Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone
derjenigen eines Fastfood-Restaurants in nichts nachsteht. Dort gehen in rasender Geschwindigkeit ansehnliche Ladungen an Fruchtgummi, Chips mit Käsesoße, Eis und Grillspezialitäten in salatschüsselgroßen Näpfen über den Tresen. Dazu in Literbechern klebrige Süßgetränke, die durch überdimensionale Strohhalme lautstark weggeblubbert werden.
Meine Freunde bilden beim Kino-Gelage keine Ausnahme. Gerade letztens schleppte Hans-Dieter gefühlte zehn Kilo Proviant für 28,90 Euro in den Saal, statt sich figurfreundlicher auf eine kleine Tüte Wampe-Weg-Snacks wie Salzstangen oder Trockenobst zu beschränken.
Dabei weiß niemand besser als er, dass, wer einmal anfängt, so schnell nicht aufhören kann. Hans-Dieter, der essenstechnisch einem Labrador ohne natürliche Fressbremse ähnelt, mampft während der Filmberieselung immer so lange mechanisch weiter, bis auch der letzte Krümel verputzt ist. Und damit sein Vorrat keinesfalls vor dem Abspann zur Neige geht, ordert er regelmäßig noch fix eine Schlemmertüte Eiscreme
mit heißem Schokoladenkern zur schleckenden Überbrückung der halbstündigen Werbung vor dem Hauptfilm.
Meine Anwesenheit auf dem Sitz neben ihm bremst sein vergnügliches Kinogefuttere nicht im Geringsten: »Patric, das gehört nun mal einfach dazu«, sagt er dann grinsend. Und schiebt scheinheilig hinterher, es gebe nun mal keine Gemüsesticks im Kino: »Sonst würde ich selbstverständlich die kaufen …«
An den Film, der laut Aussage der anderen vorgeführt worden sein soll, kann ich mich übrigens nicht mehr erinnern. Mangels Untertiteln habe ich früh den Faden verloren – hören konnte ich jedenfalls nur Hans-Dieters mahlenden Kiefer. So beschloss ich, lieber ein Nickerchen zu machen.
So gesehen hätte ein gemütlicher Fernsehabend zuhause durchaus seine Vorteile – wenn nur wenigstens eins von 84 Programmen meinen Geschmack treffen würde. Als ich also in der Hoffnung auf wenigstens ein unentdecktes TV-Highlight weiter mit qualmendem Finger vor mich hinzappte, machte ich plötzlich eine Vollbremsung an der Fernbedienung:
Im Shoppingkanal pries eine dralle Blondine etwas an, das so ähnlich klang wie »WC-Raketenpulver«. Konnte das sein? – Tatsächlich: »Raketenpulver«! Ein Kraftschaum fürs Klo mit Selbstreinigungs-Effekt. Wahnsinn. Einen Kanal weiter suchten Badeschlappen mit eingebautem Flaschenöffner nach neuen Besitzern. »Wie konnten wir nur jemals ohne solche Sendungen der Zivilisation zurechtkommen?«, fragte ich mich unwillkürlich.
Danach wurde mindestens zehn Minuten lang ein automatischer Fensterputzer präsentiert, der mit rotierenden pinkfarbenen Lederläppchen übelst verdreckte Scheiben zum Spiegeln brachte. Ich bestellte das Teil spontan als Geschenk für meine Frau. »Einfach genial, dieser schier unerschöpfliche Erfindungsgeist männlicher Tüftler«, stellte ich fest.
Und der macht definitiv auch vor Hilfsmitteln fürs Problemzonendezimieren nicht halt. Topaktuelles Beispiel dafür ist ein wadenhoher Roboter-Zwerg aus Hongkong, der den Übergewichtigen des Abendlandes beim Abwurf der Rettungsringe behilflich sein will. Dazu kullert der batteriebetriebene Kasten auf Rollen mit seinen großen blauen Augen – und quetscht seinen neuen Besitzer erst einmal gründlich aus. Alles will er wissen: das jetzige und das erträumte Gewicht, die Ernährung und, sofern überhaupt vorhanden, die sportlichen Aktivitäten.
Danach rollert der Knirps seinem Herrn und Meister um die Beine, spuckt hohe Töne, gibt kluge Ernährungstipps, zählt Kalorien und nervt mit Warntönen und Grafiken über nicht vorhandene Fortschritte. Laut asiatischem Hersteller ist der Robo eine sichere Sache, vorausgesetzt, man versteht die Gebrauchsanweisung und im Notfall fließend Chinesisch. Denn ein falscher Knopfdruck – und schon schwafelt der Knirps mit seiner schrillen Kopfstimme Kantonesisch oder Mandarin. Davon abgesehen ist Kullerauge ideal für alle, die ihren Finger gut im Griff und einen Mangel an Hunden und zweibeinigen guten Freunden haben, die ihnen beim Abnehmen auf die Sprünge helfen könnten.
Angesichts solch brillanten Gespürs für komplizierte technische Feinstabstimmungen ist mir vollkommen unverständlich, dass uns Männern immer wieder intellektuelle Schwächen nachgesagt werden. Insbesondere, wenn es um das Frauenverstehen geht. Dabei können wir, wie so oft, wieder einmal gar nichts dafür. Wissenschaftler haben herausgefunden: Schuld an den Defiziten in der
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