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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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zurecht: wenn ich Stärke zeigte. Wie jetzt. Also machte ich weiter.
    Irgendwoher erhielt ich einen so kraftvollen Schub an Energie, als würde sie mir intravenös eingeflößt. »Wie viele andere Frauen hat es gegeben, Barry?«, rief ich laut. Ich sprach seinen Namen aus, als wäre er ein ansteckendes tödliches Virus. »Ihr Ärzte glaubt ja alle, ihr wärt Gott!«
    »Mach nur weiter, Molly, beleidige gleich den ganzen Berufsstand«, entgegnete er ebenso verächtlich. »Während deiner gesamten Schwangerschaft habe ich mich mit deinen Launen, deinen Ängsten, sogar mit deiner gottverdammten Rübensucht abgefunden. Ich bin zu fast jeder ärztlichen Untersuchung mitgegangen   –«
    »Das ist dir wohl sehr schwergefallen? Hat dich von deinen ›speziellen Freundinnen‹ ferngehalten, hm?« Obwohl ich das Kuchenmesser noch in der Hand hatte, machte ich diese idiotische Geste, mit der man Anführungszeichen andeutet.
    Barry hielt sich einfach an die Taktik »Angriff ist die beste Verteidigung«.
    »Glaubst du, es war immer leicht, mit dir auszukommen?«, fragte er. »Oder dass du so toll aussiehst? Und was ist mit deinem absoluten Desinteresse am Sex?« Seine Stimme wurde immer lauter. Bei der dritten Frage landeten Speicheltröpfchen auf meiner Wange.
    Da legte ich das Messer aus der Hand, griff nach der Kuchenplatte und warf damit. Ich mochte diese Platte so gern, sie war ein Hochzeitsgeschenk meiner Tante Vicki gewesen.
    »Scheiße, du bist ja gemeingefährlich!«, rief er und duckte sich. »Nimm dich zusammen!«
    »Ich will mich nicht zusammennehmen, du Mistkerl«, schrie ich. »Ich will eine normale Ehe führen. Ich will Respekt. Ich will   –«
    »Wer sich so benimmt, kann wohl kaum Respekt erwarten.«
    »Ach, ich habe also keinen Respekt
verdient?
«, rief ich und legte die Hände auf meinen riesigen Bauch. Mir war auf einmal völlig klar, was die Evolutionsbiologen bis heute nicht kapiert haben: Warum die Gottesanbeterin dem Männchen den Kopf abreißt, wenn es sich ihr flügelschlagend von hinten nähert in der Hoffnung auf Sex. Offenbar hat sie gerade erst Mr.   Gottesanbeter mit seiner Geliebten telefonieren hören. »Wir bekommen ein Baby, Barry, hast du das vergessen? Wenn du mich früher betrogen hast – denn daran zweifle ich kein bisschen   –, habe ich das immer als eine Form der Unreife hingenommen. Aber jetzt herrschen andere Spielregeln. Falls du mich noch ein einziges Mal betrügst, und das schwöre ich bei Gott, dann wirst du eines Morgens aufwachen« – mein Blick fiel auf das Messer – »und deinen Penis vermissen.« Schweiß lief mir von der Stirn. »Du solltest mich nicht unterschätzen!«, brüllte ich.
    »Heilige Scheiße«, schrie er zurück. »Wenn ich dich reden höre, kriege ich regelrecht den
Wunsch
, dich zu betrügen. Und mir fallen einige deiner Freundinnen ein, die nur allzu bereit dazu wären.«
    Damit drehte er sich um. Auch gut. Denn der Anblick seineswutverzerrten, rot angelaufenen Gesichts, das im entspannten Zustand so schön sein konnte, stieß mich in diesem Augenblick nur ab. »Ich muss hier raus, ehe ich noch etwas tue, das ich bereue.«
    »Bereust du das, was du bereits getan hast, etwa nicht?«, brüllte ich ihm hinterher, als er hinauslief. »Bereust du überhaupt nichts?« Doch Barry antwortete nicht. Und dann fiel, als wär’s ein Ausrufezeichen am Ende dieser Szene, unsere Wohnungstür krachend ins Schloss.
    Ich stand in der Küche, inmitten von Glasscherben, ein angemessener Tribut an unsere Ehe. Als ich zum Wandschrank ging, um Besen und Schaufel zu holen, fiel mein Blick auf mein Spiegelbild in der Glastür des Schrankes. Es dauerte einen Augenblick, ehe ich begriff, dass diese wüste Gestalt dort ich war. Meine Füße standen in einer gelblichen Pampe, die einst eine Zitronentarte gewesen war. Vorsichtig kehrte ich die größeren Scherben zusammen, warf sie in den Müll und füllte Wasser in einen Eimer, um die klebrigen Überreste von allen erdenklichen Flächen zu wischen, mein Gesicht eingeschlossen. Was für eine Verschwendung eines köstlichen Kuchens. Nein: Was für eine Verschwendung. Punkt.
    Es dauerte ganze zehn Minuten, bis ich zu weinen begann, aber dann flossen die Tränen in Strömen. Ich wurde derart von einem Weinkrampf geschüttelt, dass ich meine Putzaktion aufgab, ins Schlafzimmer taumelte, meinen schweren Körper aufs Bett hievte und mir die Decke über den Kopf zog. Schluchzend heulte ich ins Kissen, bis ich schließlich vor

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