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Ich mag dich wie du bist

Ich mag dich wie du bist

Titel: Ich mag dich wie du bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Gungui
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lasten, aber das kann ich ihr natürlich nicht erklären. Als plötzlich etwas meine Wade streift, zucke ich fast zusammen. Ich schaue unter den Tisch, aber da gibt es nichts zu sehen. Instinktiv drehe ich mich zu dem Typen um, der weiterspricht, als wäre nichts, aber ich entdecke ein beinahe unmerkliches Grinsen auf seinem Gesicht. Mein Herz schlägt schneller und mir steigt die Hitze ins Gesicht.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragt Martina.
    »Ja, ja, ich glaube schon.«
    Da scheint ihr ein erhellender Gedanke zu kommen. Sie dreht sich ruckartig zu dem Freund ihrer Mutter um, und er sieht sie mit einem engelsgleichen Lächeln an, das jedoch wie eine Provokation wirkt.
    »Das hätte ich mir ja denken können«, sagt Martina zu sich selbst. Dann steht sie auf und lässt dabei die Serviette zu Boden fallen.
    »Was, mein Schatz? Was ist denn los?«, fragt ihre Mutter und einen Moment lang tut sie mir schrecklich leid.
    »Dein Freund hier ist ein Psychopath, das ist los! Ihr geht mir alle beide so auf die Eier!«
    »Aber was sagst du denn da? Bist du verrückt geworden?«
    Der Typ beobachtet die ganze Szene beinahe zufrieden.
    »Sieh doch nur, wie er das genießt! Nur weil du überhaupt nichts schnallst!« Dann schreit sie ihn an: »Lass dich doch einweisen, du Arschloch!«
    Er sieht sie ungerührt an und sagt dann leise zu ihr: »Du bist verrückt!«
    »Komm, Alice, wir gehen.«
    Das lasse ich mir nicht zweimal sagen.
    »Du musst schon entschuldigen, Alice, meine Tochter ist in letzter Zeit etwas gereizt.«
    Die Worte ihrer Mutter treffen mich wie Beschimpfungen. Ich weiß, dass ich jetzt eigentlich lächeln und mit Martina verschwinden müsste, und ich weiß auch, dass sich nichts ändern wird, egal was ich sage. Doch die Worte kommen mir spontan über die Lippen.
    »Mit Martina ist alles in Ordnung, der geht es ausgezeichnet.«
    Ich weiß, dass dieser Satz nicht gerade der Schimpftirade entspricht, die jemand mit einem deutlich gefestigteren Charakter über die beiden ausgeschüttet hätte, aber es ist besser als nichts.
    Martina packt mich bei der Hand und zieht mich in Richtung Garten. Sie läuft schnell und dreht sich nicht um. Am Rand des Pools sammeln wir unsere Sachen ein und verlassen den Garten durch das Tor. Sie presst sich eine Hand gegen die Stirn, als wäre ihr Kopf plötzlich unglaublich schwer geworden.
    Als wir den Strand erreichen, bleiben wir stehen. Sie sieht mich an.
    »Tut mir leid«, sagt sie leise. »Tut mir leid.«
    »Du muss dich für nichts entschuldigen. Der ist wirklich ein Wichser.«
    »Er hat es auch bei dir probiert, stimmt’s?«
    »Ja, ich glaube schon …«
    »Es ist völlig absurd, ich kann einfach nicht glauben, dass ich in so einem Albtraum gelandet bin. Du weißt doch, wie das ist, wenn du dir bestimmte Dinge vorstellst und dir sagst, so etwas wird dir nie passieren? Meine Familie und dieses ganze Chaos, das ist jetzt genau die Sache, von der ich geglaubt hätte, dass sie mir nie passieren würde.«
    Es gibt nichts, was ich dazu sagen könnte. Deshalb beschränke ich mich darauf, ihr zuzuhören, während ich versuche, sie unter einen Baum in den Schatten zu lenken. Sie lässt sich führen.
    »Was soll ich jetzt tun? Ich kann so nicht leben, ich muss da weg.«
    Martina hat recht. Sie muss da weg. Vielleicht ist sie einfach nicht so praktisch veranlagt wie Mary, vielleicht hätte sie auch ohne diese Situation einen Haufen Probleme und Ängste. Aber eins ist sicher, in dieser Lage kann sie nicht glücklich werden.
    »Aber kannst du denn einfach so fort?«, frage ich sie spontan.
    »Noch nicht, aber sehr bald. Wenn ich achtzehn bin, verschwinde ich.«
    »Und wie lange dauert das noch?«
    »Achtundneunzig Tage. Ich zähle sie schon seit einer Weile, aber bis dahin muss ich mit ihr, mit ihnen leben. Ich hasse meine Mutter. Und ich habe Angst, dass ich mal genauso werde.«
    »Warum solltest du werden wie sie?«
    »Ach, ich weiß nicht. Das ist so ein Albtraum von mir. Ich fürchte mich davor, eines Tages aufzuwachen und festzustellen, dass ich so eine beschissene, verblödete, ständig halb betrunkene Spießbürgerin wie meine Mutter geworden bin.«
    »Das ist völlig unmöglich.«
    »Ja, ich weiß. Aber meine Albträume brauchen keine Logik. Ich habe einfach Panik, dass es passiert.«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Dein weiser Freund hat nicht vielleicht ein Mittel gegen Panik?«
    Ihre Frage lässt in meinem Kopf ein Licht aufleuchten.
    »Anscheinend hat er ja für alles eine Theorie,

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