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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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möchtest du ja auchlieber eine Kochshow sehen? Wenn wir Glück haben, macht gerade auf irgendeinem Sender eine üppige Schöne im Negligé Ossobuco.«
    Er schauderte. »Hol einfach das Essen, Weib.«
    Erleichtert, ihn lachen zu hören, ging ich die Sandwiches holen, die er mitgebracht hatte. Wie wunderbar alltäglich, dachte ich, als wir unseren Acht-Dollar-Merlot tranken und uns unter die mottenzerfressene Sofadecke kuschelten, die meine Mutter gestrickt hatte. Als der Film lief, weinte ich an den Stellen, an denen ich immer weinte.
Ich glaube, dass die Liebe überall ist,
sprach ich lautlos synchron mit.
Nur wer genau hinsieht, wird entdecken, dass die Liebe tatsächlich überall ist.
Und in diesem Augenblick war es für mich wirklich so.
    Als der Film zu Ende war, lehnte ich mich gegen Lukes Schulter, und wir schauten uns noch ›Sabrina‹ mit Audrey Hepburn an. Anderthalb Stunden später öffnete ich die Augen. Mein Kopf lag auf seinem Schoß.
    »Du schnarchst«, sagte Luke. Dass ich außerdem ein bisschen gesabbert hatte, sprach er höflicherweise nicht an.
    »Wie spät ist es?«
    »Zeit für mich, zu gehen«, erwiderte Luke. »Sagtest du nicht, dass Annabel am Spätnachmittag wiederkommt?«
    »Das dauert mindestens noch eine Stunde.« Kitty hatte zwar sieben gesagt, doch um ganz sicherzugehen, wollte ich Luke um Viertel vor sechs aus der Wohnung haben. Blieben uns noch fünfundzwanzig Minuten. Ich begann ihn zu küssen.
    Und innerhalb von Minuten war die alte Chemie zwischen uns wieder da – wir alberten, machten Fotos, genossen das Gefühl von Haut auf Haut   … bis sich im Schloss ein Schlüssel drehte. Ich schoss hoch, strich mein Haar, das zu einem Wuschelkopf getrocknet war, so gut es ging glatt und lief an die Wohnungstür. Luke verschwand in Richtung Schlafzimmer, während Kitty die Tür aufschloss. Offenbar hatte Barry ihr einen Schlüssel gegeben.
    »Mommy!«, rief Annabel und warf sich in meine Arme. »Guckmal! Ich habe Maniküre!« Sie zeigte mir ihre Fingernägel, die wie kleine türkise Strasssteine funkelten.
    »Du bist ja eine richtige Prinzessin«, erwiderte ich.
    »Ich auch«, sagte Kitty und hielt mir mit einer seltsam mädchenhaften Geste ihre langen, elegant gestylten Nägel hin.
    »Mommy, Mommy.« Annabel zog an meinem Ärmel. »Guck mal, was Kitty gekauft hat, für mich!« Sie kippte eine Tasche auf dem Fußboden aus und zog eine rote Federboa hervor, die sie sich mehrmals um den Hals schlang. Trotzdem hing sie noch bis auf den Boden. Annabel glich einem sehr kleinen Las-Vegas-Showgirl.
    »Eine Lady braucht Accessoires«, warf Kitty ein. »Ich wollte ihr ja noch Abendessen machen, Lammkoteletts. Doch sie weigerte sich strikt, sie auch nur zu probieren. Was bekommt dieses Kind von Delfina und dir bloß zu essen?«
    Mir fiel auf, dass sie Barry nicht erwähnte.
    Eine höfliche Schwiegertochter hätte der Schwiegermutter den Mantel abgenommen und darauf bestanden, dass sie noch auf einen Kaffee oder ein Glas Wein bleibt; und in Kittys Fall auch auf eine Zigarette, obwohl ich es hasste, wenn sie in meiner Wohnung rauchte. Doch ich betete nur, dass Kitty die abgewetzte braune Lederjacke, die gut sichtbar auf einem Stuhl lag und die sie bereits beäugte, für Barrys halten möge. Keine Chance. Und das nicht nur, weil Kitty jederzeit eine Inventarliste seiner Garderobe auswendig aufsagen konnte – immerhin hatte sie die Hälfte selbst gekauft   –, sondern auch, weil Barry wie seine Mutter ein Kleidungsstück, sobald es auch nur die geringsten Abnutzungserscheinungen zeigte, sofort aussortierte. Nach Marx-Maßstäben war diese Lederjacke hier reif für die Altkleidersammlung.
    »Molly, hast du Besuch?« Der Spürhund hatte die Fährte aufgenommen.
    »Oh«, sagte ich. »Ja, eine meiner Kolleginnen ist hier. Aber sie ist im Bad – ihr ist etwas übel, sonst würde ich euch einander natürlich vorstellen. Brie und Isadora haben mir abgesagt, da habe ich mich ganz spontan mit ihr verabredet.«
    Während ich drauflosredete, sah Kitty mich an, als wäre ich eine genauso schlechte Lügnerin, wie ich es war.
    »Ich möchte natürlich auf keinen Fall stören – kümmere dich bitte um deine
Kollegin
«, flötete sie und bückte sich in einer Duftwolke »Joy«, um Annabel zum Abschied einen Kuss zu geben. Sie drehte sich um und ging zur Tür hinaus. »Es tut mir leid, dass ich so hereingeplatzt bin«, war alles, was sie sagte.
    Ich nahm meine Tochter auf den Arm und konnte Kittys Zigarettenrauch

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