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Ich liebe mich

Ich liebe mich

Titel: Ich liebe mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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der Vater, nimmt von dem duftenden Rasierwasser, klopft es in die Backen, streicht über den Haaransatz. Golo ist gegangen. Der Auftritt des soignierten Vaters wird nicht bemerkt. Stephanie kauert am Boden und beruhigt Herkules. Auf der Terrasse mit dem Rücken zur offenen Glastür steht eine schmale Gestalt, dem Ferienfreund vertraut: im Trachtenkostüm, offen das Haar. Förmliche Begrüßung. Seine Frau ist wieder mit einem Mädchen beschäftigt; Golo gießt Blumen, daß sich Pfützen um die Töpfe bilden. Es sei heiß, stellt der Vater fest, findet keinen Widerspruch, macht auf den Blick ins Grüne aufmerksam, wobei er einige Bäume beim Namen nennt.
    »Wie schön«, sagt Babette.
    Sie trinken Tee. Drinnen. Immer wieder wird seine Frau hinausgeklingelt. Daher dreht sich das Gespräch um Dienstmädchen. Man spricht im Akkord. Golo zu seiner Schwester, Stephanie zum Vater, er zu Babette. Seine Frau kommt zurück, entschuldigt sich, schüttelt den Kopf. »Diese Mädchen heutzutage! Ansprüche, Ansprüche und von nichts eine Ahnung.«
    Man spricht über Ansprüche. Golo zu seiner Schwester, Stephanie zu ihrem Vater, er zu Babette. Und seine Frau zu Golo. Sie rügt ihn, weil er sich Kuchen nimmt, ohne dem Gast anzubieten. Jetzt muß Golo sich an Babette wenden, spricht, während es klingelt, über Obsttorten, über Färbe- und Konservierungsmittel, vergißt darüber anzubieten. Sein Vater, der die beiden nicht aus dem Blick läßt, kommt auch nicht drauf, ihn daran zu erinnern. Er sieht mit Ingrimm, wie unbegabt sein Sohn konversiert. Nicht einmal den Anflug eines Lächelns vermag er Babette zu entlocken. Das hätte er an seines Sohnes Stelle längst geschafft! Eine charmelose Jugend. Dabei wären die beiden ein so nettes Paar. Man könnte das Erworbene getrost weitergeben. Man könnte ihnen im Werk eine eigene Abteilung einrichten, wo sie nichts anstellen können und alles lernen, um gemeinsam hineinzuwachsen in die große Aufgabe. Denn auch die Frau, das würde er in seinem Testament ausdrücklich vermerken, soll den Beruf des Mannes kennen, um ihn zu verstehen. Und er wäre, dessen ist er gewiß, ein verstehender Schwiegervater. Aber dieser spröde Sohn muß ja Medizin studieren!
    Golo, inzwischen beim Hefegebäck angelangt, erinnert sich der Worte seiner Mutter. Die Platte in der Hand wird ihm schwer.
    »Nehmen Sie ein Stück. Sie können was vertragen, so dünn wie Sie sind. Ich sage das als Mediziner.«
    Endlich gelingt ihm eine Art ermunternden Lächelns. Babette nimmt tatsächlich ein Stück. Schwungvoll offeriert der Vater die Sahne.
    Seine Frau kommt zurück, spricht freundliche Sätze: »Schade, daß Ihre Tante nicht mitkommen konnte. Sind Sie schon lange in München? Was haben Sie schon von der Stadt gesehen?«
    Überraschend bekommt Herkules ein Stück Kuchen von seinem ehemaligen Herrchen und wird gestreichelt. Babette kennt nicht viel von München, leider, eine faszinierende Stadt, hat noch nicht einmal Bier getrunken und läßt sich die Kammerkonzerte im Brunnenhof der Residenz empfehlen. Für Musik interessiere sie sich sehr. Ihre Tante übrigens auch. Stephanie beteiligt sich an der Unterhaltung:
    »Hier gibt es schicke Boutiquen.«
    Babette lächelt in ihrem Trachtenkostüm.
    »Meine Tante hat eine Schwäche für Trachten. Überhaupt für alles Bayerische.«
    Es hat nicht geklingelt. Da täuscht sich der Vater. Seine Frau sieht ihn an; er schlägt den Zwillingen vor, dem Gast ihre Schallplattensammlung zu zeigen. Babette lächelt ihm Dank zu für diese gute Idee; die Zwillinge gehorchen in Zeitlupe.
    »Bißchen mühsam, die Kleine«, sagt seine Frau, als sie allein sind.
    »Glaubst du, daß sie Golo gefällt?« fragt er.
    »Ach so! Du willst die beiden verkuppeln! Dann wären wir ja mit Elvira verwandt. Schrecklicher Gedanke!«

    Die Morgenfreude ohne Abitur halbtags bei guter Bezahlung und leichter Arbeit unterzubringen, war selbst in einer Millionenstadt nicht einfach. Um das gute Kind nicht zu entmutigen, hatte sie der väterliche Ferienfreund kurzerhand ins Werk gesteckt. Als Chef sah er sie nie und, da er zur Zeit sehr in Anspruch genommen war, auch nicht privat.
    Endlich kam Hilde vom Urlaub zurück, aufdringlich braun und im Dirndl. Mit ihr zog rationelle, flinke, disziplinierte Arbeit wieder ein. Nicht nur ins Vorzimmer. Hilde berichtete dem Chef über Babette. Sie könne zu wenig, sei arrogant und anspruchsvoll. Die Angestellten redeten bereits in einer Weise, die >wir<, wie sie sich

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