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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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fordert Lucy. »Schau rein.«
    Vorsichtig öffnet Brie die Tasche und holt den goldenen Spitzenrock heraus, dann einen kiwigrünen Seidenpyjama, einen zarten, handgehäkelten grauen Pullover, der löchrig ist wie ein Spinnennetz, und ein rotes, mit silbernen Blumen und Schmetterlingen besticktes Jackett. Eins muss ich sagen: Unsere Geschmäcker haben immer miteinander harmoniert wie Oliven mit Eiscreme, aber mit der Auswahl dieser Schätze hat meine Schwester voll ins Schwarze getroffen.
    Brie gelingt es, die Tränen zurückzuhalten. Wortlos legt sie jedes einzelne Stück wieder zusammen und denkt noch einmal daran, wie ich darin ausgesehen und wie sehr ich die Sachen geliebt habe. Soll sie Lucy die Hand auf den Arm legen, fragt sie sich. Sollsie aufstehen und sie umarmen? Doch Gefühlsduselei hat in der Welt meiner Schwester keinen Platz, und Brie ist klug genug,nicht in dieses verbotene Terrain einzudringen. »Danke, Lucy«, sagt sie stattdessen einfach. »Mir fehlen die Worte – ich bin gerührt – und sehr dankbar für all diese Erinnerungsstücke an Molly.« Die Förmlichkeit ihrer Worte mildert die Anspannung, die drückend wie Schwüle in der Luft liegt, in keiner Weise.
    »Bitte, gern geschehen«, erwidert Lucy.
    »Und du möchtest wirklich nichts davon behalten?«
    »Kannst du dir etwa vorstellen, dass ich in einem Goldrock herumlaufe, der nicht mal meinen Hintern bedeckt? Molly hätte gewollt, dass du diese Sachen bekommst. Und falls du noch irgendwas anderes möchtest, lass es mich wissen.«
    Es gibt etwas. Brie möchte gern mit Lucy reden – über Barry, über Annabel, und vor allem darüber, warum ich Lucys Ansicht nach nicht hier bei ihnen am Tisch sitze und dafür sorge, dass sie sich nicht gegenseitig an die Gurgel gehen. Doch Brie findet keinen Draht zu Lucy. Und während sie noch überlegt, was sie als Nächstes sagen soll, wechselt Lucy schon das Thema. »Was ist denn gut hier?« Sie schaut auf die Speisekarte. »Tomatensuppe mit gegrilltem Käse – klingt nicht schlecht.«
    »Hab ich noch nie gegessen«, sagt Brie, die trotz ihres Namens nicht zu denen gehört, die genüsslich in ein dick mit Käse belegtes Sandwich hineinbeißen. »Ich nehme hier immer den Endivien-Wasserkresse-Salat.«
    Deshalb also hast du keine Oberschenkel,
denkt Lucy.
Worüber zum Teufel soll ich mit dieser Frau reden?
Lucy verliert nicht nur das offensichtlichste aller Themen aus dem Blick – wie ich gestorben bin   –, sondern auch, wie klug Brie ist, wie freundlich und wie sehr ich profitiert habe von einer Freundin, die doppelt so entscheidungsfreudig war wie ich. Wäre ich vielleicht je allein zum Paragliding gegangen?
    »Welchen Eindruck macht Annabel auf dich?«, fragt Brie. Lucy die Kleiderschränke ausmisten zu lassen ist das eine. Aber hatBarry ihr angesichts des Beinahe-Kidnappings auch erlaubt, mit Annabel allein zu sein?
    »Um das zu beurteilen, habe ich noch nicht genug Zeit mit ihr verbracht«, sagt Lucy. »Gestern Nachmittag haben wir ein bisschen gespielt« – überwacht von Delfina, die in der Ecke stand wie eine Gefängniswärterin   –, »aber ich musste dann bald los.« Um Barry aus dem Weg zu gehen.
    »Samstag in einer Woche gehe ich mit Annabel ins MoMA«, erzählt Brie.
    Genau das, was ein Kind in dem Alter braucht,
denkt Lucy.
Ein Blick auf einen van Gogh, und sie hat nächtelang Albträume. Genug Smalltalk jetzt,
beschließt sie. »Und, hast du was von diesem Detective gehört? Was macht der eigentlich?« Schon seit ein paar Tagen wartet sie auf einen Rückruf von Hicks.
    »Er geht nun doch der Selbstmord-Theorie nach«, sagt Brie. »Dieser Brief   …«
    »Der Brief? So ein Quatsch«, entgegnet Lucy. »Ich weiß nicht, wann meine Schwester dieses Rührstück geschrieben hat. Aber ich bin mir sicher, dass sie damit nicht ihren eigenen Abgang von dieser Welt ankündigen wollte.«
    »Kannst du das beweisen?« Was Lucy als rührselig abtut, findet Brie liebenswert. Aber sie ist ja inzwischen auch die hingebungsvolle Ersatzmutter eines ungebärdigen Welpen, der am Fuß ihres Bettes schläft. Jeden Tag bilden sich neue mütterliche Stärken in ihr aus, von denen sie zuvor nicht mal etwas geahnt hat.
    »Ich kann’s natürlich nicht
beweisen
«, sagt Lucy mit trotziger Miene. »Das ist reiner Instinkt.«
    »Also, ich bin ganz deiner Meinung.«
    »Wirklich?« Lucy ist höchst erfreut. Bries Aktien sind gleich um mehrere Punkte bei ihr gestiegen. »Und wann hast du zuletzt mit dem guten Detective

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