Ich liebe mich... Sabrina (German Edition)
meinem Denken, seit ich hier bin. Die Gespräche mit Herrn Sibelius, mit der LL-Gruppe und mit dir und Angie, bringen in mir etwas in Bewegung. Zum ersten Mal schreibe ich mir auf, was ich von meiner Zukunft erwarte und was mir in meiner Vergangenheit gefehlt hat. Indem ich auf mein bisheriges Leben zurück blicke, fühlt es sich fast so an als würde ich Zwischenbilanz ziehen.«
Hanne unterbrach mich nicht, sondern hörte mir aufmerksam zu und trank genießerisch ihren Tee.
»Durch den zeitlichen und räumlichen Abstand sehe ich augenblicklich auch Peter und unsere Ehe mit anderen Augen. Ich glaube, seitdem ich versuche, weniger zu verurteilen, verändert sich meine Perspektive dramatisch. Eines scheint jedenfalls festzustehen: Wenn ich wieder nach Hause komme, werde ich einige Dinge ändern! Ich werde frischen Wind in unser Leben bringen und mein Schicksal wieder in die eigenen Hände nehmen, um nicht mehr von Peters Gnaden und Marotten abhängig zu sein. Vielleicht habe ich in der Vergangenheit den Fehler gemacht, ihn zu sehr für mein persönliches Glück verantwortlich zu machen.«
»Bravo, das hört sich gut an! Du erwachst langsam aus deinem Dornröschenschlaf. Gut so!«, Hanne klatschte in die Hände und ermunterte mich zum Weiterreden.
»Weißt du, ich bin gesund, ich mag mich leiden, meine Kinder sind so wundervoll geraten, wir leben in einem schönen Haus mit Garten, ich habe Freundinnen, einen Mann, finanziell stimmt es auch«, zählte ich auf, was mir an Positivem einfiel. »Wovor ich Angst habe ist, dass ich tief in mir ahne, dass eine Veränderung ansteht. Mich ergreift dabei ein Gefühl von Leere und Verzagtheit, auch ein wenig Minderwertigkeitsgefühl. Ich beginne zu erkennen, dass es etwas mit meiner inneren Einstellung zu tun haben muss. Ich glaube, dass ich mein weiteres Leben neu definieren und mir neue Ziele und Aufgaben suchen muss. Das sind so die Sachen, die mir durch den Kopf gehen!«, beendete ich meine gedankliche Exkursion.
»Schön, Brina! Ich freue mich, dass ein neuer, frischerer Wind beginnt, dein Leben zu beflügeln. Wenn du so von dir sprichst, habe ich das Gefühl, dass einige deiner Erkenntnisse auch auf mich zutreffen. Seit Bernds Tod und dem Ausbruch meiner Krankheit habe ich in tiefer Traurigkeit gelebt. Ich habe auf mechanische Art meine Arbeit und mein Leben...«, sie sann kurz nach, »...ja, hinter mich gebracht, möchte ich fast sagen. Es dämmert mir, dass mein Krebs vielleicht durch meine depressive Traurigkeit begünstigt wurde. Nach der Diagnose kamen zur Trauer auch noch die Angst und die Belastungen durch die Chemo dazu. Auch in mir keimt eine Ahnung, dem nur durch neue großartige Zukunfts-Pläne entgegenwirken zu können. Ich muss neue Freude in mein Leben bringen. So gesehen haben wir die gleiche Antwort gefunden.«
»Na, dann - schmieden wir neue Zukunftspläne!«
Ich hielt ihr mein leeres Teeglas hin, und Hanne schenkte uns noch einmal nach.
»Mir fällt auf, dass du mir bisher sehr wenig von Peter erzählt hast«, nahm Hanne nun ein neues Thema in Angriff. »Wie ist er so, wie muss ich ihn mir vorstellen, hast du ein Bild von ihm dabei?«
Ich schüttelte den Kopf. Uff, auch das war neu für mich, einem anderen Menschen meinen Mann zu beschreiben, ohne ein Bild von ihm vorzeigen zu können. Ich nahm einen Anlauf und versuchte es. »Also, lass mich mal überlegen, wie ich ihn dir beschreiben soll. Er ist etwas größer als ich, einen Meter und achtzig, um genau zu sein. Er war mal recht sportlich, hat aber mittlerweile ein kleines Bäuchlein. Er hat volle, dunkelblonde Haare, und das schönste an ihm sind seine großen, sprechenden, dunkelbraunen Augen. Die waren damals das Erste, was mir an ihm auffiel.« Ich unterstrich meine Ausführungen mit ausholenden Handbewegungen und fuhr fort: »Er ist ein sehr guter Tänzer, und er interessiert sich für Fußball. Bis zu seinem Vierzigsten hat er sogar noch in der Altherrenmannschaft unseres Vereins mitgespielt. Er liest gerne Krimis und unsere Töchter lieben ihn sehr, weil er immer sehr großzügig ihnen gegenüber ist, denke ich mal. Sie können sich mit ihm über viele Dinge unterhalten. Im Fußballverein lag ihm die Jugendarbeit sehr am Herzen. Seitdem er nicht mehr aktiv spielt, widmet er sich als neues Hobby verstärkt unserem Garten. Wenn er mal nicht Krimis liest, hat er garantiert eine Gartenzeitschrift in der Hand. Er betont immer, dass er das bräuchte - zum
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