Ich muss dir etwas sagen
einzugehen. In dem Fall hätte sie lediglich sagen sollen:
„Das mag sein, aber du bist nicht für die Gefühle verantwortlich, die ich habe. Dich trifft keinerlei Schuld.”
Hüten Sie sich vor Schnellschüssen
Sie sollten darauf achten, daß Ihr Gegenüber nicht versucht, Ihr Problem „zu lösen”. Michelle hätte Jennifer beispielsweise Geld anbieten können oder ihr sagen können, sie werde ihr in Zukunft nicht mehr vorschlagen, in ein teures Restaurant zum Essen zu gehen. Vielleicht fragen Sie, was denn so falsch daran sei. An sich nichts, wenn Jennifer Michelle um Hilfe gebeten hätte.
Aber Jennifer wollte lediglich mit ihren Gefühlen Gehör
finden, und wenn sie sich nun auf Michelles Lösungsversuche einläßt, obwohl sie behauptete, sie wolle lediglich ihre
Empfindungen äußern, fühlt Michelle sich im Endeffekt
möglicherweise manipuliert. Und schon bald könnte Michelle sagen, Jennifer solle sich nicht so fühlen, wie sie sich fühlt, und sie befänden sich wieder mitten im Schlamassel.
Wenn Sie mit Gewißheit nur wollen, daß Ihr Gegenüber Ihre
Gefühle zur Kenntnis nimmt, dann lehnen Sie alle anderen
Lösungen ab, denn es gibt ja nichts zu lösen.
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Im Teufelskreis der Gefühle…
Höchstwahrscheinlich werden Sie jedoch eine Menge Gefühle
auslösen und müssen deshalb darauf achten, daß diese nicht ausufern. Jennifer war neidisch auf Michelle, aber vielleicht hegte Michelle auch negative Gefühle gegenüber Jennifer, die sie dann ebenfalls aufs Tapet bringen würde. „Du möchtest mir erzählen, das sei ungerecht?”, so könnte Michelle beispielsweise sagen, „und was ist mit…?”
Statt jedoch Gleiches mit Gleichem zu vergelten, könnte sie auch die Diskussion erweitern: „Wenn du neidisch auf mich
bist, dann vielleicht, weil du mich im Grunde deines Herzens verabscheust.” Oder: „Wenn du böse auf mich bist, dann
vielleicht, weil du auf die meisten Menschen böse bist.” Oder:
„Du bist wahrscheinlich böse auf mich, weil du so depressiv bist.”
Sollte das geschehen, müssen Sie besonders vorsichtig sein.
Einerseits möchten Sie ja einen freien und offenen Austausch über das Gefühl, das Sie zur Sprache gebracht haben. So wäre es für Michelle völlig legitim, sich mit all diesen Dingen zu Wort zu melden, nachdem Jennifer ihr gesagt hat, wie sie sich fühlt.
Wenn Sie jedoch weise sind, lassen Sie sich nicht in diesen Teufelskreis der Gefühle verstricken, denn die Katastrophe ist nicht weit, vor allem, weil Sie über Gefühle sprechen, die ohnehin schon unangenehm sind.
Entsinnen Sie sich, daß es Ihr Wunsch war, Ihr Gegenüber
möge Ihre Gefühle zur Kenntnis nehmen. Wenn Sie eine
weitschweifige Diskussion über Ihrer beider Gefühle gewollt hätten, dann wäre das eine Bitte gewesen und fiele in eine ganz andere Kategorie. Es ist also von größter Wichtigkeit, daß Sie das Gespräch in Grenzen halten, und sei es nur deshalb, weil man bei einer Unterredung über wichtige Gefühle, auf die man sich nicht vorbereitet hat, höchstwahrscheinlich mit Dingen herausplatzt, die man später bereut.
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Sie können diesen Teufelskreis durchbrechen. Wenn Sie
beispielsweise einen Groll offenbart haben, und der andere antwortet, wie oft er schon böse auf Sie war, dann erkennen Sie seine Gefühle an, und sagen Sie, daß Sie gerne darüber sprechen wollen, aber daß Sie zunächst wissen möchten, ob er weiß, was Sie empfinden. Anschließend können Sie weitermachen.
Schubladen-Denken
Wahrscheinlich hat keiner es gerne, wenn sein Verhalten in eine bestimmte Schublade gepackt wird, und es ist mir klar, daß Sie vielleicht Schwierigkeiten mit all diesen Kategorien und Einordnungen haben. Wir alle wären gern frei wie der Wind.
Nutzen Sie doch eines der erwähnten Instrumente: Erkennen
Sie dieses Gefühl einfach an. Auch ich hatte jahrelang etwas gegen solche Schubladen. Deshalb will ich Ihnen eine
Geschichte erzählen, die das Ganze in ein anderes Licht setzt.
Als meine Katze ihren ersten Wurf hatte, ließ sie überall im Haus kleine, blinde Kätzchen fallen. Es entsprach ihrer „Natur”, aber es war ein heilloses Durcheinander. Ein Kätzchen ging verloren, und wir fanden es erst einige Zeit später - es war gestorben. Ein anderes entdeckten wir buchstäblich im
allerletzten Moment. Und die arme Katzenmutter Tippy sah aus wie jemand, der am Abend vor Weihnachten zum erstenmal auf einem riesigen Flughafen herumirrt. Junge zur Welt zu bringen ist schon
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