Ich mag dich wie du bist
mit Marys Cousine unterhält, die eine »jugendfreie« Version von Mary ist. Er gibt mal wieder den zynisch-verrückten Philosophen, und sie lacht sich beinahe tot.
»Was ist denn ein Blog?«
»Das ist so was Ähnliches wie eine Internetseite.«
»Und warum heißt es dann Blog?«
»Weil es nicht genau das Gleiche ist, also, bei einem Blog können Besucher auch selbst etwas schreiben, und außerdem kann er von mehreren Leuten gemeinsam betrieben werden.«
Meine Mutter sieht mich verwirrt an. Das mit dem Blog will ihr nicht in den Kopf.
»Und was schreibst du so in deinem Blog?«, fragt sie Luca.
»Ach, das kommt darauf an, ich habe mehr als einen.«
»Hast du die schon mal gesehen, Alice?«
»Na klar, du kannst sie dir auch anschauen, hier auf dem Campingplatz gibt es ein Internetcafé.«
Meine Mutter starrt mich an, als würde ich völligen Blödsinn reden. Einen Blog hier auf dem Campingplatz anschauen? Also bitte. Eigentlich ist sie für eine Mutter ja ziemlich auf dem Laufenden, sie verschickt E-Mails und besucht im Internet die Seiten, die sie interessieren. Aber einiges ist ihr dann doch nicht so ganz klar, zum Beispiel, dass man Mails von jedem Ort der Welt abrufen kann, weil sie ja nicht auf dem eigenen Computer sind, sondern im Netz.
Fede sieht Luca mit immer größerer Bewunderung an.
»Kann ich mir auch einen Blog einrichten?«
»Aber sicher, das geht ganz schnell und ist kinderleicht. Ich zeig es dir nachher.«
»Stark … Kann ich da auch Bilder draufstellen?«
»Klar, du brauchst nur einen Scanner, oder du fotografierst sie mit einer Digitalkamera und lädst sie dann direkt von der Speicherkarte auf den Computer.«
Für meine Mutter ist das zu viel. Beim Stichwort »Speicherkarte« scheint sie endgültig aufzugeben. Meine Großmutter beobachtet uns neugierig, während ich bei meinem Großvater den Eindruck habe, er hat nicht den geringsten Schimmer, wovon wir reden.
Ich hatte Luca schließlich gesagt, dass er zum Abendessen zu uns kommen könnte, aber ich hatte ja keine Ahnung, dass meine Mutter an genau diesem Abend bereits eine Riesenrunde zusammengestellt hatte. Clara ist also auch da, zusammen mit ihren Eltern. Na ja, umso besser. Bei solchen Gelegenheiten gilt: Je mehr Leute, desto entspannter.
Luca kennt meine Familie bereits, daher muss ich mir keine Sorgen machen, wie er sich einfügen wird, allerdings kann man bei ihm ja auch nicht gerade behaupten, dass es ihm schwerfällt, Anschluss zu finden, das hat sich ja eben im Chiringuito wieder mal bestätigt.
Außerdem himmelt Fede Luca an. Er ist zwar der Meinung, dass er nicht unbedingt alle Tassen im Schrank hat, aber er findet ihn witzig.
Nach dem Essen und dem unvermeidlichen Limoncello steht Luca auf und meint, er müsse jetzt zu seinem Campingplatz zurück, weil er sehr müde von der Reise sei.
»Komm doch morgen mit uns ans Meer!«, platzt mein Bruder heraus.
»Aber ja«, stimmt meine Mutter zu. »Fede hat recht, komm morgen mit uns.«
Vor dem Schlafengehen mache ich Lucas Test noch mal alleine.
Es ist schon lustig, denn mit ein paar Stunden Verzögerung komme ich zu demselben Ergebnis wie Martina: »einsame Insel«.
Beim Einschlafen sehe ich mich auf einer einsamen Insel, wo ich an nichts denken muss. Aber während in meiner Vorstellung mein Blick langsam über den Strand der Insel schweift, kommen plötzlich hinter einer äußerst künstlich wirkenden Palme voller Kokosnüsse alle hervor: Daniele, Luca, Mary, Martina, Roby, meine Familie, Chiara, keiner fehlt. Sie kommen geschlossen auf mich zu. Doch als sie mich erreichen, nimmt mich keiner wahr, sie laufen an mir vorbei, und dann bin ich wieder allein an meinem Strand.
Sechsundsechzig
Der Tag hat schon richtig beschissen angefangen. Ja, ich weiß schon, wenn ich nächstes Jahr zusammen mit Martina nach Oxford gehe, muss ich etwas besser auf meine Wortwahl achten, aber noch kann ich deutlich sagen, was Sache ist.
Ich war schon um sechs Uhr wach, weil ich einen Albtraum hatte, und zwar einen von der klassischen Art, würde ich sagen: Ich war in der Schule, hatte aber nur meinen Schlafanzug an. Außerdem ging ich wieder in die erste Klasse. Also, weil ich sitzen geblieben war, musste ich wieder komplett von vorne beginnen. Im Traum war auch mein Religionslehrer, der zu mir sagte: »Das ist besser so, du fängst noch einmal von vorn an, dann kannst du gleich schon mal einen neuen Kalender aufstellen.«
Um zehn habe ich Daniele angerufen, um ihm zu erklären, dass
Weitere Kostenlose Bücher