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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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Kino, chinesischem Essen am Sonntagabend bei Kitty und pompösen Vier-Gänge-Menüs mit Ehepaaren wie uns, die edle, kaum benutzte Zehn-Personen-Service besaßen und die passenden Träume gleich dazu, ganz gut funktionierte. Erst jetzt erkenne ich, dass Barry und ich praktisch nie allein miteinander waren. Mal abgesehen vom Bett.
    Ich hielt mich nicht für unglücklich, sondern für gut angepasst, und für meine Bemühungen hatte ich wirklich eine Eins verdient. Wenn Barry anrief, weil ihm etwas dazwischengekommen war, und er beispielsweise sagte, dass er es bis zum Abendessen nicht schaffen würde, hockte ich mich nicht mit einer Suppenschüssel voll Schokorosinen und einer Schachtel Papiertaschentücher aufs Sofa, sondern las einen anspruchsvollen Roman und aß dabei ein mageres Stück Grillfleisch, grünes Blattgemüse und dazu ein paar komplexe Kohlehydrate. Mein Leben schien ausgeglichen und ausgefüllt.
    Dann hatte Luke plötzlich eine Freundin. Und zwar nicht irgendeine Freundin. Luke begann, mit meiner Assistentin Treena auszugehen, ein Geschenk, das mir der Verleger erst kurz zuvor gemacht hatte und das ich schlechterdings nicht umtauschen konnte, da sie seine Stieftochter war.
    Treena war genauso sexy wie sie groß war und hatte ein klingendes Lachen, das man über den ganzen Redaktionsflur hörte. Sie besaß dieses angeborene Selbstvertrauen, das Schönheit einem Menschen verleiht und Geld mit dem richtigen Glanz versieht.Ihre Kleidung, die in keinem Verhältnis zu ihrem Gehalt stand, war den Trends so weit voraus, dass Treena regelmäßig eine Woche, nachdem sie mit etwas Neuem aufgetaucht war, von allen anderen Assistentinnen kopiert wurde, meist mit absolut peinlichem Ergebnis. Es ging das Gerücht, Treena habe einen festen Freund, einen Hedge-Fonds-Manager. Was erklärt, warum ich ihrem albernen Geplauder mit Luke, wenn er bei mir im Büro anrief, keine Beachtung schenkte.
    Eines Abends waren Barry und ich mit einem befreundeten Arztehepaar in Greenwich Village zum Essen. Es war an einem Freitag Ende Juni, zu einer Zeit, in der die Tische draußen immer zuerst besetzt sind und die New Yorker so zu tun versuchen, als würden sie nicht inmitten eines übelriechenden Gemeinschaftsdampfbads wohnen. Nach dem Essen schlenderten wir vier bei Da Silvano vorbei, und dort saßen Luke und Treena – eng umschlungen.
    »Molly!«, rief Treena und stellte ihr Proseccoglas ab, damit sie mit einem vollendet geformten Arm winken konnte. An ihrem Handgelenk klimperten mindestens zwanzig schmale indische Armreifen, die noch nicht mal billig wirkten. »Barry! Hallo!« Sie hätte ebenso gut eine Jägerin auf Entenpirsch sein können und Barry ein gehirnamputierter Erpel, denn er ging schnurstracks auf sie zu, während ich hinter ihm hertrödelte. Luke erstarrte, oder vielleicht war er auch einfach bloß komatös, weil sturzbetrunken. Jedenfalls kam ich mir augenblicklich total lächerlich vor, so als hätte mir auf einer Party niemand gesagt, dass ich die ganze Zeit mit einem Preisschild an der Bluse herumgelaufen war.
    »Kommt – trinkt doch was mit uns!«, flötete Treena. Luke sagte kein Wort. Ich sah, dass Barry drauf und dran war, die Einladung anzunehmen, auch wenn an ihrem Zweiertisch, unter dem sich Lukes und Treenas Knie berührten, kein Platz mehr war für uns alle. Doch zum Glück wartete auf unsere Arztfreunde zu Hause ein Babysitter, der pro Stunde mehr verlangte als ein Klempner, und so waren sie nicht allzu versessen darauf, den Abend indie Länge zu ziehen. Nach einem Blickwechsel mit ihnen – nicht mit mir – zuckte Barry die Achseln und sagte: »Ein andermal.« Worauf eine solche Wangenküsserei einsetzte, dass man schier glauben konnte, jemand hätte einen Grammy gewonnen.
    Nach dem letzten Gutenachtgruß gingen Barry und ich zu unserem Auto. »Du hast mir gar nicht erzählt, dass dein Fotografenfreund was mit deiner Assistentin angefangen hat«, sagte er auf der Heimfahrt. In seinen Worten schwang ein Hauch von Herablassung mit, überlagert von Neugier.
    »Ist mir auch neu«, gab ich zu. Ich versuchte, möglichst sachlich zu klingen, und nicht wütend, was ich – wie mir langsam klar wurde – war.
    »Ein Schmock im Glück«, sagte er. »Obwohl ich geschworen hätte, dass er ein Fagele ist – was meinst du, was findet sie an ihm?«
    Während ich noch zu analysieren versuchte, welcher Teil von Barrys Bemerkung die größere Beleidigung war, stellte ich mir die gleiche Frage unter umgekehrtem

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