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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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jetzt nämlich bis in alle Ewigkeit das Kleid tragen werde, von dem Barry noch letzte Woche sagte, es sei viel zu teuer gewesen, obwohl es um vierzig Prozent reduziert war, bei Barneys, wo ich wegen der irrwitzigen Preise nur selten eingekauft habe. Wäre es nach meiner Schwiegermutter, der liebreizenden Kitty Katz, gegangen, hätte man mich garantiert in Hemdbluse und Bundfaltenhose beerdigt, so dass ich aussehen würde wie ein Sumo-Ringer. Doch das hat meine Schwester Lucy zu verhindern gewusst. Lucy und ich hatten so unsere Schwierigkeiten miteinander, aber sie wusste, wie ich mich darauf gefreut hatte, dieses Kleid am kommenden Samstag zu einer Party zu tragen. Klasse, Lucy.
    Wohin auch immer es mich jetzt verschlägt, hoffentlich fallen dort irgendwem meine Schuhe auf – unglaublich hohe Slingpumps aus schwarzem Satin mit großartigem Zehenloch. Ich habe sie erst einmal getragen, an einem Abend, an dem Barry und ich kaum von der Tanzfläche heruntergekommen sind. Als wir uns zur Musik wiegten und drehten, war es beinahe wie Sex, und wir wurden tatsächlich zu jenem Paar, das die Leute in uns sahen: Dr. und Mrs.   Marx, ein Ehepaar, wie zumindest ich es mir wünschte. Ich liebte es, wenn Barry seinen vom Joggen trainierten Körper auf diese unaufdringliche, aber doch aufreizende Art bewegte, wenn er mir mit der Hand den Rücken hinabstrich und sie schließlich, vor aller Augen, auf meinen Hintern legte. Wie schade, dasswir nicht auch durchs Leben wie durch einen endlosen Fred-Astaire-und-Ginger-Rogers-Film tanzen konnten.
    Gibt es dort, wohin ich mich begebe, auch Tanz? Aber ich schweife ab. Eine Marotte von mir. Barry hat das immer wahnsinnig gemacht.
    »Unsere liebe Molly Marx wäre hier, wenn sie könnte«, sagt Rabbi Strauss Sherman. Jetzt schon zum dritten Mal. »Die Umstände ihres Todes mögen rätselhaft sein, aber es ist nicht an uns, ein Urteil zu fällen. Es ist nicht an uns.«
    Sobald einem jemand sagt, man solle kein Urteil fällen, tut man es. Jeder in diesem kühlen Gotteshaus fällt ein Urteil – sowohl über mich als auch über Barry. Ich kann alles hören, was den Leuten durch den Kopf geht oder ihnen über die Lippen kommt.
    »…   ein gewaltsamer Tod.«
    »…   Selbstmord begangen.«
    »…   eifersüchtig   … Geliebter.«
    » Die
hatte einen Geliebten? Diese graue Maus?«
    »Da irrst du dich aber.
Er
hatte eine Geliebte.«
    »Wenn es Selbstmord war, warum dann diese riesige Beerdigung?«
    Und jetzt sogar ein süffisanter Ton. »Für Juden wird es nach einem Selbstmord nur mit dem Ort der Bestattung schwierig, die Trauerfeier ist kein Problem.«
    »Er wird kein halbes Jahr Single bleiben.«
    »Schon gar nicht mit dem kleinen Mädchen.«
    Ja, es gibt ein Kind. Annabel Divine Marx, beinahe vier, schwarzes Samtkleidchen, Lackschuhe mit Riemchen an den Füßen. Meine Annie-Belle drückt ihren Hasen Alfred an sich, der Ausdruck in ihrem Gesichtchen hätte selbst Hitler Tränen in die Augen getrieben. In diesem Augenblick erlaube ich mir nicht, über mein Mädchen nachzudenken, das sich fragt, wo seine Mama ist und wann dieser schreckliche Traum endlich aufhört. Wenn ich noch einmal für fünf Minuten zum Leben erwachen könnte, würde ich Annabels Herzschlag auswendig lernen, dies Pulsieren in mich aufnehmen,ihre zarten, vogelgleichen Schultern streicheln, ihre weiche Haut.
Ich werde immer Annabels Mutter sein.
Das ist mein Mantra.
    Die Leute können mir alles Mögliche nachsagen, aber in meiner Rolle als Mutter habe ich in jedem einzelnen Moment versucht, das Richtige zu tun. Ich habe versucht,
für
meine Tochter zu leben, nicht
durch
sie. Das habe ich, wirklich. Ich hätte Annabel nie verlassen. Nichts war mir je wichtiger als meine bedingungslose Liebe zu ihr, dieses große, ungebrochene Gefühl, das selbst jetzt noch anhält. Das schönste Kompliment, das ich je bekommen habe, hat Barry mir ein paar Wochen nach Annabels Geburt gemacht, als er einfach nur sagte: »Molly, du bist eine Mutter geworden, eine richtige Mutter.«
    »Unsere liebe Molly, unsere teure Molly«, sagt der Rabbi. »Sie war so vieles. Für unseren trauernden Barry – der ein Vorstandsmitglied dieser Synagoge ist – war sie fast sieben Jahre lang eine geliebte Ehefrau, eine Frau, die ihr Leben noch vor sich hatte. Für Annabel war sie eine zärtliche, hingebungsvolle Mutter, für ihre Eltern, Claire und Daniel Divine, eine geschätzte Tochter und für Lucy Divine eine Schwester, eine Zwillingsschwester, die sie

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