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Ich liebe mich

Ich liebe mich

Titel: Ich liebe mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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führen, Hildchen, alles offen besprechen, ohne die Worte abzuwägen! Ach, Liebes, ich habe nicht geglaubt, daß es das noch gibt. Wir sind einfach ein gutes Team. Alles, was du sagst, ist vernünftig. Und anwendbar. Bei dir ist ein Mann aufgehoben! Und wie du das mit der Klinik gemacht hast! Nicht lange gefragt, einfach angemeldet. Morgen um die Zeit hab ich’s schon hinter mir. Was war das? Hat Monika gerufen? Da wollen wir aber gleich nachsehen...«
    Wie Eltern standen sie am Bettchen. Auch das war eine Möglichkeit, sich jung zu fühlen. Bei diesem Gedanken und dem Anblick der zärtlich über das schlafende Kind gebeugten Mutter schaltet sein Verstand ab.
    »Komm!« sagt er. Sie folgt ihm.
    Er schläft als Chef mit seiner Sekretärin.
    Im Sprechverkehr einigen sie sich über den Zeitpunkt der Peripetie. Jahre beruflicher Zusammenarbeit haben diese Krönung des Teamworks ermöglicht. Der Chef nickt. Auch die Sekretärin hat keine Wünsche mehr. Das Diktat ist beendet.

    Hilde kam, wie die meisten Besucher in Krankenhäusern, zögernd, auf unangenehme Überraschungen gefaßt, ohne ausreichendes Trostvokabular, doch mit viel Mitgefühl. Er genoß ihre Besorgnis, ihren ängstlichen Ausdruck, ihre Zuverlässigkeit — im Werk war alles in Ordnung. Heute tat ihm jeder leid, der auf den Beinen sein mußte, sich plagen, Termine einhalten, statt dazuliegen als Omphalos, um den die Welt sich dreht.
    Seine Frau kam, die Zwillinge kamen, besprachen sich mit Hilde über sein Aussehen, über die schöne Aussicht, die er vom Bett aus genieße, so gut würden sie es auch gerne haben, wenn sie einmal krank werden sollten, umrahmten ihn mit Blumen und hübschen Zwecklosigkeiten:
    »Das ist ein Serviettenring aus Eisenholz, mit eingearbeiteter Uhr. So hast du die Serviette immer griffbereit und weißt gleichzeitig wie spät es ist.«
    »Das ist eine Verkehrsampel mit Batterie. Die hängst du draußen an die Türklinke. Wenn jemand klopft, brauchst du nicht zu rufen, sondern drückst bequem auf Halt oder Freie Fahrt.«
    Dankbar nahm er entgegen. Alle, die er schätzte, waren um ihn bemüht, zerbrachen sich die Köpfe, was für sein Wohlergehen zu tun sei, und Hilde notierte alles auf ihrem Stenogrammblock: Sonnenbrille, Eau de Cologne, Bücher, Nackenrolle, Kratzhändchen und, von Hilde angeregt, einen Adventskranz. Da letzteres Stimmungsgerät bei Patienten der ersten Klasse sozusagen zur Grundausrüstung gehört, hatte er am folgenden Sonntag zwei. Einen dritten schickte >mit besten Wünschen für alsbaldige Genesung< unerwarteterweise die Gewerkschaft. Der einzige, halbwegs Zuständige brachte keinen — der Pfarrer.
    Seiner Frau gelang es, den Chefarzt zu sprechen. Sie traf ihn auf dem Flur, wo er ihr auf Gummisohlen mit Gefolge über den angeblich schallschluckenden Kunststoffbelag entgegenquietschte. Man kannte sich gesellschaftlich. Zuletzt hatte man sich bei Schröders Hauseinweihung gesehen.
    »Seit wann klagt er über diese Beschwerden?«
    »Seit Capri.«
    »Richtig, Sie waren auf Capri. Sie erzählten davon.«
    »Was konnten Sie feststellen, Professor?«
    »Wir beobachten noch. Ich glaube nicht, daß wir operieren müssen.«
    Seine Frau zeigte sich deutlich erleichtert.
    »Dann war meine Diagnose richtig. Ich habe auf Erkältung getippt. Vom Baden im Meer.«
    Der Blick des Professors trübte sich wissenschaftlich.
    »Ich würde sagen, eine nervöse Störung.«
    »Das klingt aber nicht sehr beruhigend.«
    Darauf gab der Professor die üblichen Ratschläge: mal aus-spannen, wegfahren. Und sie die übliche Antwort: Das möge er ihm bitte selber sagen. Zwischengeplauder bis zu der Frage:
    »Kann ich Sie einmal in Ihrer Privatpraxis aufsuchen, Professor?«
    »Jederzeit. Für Sie, liebe, gnädige Frau bin ich immer zu sprechen. Das wissen Sie doch.«
    Der Patient erfuhr nichts von diesem Gespräch. Stephanie brachte ihm eine Nachricht: Babette hatte Schwierigkeiten. Da Wohnung und Wagen auf ihren Namen liefen, sie aber nichts behalten wollte, war sie um die entsprechenden Formalitäten verlegen.
    Hilde übernahm die Angelegenheit.
    Der Wagen wurde verkauft, die Wohnung auf die Firma überschrieben und stand zur weiteren Verwendung bereit. Babette behielt nur, was er zu ihrer persönlichen Ausstaffierung gekauft hatte. Wo sie wohnte, wovon sie lebte und mit wem, wußte Stephanie nicht.
    Fern wie nie gewesen — Wie jung macht die Ruhe nach der Jagd auf die Jugend — hatte mir das Leiden angehetzt — ab Montag arbeite ich

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