Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
Vom Netzwerk:
Mal gesehen habe, ist sein Selbstvertrauen um einiges gewachsen. Er schlendert in die Eingangshalle von Stephanies Hochhaus, als würde er einen maßgeschneiderten Smoking tragen. Was für Schultern. Heute wirkt Hicks, als wäre er unterwegs zur Oscarverleihung. Der Pförtner behandelt ihn dementsprechend und schickt ihn direkt hinauf in den 31.   Stock, wo Stephanie Joseph schon in der Wohnungstür auf ihn wartet. Ihr Blick ist noch so wölfisch, wie ich ihn in Erinnerung habe, auch wenn ich inzwischen weiß, dass sie sich im Gegensatz zu ihren Wolfsschwestern mehr als einmal pro Jahr paart. Stephanieist gekleidet wie eine Kreuzung aus Buchhalterin und Schlampe. Ihre weiche Strickjacke im zarten Farbton einer errötenden Braut hat sie weit aufgeknöpft, damit man ihr Dekolleté begutachten kann. Der knielange Tweedrock betont ihre schlanken Hüften und die roten Stilettos mit Zehenloch lassen Nagellack in einem Farbton erkennen, der an Vampire erinnert. Und zwischen ihren Brüsten baumelt ein in Silber gefasster Kristallstein.
    Sorry, das Vorsprechen für ›Law & Order‹ war gestern,
höre ich Hicks denken, als sie sich die Hand schütteln.
    »Detective«, sagt Stephanie, neigt den Kopf und führt ihn in die Wohnung. Durch die Fensterglasfront dringt warmes Nachmittagslicht herein, man kann fast bis nach New Jersey sehen.
    Ich bin versucht, nach Serenity Haven Ausschau zu halten, meinem letzten Ruheplatz auf Erden, doch Bob stößt mich an. »Du bist doch eine Spezialistin für Einrichtung, Molly«, sagt er und lässt den Blick durchs Zimmer schweifen. »Was hältst du denn hiervon?«
    Ich verschaffe mir rasch einen Überblick. »Sieht aus wie eine Musterwohnung«, erwidere ich. »Perfekt wie eine Schneekugel.«
    Jedes Möbelstück ist absolut makellos und vermutlich ausgesucht aus einem Katalog für Leute, die jedes Jahr in die höchste Steuerklasse eingestuft werden. Die festen Ledersofas gleichen denen, die man in der Lobby von Boutique-Hotels auf dem Weg zur Bar sieht. Viel Glas, rechte Winkel, Schwarz, Weiß, Graubraun, eine Vase mit Zweigen und eine andere mit einer einzigen Calla-Lilie, jedoch, wohlgemerkt, keine Zeitschriften oder herumliegende Post, keine privaten Schnappschüsse, nur Kunstfotografien. Ich kann mich nicht überwinden, einen Blick in Stephanies Schlafzimmer zu werfen, dort würde ich womöglich auf Hinterlassenschaften von Barry stoßen. Also lasse ich Hicks allein und schaue mir Jordans Zimmer an. Dort finden sich Spielsachen, Stofftiere, Zeichenblöcke und Bücher in Hülle und Fülle. Bücher ziehen mich immer zuerst an, und von diesen hier werden viele offenbar häufig gelesen. Hm. Das alles würde mir leichterfallen,wenn Stephanies Fähigkeiten als Mutter nicht über die ihrer Haarbürste hinausgingen.
    »Etwas zu trinken, Detective?«, fragt Stephanie. »Fiji-Wasser? Espresso? Etwas Stärkeres?«
    Hält sie das etwa für ein Date? »Nein, danke«, erwidert er.
    Stephanie deutet auf ein beiges Wildledersofa vor einem Gaskamin. Sie drückt einen Schalter, und sofort schießt eine flackernde Flamme empor. Hicks setzt sich, sie nimmt ihm gegenüber Platz und schlägt ihre eleganten Beine übereinander.
    »Ich muss Ihnen ein paar Fragen zu Ihrer Beziehung zu Dr.   Marx stellen«, sagt Hicks. »Wie würden Sie diese Beziehung beschreiben?«
    »Ich bin seine Stütze im Moment«, sagt sie, froh, dass sie sich diese Antwort gestern schon überlegt hat, als dieser Termin abgemacht wurde. »Er braucht jetzt Freunde.« Sie spricht mit einem routinierten perlenden Lachen, das zwischen ganz hellen und dunklen Tönen changiert. Ich sehe Nixen vor mir, die Seeleute in den Tod locken. Ein Grund mehr, diese Frau zu hassen. Ich drehe mich zu Bob um, er starrt sie wie gebannt an.
    »Die Stephanies dieser Welt faszinieren mich«, sagt er.
    »Dich auch?« Ich seufze. Eigentlich hatte ich geglaubt, dass Bob eher auf Tierärztinnen oder Zahnhygienikerinnen steht, auf Frauen wie seine Verlobte, die er zurücklassen musste.
    »Ich bitte dich«, erwidert er. »Sie ist nicht mein Typ. Aber Hartnäckigkeit und Dreistigkeit haben mich schon immer fasziniert. Stephanie geht’s nur um Stephanie.« Er runzelt die Stirn. »An Hicks ist dieser Auftritt allerdings ganz und gar verschwendet.«
    Stephanie mit ihrem unverdienten Überlegenheitsgefühl! »Ich hasse sie«, sage ich.
    »Richtig so«, erwidert er und die Falten auf seiner Stirn vertiefen sich noch.
    So habe ich Bob ja noch nie reden hören. »Bob!«, rufe

Weitere Kostenlose Bücher