Ich mag dich wie du bist
dieses Mannes liegt.
Ich schweige, denn ich weiß nicht genau, was ich tun soll. Am liebsten würde ich auf den Grund des Pools tauchen und Martina mit Gewalt hochholen.
Der Typ sieht mich immer noch schweigend an.
Plötzlich kommt das Wasser um mich herum in Bewegung und Martina taucht laut keuchend auf.
»Hast du gesehen?«, fragt sie, mit geschlossenen Augen, aber sie wirkt sehr zufrieden.
»Dann warst du ja doch nicht tot«, meint der Typ.
Es dauert ein paar Sekunden, bis Martina merkt, wen sie vor sich hat.
»Ach, du bist’s.«
»Ich sehe, du hast gute Laune, wenn deine Freundin da ist. Du solltest sie öfter einladen.«
»Leck mich doch.«
Na, das fängt ja gut an.
Vierzig
»Also geht ihr gemeinsam zur Schule?«, fragt Martinas Mutter, während sie gleichzeitig dem Hausmädchen ein Zeichen macht, es könne gehen.
»Ja, in dieselbe Schule, aber in verschiedene Klassen.«
»Und du gehst gern zur Schule?«
Also, ich muss schon zugeben, es ist komisch, dass wir nach ganzen drei Sätzen an dieser Stelle der Unterhaltung angekommen sind. Nicht dass Sitzenbleiben an sich verwerflich wäre, das kann vorkommen, aber die Vorstellung, gleich am Anfang eines harmlosen Gesprächs sofort ein solches Geständnis ablegen zu müssen, ist nicht gerade berauschend.
Martina wirft mir vom anderen Ende des Tisches einen verständnisvollen Blick zu und unterstreicht ihn, indem sie mit einem Fuß mein Knie berührt.
»Ja, richtig gern«, kommt sie mir zu Hilfe. »Nächstes Jahr wird sie nach Oxford gehen.«
Martinas Mutter strahlt über das ganze Gesicht.
»Oxford? Im Ernst?«
»Äh, ja«, antworte ich verlegen, was die anderen für Bescheidenheit halten.
»Aber das ist ja fantastisch.«
»Ja, ich bin auch sehr glücklich darüber, das ist eine ganz besondere Chance und eine tolle Gelegenheit, mein Englisch zu verbessern.«
»Aber sicher, absolut. Hast du gehört, Martina?«
»Das ist großartig«, erwidert sie, und ich frage mich langsam, wie diese Komödie enden wird.
Martinas amüsiertem Gesichtsausdruck nach (es ist mir schleierhaft, warum ihre Mutter nichts merkt) glaube ich, dass ich wohl tatsächlich das Schlimmste befürchten muss.
»Mama, Marco«, beginnt sie feierlich, »ich habe mich auch für Oxford beworben und werde Ende August die Antwort erhalten.«
Martinas Mutter zuckt zusammen. Ihr Freund dagegen zeigt keinerlei Reaktion.
»Schatz, das ist ja eine ganz wunderbare Idee, warum hast du mir nichts davon gesagt?«
»Ich wollte euch überraschen.«
»Und das ist dir wirklich gelungen!«, rufe ich aus und gestatte mir ein befreiendes Lachen, das fälschlicherweise als Freude ausgelegt wird.
Ich sitze mit lauter Verrückten am Tisch. Und rätsele darüber, wie Martinas Mutter nur glauben kann, ihre Tochter, die noch nicht einmal das Gymnasium abgeschlossen hat, hätte sich in Oxford beworben, um dort wer weiß was zu tun?
»Haltet ihr das für eine gute Idee?«
»Aber sicher, Schatz.«
»Wenn ihr nicht einverstanden seid, gehe ich natürlich nicht.«
»Martina, es ist deine Zukunft und ich werde dich unterstützen.«
Nach einer Weile ist das Thema Oxford Gott sei Dank beendet und wir konzentrieren uns aufs Essen und auf die Tischkonversation.
Der Typ mampft schweigend vor sich hin. Er trägt ein weißes Hemd, das vorn geöffnet ist, um seinen muskulösen Oberkörper zu zeigen. Ich tue mein Bestes, um mich am zweiten Teil dieser Farce zu beteiligen und erzähle von den Stränden, an denen ich gewesen bin und von Orten, die man einfach gesehen haben muss. Aber ich habe immer noch dieses ungute Gefühl wie vorhin im Pool.
Als wir mit dem Essen fertig sind, räumt das Hausmädchen das Geschirr ab und kommt mit dem Obstsalat wieder.
In diesem Moment bemerke ich, dass der Typ mich ständig anstarrt. Er tut es unauffällig, sucht meinen Blick, sooft es geht, und beugt sich unter jedem möglichen Vorwand zu mir über den Tisch. Mein Unbehagen wächst und ich rede schneller, erzähle von meiner Familie, meinem Zuhause, dem Campingplatz, auf dem wir sind. Als wäre ich bei einem peinlichen ersten Date. Martinas Mutter hört mir zu und nickt mit ihrem üblichen Silikonlächeln, während Martina über meine plötzliche Redseligkeit erstaunt zu sein scheint.
Irgendwann wendet sich der Typ an Martinas Mutter, die beiden wechseln ein paar kurze Bemerkungen, während mir Martina einen fragenden Blick zuwirft.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll, denn ich spüre noch die Augen des Typs auf mir
Weitere Kostenlose Bücher