Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
Vom Netzwerk:
Frauen mit offenen Mänteln die von Bäumen gesäumte Straße hinunter. Ihre hohen Absätze hindern sie nicht daran, in Rekordgeschwindigkeit einen vier Blocks entfernten Coffee Shop zu erreichen. Sie lassen sich an einem Tisch in der Nähe des Fensters nieder, und da verrät das Licht Kim Novak. Ich sehe, dass sie älter ist, als ich sie geschätzt habe, wahrscheinlich Anfang vierzig. Vielleicht zehn Jahre älter als Stephanie.
    »Haben die Männer es nicht gut?«, sagt Stephanie. »Selbst wenn sie die schlimmste Ehe der Welt führen – sobald ihre Frau gestorben ist, liegt ihnen das Universum zu Füßen.«
    »Du zumindest«, entgegnet ihre Freundin. »Was ist los? Hat er wirklich gesagt, dass seine Ehe schrecklich war?«
    Stephanie lehnt sich in ihrem Stuhl zurück und blickt ihrer Freundin in die Augen. »Nicht direkt, aber wie gut kann sie schon gewesen sein, wenn er so viel Interesse zeigt?«, sagt sie lächelnd und tut Süßstoff in ihren Pappbecher.
    Ist das etwa das umlaufende Gerücht? Dass die Ehe der Molly Marx schon so gut wie tot war, genauso tot, wie sie selbst jetzt ist?
    »Er zeigt schon eine ganze Zeitlang Interesse«, fügt Stephanie hinzu.
    Ich fühle mich, als wäre ich zu Lucy mutiert: am liebsten würde ich dieser Stephanie die Augäpfel auskratzen, nachdem ich ihr jede ihrer langen Wimpern einzeln herausgerissen, in ihren extragroßen Caffè Latte gepinkelt und wie Tinkerbell auf Crystal Speed herumgewütet habe. Welche Ehe ist schon ein makellos gemachtesBett, in dem sich nie eine Falte oder ein Fleck finden, keine Geheimnisse und Enttäuschungen? Ich möchte wie ein Strafverteidiger meine Beziehung mit Barry verteidigen, mit all ihren Fehlern und Schwächen und trotz allem, was er darüber ausgeplaudert haben mag, weil er sich bei einer Frau Chancen versprach, bei dieser Frau, bei jeder x-beliebigen Frau.
    Die Blondine stellt ihren Kaffee wieder ab, am Becherrand leuchtet ein Lippenstiftkuss in »Russian Red«. »Steph, findest du nicht, dass du ein bisschen voreilig bist?«, fragt sie. »Und warum gerade dieser Typ? Er ist nicht der einzige männliche Single in New York, und du bleibst auch nicht gerade jeden Abend zu Hause und zupfst dir die Augenbrauen.«
    »Manche Frauen fragen warum. Ich frage, warum zum Teufel nicht?« Stephanie zuckt die Achseln und nippt an ihrem Kaffee. Ihre Zähne sind so weiß wie der Milchschaum.
    »Ist er überhaupt schon mal mit dir ausgegangen?«
    Mein Bullshit-Detektor rattert so laut los, dass es mich überrascht, wieso ihn keiner hört.
    »Er sagt, er will noch warten, ein paar Wochen, sogar ein paar Monate vielleicht«, sagt Stephanie.
» ›Was sollen denn die Leute denken?‹
Na, du kennst mich ja – die Geduld in Person.« Sie schweigt, betrachtet ihre Nägel und sieht wieder auf. »Ich gebe ihm noch zwei Wochen.«
    »Ich bin seit drei Jahren Single und hatte in der Zeit
einen
Freund, der zweiundsechzig war und mich wegen einer Verkäuferin aus dem Elektrogroßmarkt sitzen ließ«, sagt die Blondine mit so etwas wie, und da bin ich mir ziemlich sicher, Wehmut. »Du bist jetzt seit einem Jahr Single und hattest – ach, so weit kann ich gar nicht zählen.« Das überrascht mich, die Blondine liegt in Sachen Schönheit doch eindeutig vorn. Aber was das betrifft, war ich immer naiv, ich glaubte, Lust oder, wenn wir schon dabei sind, Liebe hätte etwas mit Perfektion zu tun. »Du solltest wirklich Kurse geben.« Sie sieht auf ihre Armbanduhr, eine Ebel, wie ich sie selbst gern gehabt hätte, denn auch vier Dutzend Diamantenkönnen dieser Uhr ihren sportiven Schick nicht nehmen. »Halt mich in dieser Angelegenheit auf dem Laufenden, ja?«
    »Wir sehen uns im Fitnessclub«, sagt Stephanie, als ihre Freundin ihre Tragetaschen einsammelt und zur Tür geht. »Küsschen, Küsschen.«
    Stephanie schlägt die ›New York Times‹ auf, überfliegt die Modeseiten, die jeden Donnerstag drin sind, schaut sich das Kinoprogramm an, greift dann nach ihrem Handy und ruft per Kurzwahltaste Barry an.
    »Ich weiß, du operierst vermutlich gerade«, sagt sie seiner Mailbox. »Ich wollte dir nur sagen, dass ich an dich denke.« Sie senkt die Stimme. »Die ganze Zeit. Ich bin bereit, wann immer du es bist.«
    Wölfe, fällt mir da plötzlich ein, sind Lebewesen mit einem hoch entwickelten Sozialleben.

13
Auszeit im Paradies
    »Welche alte Lady geht denn um halb acht ins Bett?«, fragte Luke, der in meiner Zimmertür stand.
    »Eine alte Lady, die total erschöpft ist.«
Eine

Weitere Kostenlose Bücher