Ich muss dir etwas sagen
klarzumachen, daß sie im
Hinblick auf Ihr Verhalten eine Wahl hatte. Dies führte dann allerdings zu ihrer Reaktion, noch stärker auf
Konfrontationskurs zu gehen. Meine Kritik verwandelte sich in diese Konfrontation. Der Versuch, Barbara zu veranlassen, sich in eine bestimmte Richtung zu verändern, bewirkte genau das Gegenteil.
Da wurde mir klar, daß eine Wahrheit, die vom anderen ganz anders wahrgenommen wird, verlorengeht und somit für alle
Beteiligten nutzlos ist.
Ich hatte von Barbara etwa folgende Reaktion erwartet: „Jetzt verstehe ich, wie ich mit meiner Direktheit Menschen von mir fernhalte und meine Chancen zunichte mache. Wenn die Leute, die sich von mir distanzieren, mir wichtig sind, und die
Chancen, die ich zunichte mache, große Bedeutung für mich
haben, dann verwandelt mein Drang, die Wahrheit platt und
unverblümt zu erzählen, mein Leben eigentlich in eine Lüge.
Ehrlichkeit ist für mich ein absoluter Wert, Freunde und
Chancen ebenso wie, und ich muß herausfinden, wie ich beides ins Lot bringen kann.”
Als mir klar wurde, daß ich diese Reaktion von Barbara
wünschte, wurde mir bewußt, daß keine Kritik und kein anderer
-230-
Versuch, sie zu ändern, dafür sorgen könnten. Sie würde erst dann so reagieren, wenn sie verstand, wie die Dinge in ihrem Leben abliefen.
Statt sie wegen ihrer Art zu kritisieren, bat ich Barbara also, mir zu erzählen, was geschieht, wenn sie den Leuten die
Wahrheit auf so unsensible Art und Weise sagt. Natürlich sprach ich nicht von „Forschheit” oder davon, sie sein „unsensibel”. Je mehr Erfahrungen sie berichtete, desto mehr zeichnete sie ein Bild von sich als einer Frau, die ihre Beziehungen zerstörte und Chancen zunichte machte. Ich hatte aufgehört, sie zu kritisieren oder zu versuchen, sie zu ändern. Ich versuchte lediglich, ihr nun zu zeigen, wie die Dinge tatsächlich abliefen.
Ganz gleich, wie Ihre Kritik lautet, Sie sollten sich immer fragen, was damit geschieht, wenn der Betreffende reagiert. Wo klar ist, daß die Wahrheit als Mißverständnis zu Ihnen
zurückkehrt, müssen Sie überlegen, wie die Kritik den Weg von einem Herzen zum anderen überlebt - es sei denn, man will den Helden spielen oder die Reaktion ist einem völlig egal.
Heikle Wünsche
Erinnern Sie sich noch an Arthur? Er wollte seine Mutter um Geld für sein Geschäft bitten. Aber ist diese Bitte - „Ich möchte, daß du mir 25.000 Dollar leihst” - wirklich die ganze Wahrheit im Hinblick auf das gewünschte Resultat?
Warum um eine Sache bitten, wenn man in Wirklichkeit etwas ganz anderes braucht? Lassen Sie uns ein paar Beispiele
ansehen.
„ Ich möchte, daß du weißt, was ich will”
Manchmal meinen wir, wir wollten um XY bitten, wenn wir in Wirklichkeit nur möchten, daß der andere weiß, daß wir XY
-231-
wollen. Mal angenommen, Sie möchten Ihren Chef um eine
Beförderung bitten und quälen sich mit der Frage, wie Sie das am besten tun. Ich kenne jemanden, der sich in tausend Kurven wand, weil er nicht zu zart darum bitten und deshalb als
„Weichei” angesehen werden wollte, der aber außerdem wußte, daß es eigentlich gar keine Beförderung geben konnte. Wozu also überhaupt danach fragen? Warum sich in eine Position
bringen, in der man doch nur abgewiesen werden kann?
Weshalb also nicht gleich anerkennen, daß Sie Ihren Chef in Wahrheit nur wissen lassen wollen, daß Sie befördert werden möchten? Es fällt einem nicht nur leichter, so etwas zu sagen, es ist auch bedeutend einfacher, sich folgendes anzuhören: „Ich bitte nicht um XY, ich sage lediglich, daß ich XY möchte.” „Ich möchte nicht, daß du mir XY gibst, sondern lediglich, daß du akzeptierst, daß ich XY will.”
Man sollte diese Möglichkeit immer in Erwägung ziehen,
wenn es um einen heiklen Wunsch geht. Wollen Sie wirklich die Räder in Bewegung setzen, damit Ihnen die Bitte gewährt wird, oder wollen Sie lediglich, daß man Ihren Wunsch als solchen anerkennt?
„Ich will wissen, wie du damit umgehst”
Manchmal handelt es sich bei einer Bitte in Wirklichkeit um eine Sondierung. Sie wollen zwar, daß Ihre Bitte gewährt wird, aber Sie wollen zugleich nur einen minimalen Preis dafür
bezahlen.
Das war eventuell bei Arthur der Fall. Er wollte
wahrscheinlich nur sondieren, ob seine Mutter ihm das Geld geben würde, wenn er darum fragte, ohne sich wirklich dafür einzusetzen.
Beim Sondieren ist es in Ordnung, wenn Ihr Wunsch
momentan nicht erfüllt
Weitere Kostenlose Bücher