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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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Verunsicherung, Seelenqual und reiner Erschöpfung in einen traumlosen Schlaf fiel.
    Etwa um drei Uhr morgens erwachte ich mit pochendem Kopf. Automatisch tastete ich in der totalen Dunkelheit nach Barry, doch seine Seite des Bettes war leer. Als ich zu mir kam, klang mir sofort unser Streit mit voller Wucht wieder in den Ohren, wie ein miserabel komponierter, atonaler Soundtrack zu einem Film namens ›Oh, Scheiße‹. Ich ging ins Bad und versuchte mich zu erinnern, welches Schmerzmittel meine Gynäkologin mir erlaubt hatte. Kein Aspirin, hatte sie gewarnt. Nur Paracetamol. Mein Gesichtwar verquollen, und mein Haar sah aus wie verbranntes Gras. Ich ließ warmes Wasser in die Wanne laufen und goss den ersten Badezusatz hinein, den ich zu fassen bekam, leider ein Elixier, das eher nach Desinfektionsmittel roch als nach den Fichten, die ihm seinen Namen gaben.
    Ich weichte mich ein, bis jede Schaumblase zersprungen und das Wasser abgekühlt war. Zitternd drehte ich die Dusche auf und wusch mir noch schnell die Haare, wickelte mich dann in ein nicht allzu sauberes Handtuch und holte den Fön heraus. Ich war zu schwach, um ihn zu heben. Also gab ich das Vorhaben auf und ging wieder ins Schlafzimmer, wo ich mir einen Omaschlüpfer heraussuchte und mein verblichenes blumengemustertes Flanellnachthemd. Ich fragte mich, ob Lucy ihr riesiges rotes Gegenstück dazu wohl auch immer noch hatte.
    Wasser tropfte zu Boden, wo ich ging und stand, doch das war mir egal. Erst als ich mich bückte, sah ich, dass sich auf dem Teppich ein richtiger feuchter Fleck gebildet hatte. Ich wollte nicht wahrhaben, was es mit dieser leicht rosa gefärbten Flüssigkeit auf sich hatte, ich stolperte zum Bett hinüber, legte das Handtuch auf die Bettdecke, streckte mich darauf aus und hoffte, dass das, was sich jetzt bereits zu einem kleinen Schwall ausgewachsen hatte, gleich wieder aufhören würde.
    Ich schloss die Augen und döste ein. Als ich aufwachte, zeigte die Uhr auf meinem Nachttisch 4.48   Uhr an, und das Handtuch war patschnass. Ich blieb liegen. Um 5.10   Uhr spürte ich ein schwaches Ziehen in beiden Oberschenkeln, als würde ich meine Periode bekommen. Nichts Dramatisches. Doch eine halbe Stunde später kehrten die Schmerzen mit doppelter Kraft zurück.
    Wenn ich ganz still liegen blieb, würden die Schmerzen und der Druck dann vergehen? Wer hatte sich denn diesen schlechten Scherz ausgedacht?
Nicht jetzt,
dachte ich.
Doch nicht jetzt, verdammt noch mal.
    Mein vernünftigeres Ich lachte laut auf und hörte plötzlich die Stimme meiner Mutter. »Nimm dich doch zusammen, Molly,mein Schatz«, rief sie munter. »Dies ist ein wunderbarer Tag. Du wirst Mutter. Sag Barry Bescheid und achte darauf, in welchen Abständen die Wehen kommen. Ja, genau, das sind Wehen, du Dummerchen. Hast du alles vergessen, was man dir beigebracht hat?«
    Ich rief auf Barrys Handy an. Es war ausgeschaltet. Also hinterließ ich eine Nachricht. »Ruf mich an.« Und damit er meine Worte auf keinen Fall als Vorbereitung einer Entschuldigung missverstand, wiederholte ich sie. »Ruf mich sofort an, du Arschloch.«
    Ich dachte an die Reisetasche, die ich längst hätte packen sollen. Typisch, dazu war ich noch nicht gekommen. Überraschend ruhig warf ich irgendwelche Klamotten in eine große Tasche. Später fragte ich mich, wieso ich geglaubt hatte, ich bräuchte im Krankenhaus Spitzenhemdchen und dazupassende Stringtangas. Weiße Seide, immerhin.
    Immer wieder sah ich auf die Uhr. Die Minuten krochen dahin. Vielleicht passierte das alles gar nicht wirklich, und ich übertrieb nur mal wieder gnadenlos, wie Barry mir immer vorwarf. Es tat mir schon wieder leid, dass ich ihn überhaupt angerufen hatte.
    Und dann kamen wieder Schmerzen, die brannten wie eine Fackel. Zwanzig Minuten waren vergangen. Ich suchte Dr.   Kims Telefonnummer heraus und hinterließ bei ihrem Auftragsdienst eine Nachricht. Fünf Minuten später rief die Ärztin mich zurück.
    »Ich glaube, meine Fruchtblase ist geplatzt«, sagte ich.
    »Dann sehen wir uns gleich im Krankenhaus, Molly«, erwiderte sie fröhlich.
    Ich wollte stark sein. Wieder wählte ich Barrys Nummer. Sein Handy war immer noch ausgeschaltet. »Ich fahre ins Krankenhaus«, sprach ich auf seine Mailbox und versuchte, nicht zu aufgewühlt zu klingen. »Wäre nett, wenn du auch kommen könntest«, fügte ich noch hinzu – ein Satz, den kein Mensch ohne eine gehörige Portion Sarkasmus aussprechen kann.
    Was würde Lucy tun, dachte

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