht war etwas pickelig und seine dunkelbraunen Augen musterten jeden mit durchdringender Schärfe, die jedoch von seinem steten Lächeln wirksam abgemildert wurde. Mit seiner angenehmen, warmen Stimme führte er uns zunächst durch eine kleine Meditation und schlug danach vor, dass jeder sich kurz der Gruppe vorstellen solle. So hatten wir mit den Kurzvorstellungen der einzelnen Teilnehmer begonnen, waren damit aber nur bis zur Hälfte gekommen. Nächsten Dienstag sollte es weitergehen.
Peter hörte meinen Ausführungen interessiert zu und berichtete daraufhin, dass er im Garten gewerkelt habe, und dass ihm der Sonntag ohne mich ein wenig einsam vorgekommen sei. Ganz ungewohnt sei das für ihn gewesen. Kristin habe angerufen und gefragt, wie es mir ginge. Bei ihr laufe alles gut, sie sei Samstagnacht in der Disco gewesen und erst im Morgengrauen nach Hause gekommen. Sie habe einen tollen Typen kennen gelernt und hätte sich gleich für den Nachmittag mit ihm verabredet. Näheres folge in Kürze. Während Peter dies erzählte, schmunzelte ich und dachte an meine Tochter: Typisch Kristin! Immer so spontan, von einem Moment auf den anderen himmelhoch jauchzend und dann zu Tode betrübt. Ich wünschte ihr so sehr, dass sie endlich einmal eine längere Liebesbeziehung finden würde. Bisher waren das jedoch immer nur Kurzgeschichten gewesen.
»Ich vermisse dich schon jetzt, Schatz!«
»Ach, Peter, ich dich doch auch!«, seufzte ich zurück.
Wir wünschten uns noch eine gute Nacht.
»Küsschen!«
»Küsschen!«, erwiderte ich und legte auf.
Ich lag schon fertiggemacht für die Nacht auf meinem Bett. Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen dachte ich zurück an die Zeit, als Peter und ich uns in Goslar kennen gelernt hatten.
Ich musste dreiundzwanzig Jahre jung gewesen sein und wohnte noch bei meinen Eltern. Ich hatte Innendekorateurin gelernt, verdiente aber schon mein eigenes Geld. An den Abend unseres Kennenlernens erinnerte ich mich noch genau: Ich war mit meiner damaligen Arbeitskollegin und Freundin, Silke, erst am späten Abend losgezogen. Wir wollten ins Liberty gehen , der angesagtesten Disco der Stadt. Dort gab es immer die beste Musik.
Als wir ankamen, empfing uns schon eine ausgelassene Gruppe von jungen Männern, die wir dort noch nie gesehen hatten. Dem Akzent nach konnten es nur Nordrhein-Westfahlen sein, aus dem Woll-Land , wie wir gern sagten. Sie hatten sich mehrere Tische zusammengestellt, und es ging laut und fröhlich zu. Erst ignorierten wir die Typen, obwohl schon bei unserem Erscheinen anzügliche Bemerkungen und unverschämte Blicke in unsere Richtung geworfen wurden. Wir fühlten uns natürlich trotzdem oder gerade deswegen, geschmeichelt, hatten wir uns doch alle Mühe gegeben, uns partymäßig kokett zurechtzumachen. Silke zog ohnehin immer alle Blicke auf sich, weil sie unendlich lange und schöne Beine hatte, die sie gekonnt in Szene zu setzen wusste. Auch ich hatte
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