Ich mag dich wie du bist
Unterhaltung von zwei Kindern, die sich beim Schlangestehen an der Rutsche kennengelernt haben.
»Du wohnst also auch hier auf dem Campingplatz?«
»Ja, dort drüben.«
»Und wie lange bleibst du?«
Da mischt sich Martina ein.
»Mary, möchtest du ihn auch noch fragen, was für ein Sternzeichen er ist und welches Eis er am liebsten isst?«
»Jungfrau«, sagt Luca, »und Kokosnuss.«
Martina grinst, und Mary sieht sie beleidigt an.
»Ist das etwa dein Freund Luca?«, fragt mich Daniele leise.
»Ja.«
»Der Luca, der sagt, dass Ligabue der größte Philosoph unserer Zeit ist?«, fragt er etwas lauter, damit Luca ihn auch versteht.
»Ja genau, der bin ich.«
Sie geben sich die Hand. Gut, damit wäre die Vorstellungsrunde beendet. Vermutlich war es die ungeschickteste Vorstellungsarie aller Zeiten, und zudem ist das Mädchen, das mit Mary gekommen ist, völlig außen vor geblieben. Und jetzt? Was jetzt?
Ich habe den Eindruck, dass alle auf eine kleine Rede von mir warten, in der ich erkläre, wie Luca nun in unsere Ferien integriert wird und vor allem, wie lange er bleibt. Vielleicht bin ich aber auch die Einzige, die sich das fragt. Denn ich freue mich zwar riesig, dass er gekommen ist, aber gleichzeitig bereitet es mir einiges Kopfzerbrechen. Also, ich bin ja jetzt mit Daniele zusammen und verbringe die meiste Zeit mit ihm. In Mailand hatte ich keinen festen Freund und verbrachte die meiste Zeit mit Luca.
Während ich überlege, ob ich auf den Tisch steigen und eine Rede schwingen soll, stößt Roby zu uns. Mit den Händen in den Hüften bleibt er neben Mary stehen. Dann zählt er uns mit dem ausgestreckten Finger ab.
»Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs. Leute, wir haben zwei Eindringlinge unter uns. Meiner Meinung nach sind das der Typ mit den Dreadlocks und diese Mailänderin. Los, ihr beiden, ab mit euch!«
»Roby, das ist Luca, ein Freund von mir aus Mailand.«
»Und sie ist Rosa, meine Cousine«, sagt Mary.
»Ach so, na das erklärt alles, Entschuldigung, Daniele. Hallo Luca, hallo Rosa.«
»Freut mich«, sagt Luca und gibt ihm die Hand.
»Gehört ihr zusammen?«
»Aber nein!«, ruft Mary aus. »Luca ist ein Freund von Alice, und Rosa ist meine Cousine, die beiden haben nichts miteinander zu tun!«
»Ach so. Wie lange bleibst du, Luca?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Wo übernachtest du?«
»Hier auf dem Campingplatz.«
»Gut. Dann kannst du ja dein Zelt neben unseren aufschlagen.«
Fünfundsechzig
Überlegt euch sechzehn Dinge, die ihr auf den Mond mitnehmen würdet und schreibt sie untereinander auf ein Stück Papier.
Es muss nicht unbedingt nur etwas Materielles sein. Man darf alles aufzählen: meinen Hund, Freundschaft, das Meer, ein Raumschiff, Brad Pitt, alle meine Freunde, eine DVD-Sammlung mit sämtlichen Folgen der Simpsons.
Lest euch durch, was ihr geschrieben habt und bildet dann Paare. Zum Beispiel muss man aus »mein Hund« + »Freundschaft« entweder ein Wort bilden, das beides ausdrückt, oder nur eins der beiden auswählen. Das geht so lange weiter, bis nur noch ein einziges Wort übrigbleibt.
Und das ist dann euer aktueller Gemütszustand.
Das kann man unendlich oft wiederholen, denn auch wenn man die Lösung schon kennt, ändert das nichts am Ergebnis.
Beim ersten Mal, als Luca diesen Test mit mir machte, kam »Flucht« heraus. Ja, ich weiß, ich bin nicht besonders originell. Ich bin neugierig, was bei Martina und Mary herauskommt.
Als die Mädchen mit dem Test fertig sind (bei Martina blieb am Ende »einsame Insel« übrig und bei Mary »Spaß haben«, bei Rosa habe ich nicht aufgepasst), beschließen wir, alle schwimmen zu gehen.
Martina, Mary und ihre Cousine sind von Lucas Test begeistert und reden die ganze Zeit von nichts anderem.
Wir setzen uns auf unseren üblichen einsamen Felsen, während die Sonne am Horizont schnell untergeht.
Erst als wir im Wasser sind, stellt mir Mary den Neuankömmling Rosa noch einmal richtig als ihre Cousine vor, die natürlich in Mailand lebt, wo sie im ersten Jahr an der Uni studiert. Wir geben uns die Hand, während wir uns im Wasser treiben lassen, was sich als schwieriger als gedacht herausstellt, und quatschen ein wenig über Mailand.
Mit meinen Gedanken bin ich jedoch ganz woanders. Ich überlege, wie sich wohl der Abend entwickeln wird, und ganz allgemein, was sich nun an meinen Ferien ändern wird, jetzt, wo auch Luca hier ist.
Während ich so meinen Gedanken nachhänge, bemerke ich, dass Luca sich angeregt
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