Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
Vom Netzwerk:
»versuchter Mord«. Von den vollbrachten Taten klagte die Staatsanwaltschaft jedoch nur acht an. Die Fälle »Frieda Pfundner« (erwürgt am 16. Juni 1959 in Rheinhausen), »Michaela Kurth« (erdrosselt am 26. Juli 1959 in Essen) und »Bettina Mertens« (ertränkt am 22. Dezember 1966 in Hückeswagen) wurden »vorläufig eingestellt«.
    Krolls Geständnis, Frieda Pfundner getötet zu haben, und das Ergebnis der Rekonstruktion werteten die Anklagevertreter als »erhebliche Anhaltspunkte« für seine Täterschaft; allerdings hatte nie aufgeklärt werden können, wer jener Mann gewesen war, der mit dem Opfer kurz vor dessen Ermordung sexuell verkehrt hatte. Über das in der Vagina der Frau gefundene Sperma war die Blutgruppe A ermittelt worden. Kroll konnte es demnach nicht gewesen sein, er besaß die Blutgruppe 0. Also blieben »letzte Zweifel«, die die Staatsanwaltschaft dazu veranlasste, diesen Fall nicht anzuklagen.
    Auch Michaela Kurth wollte Kroll umgebracht haben. Mit einem Taschentuch. Oder mit einem Halstuch des Opfers. Er hatte sich an dieses bedeutungsvolle Detail nicht mehr genau erinnern können. Wieder so eine Ungereimtheit. Hinzu kam, dass eine Studentin kurz vor der Tat ein Liebespärchen am späteren Leichenfundort gesehen hatte. Der Mann war von der Zeugin zunächst beschrieben, später sogar bei einer Gegenüberstellung identifiziert worden. Es war Konrad Meckler gewesen, den man schließlich für diese Tat auch verurteilt hatte. Der Zeugin war von den Duisburger Ermittlern auch ein Foto Krolls vorgelegt worden. Ihr Kommentar: »Das Gesicht sagt mir nichts.« Die Beweise reichten für eine Anklage nicht aus. Die Staatsanwälte plagten »erhebliche, nicht auszuräumende Zweifel«. Zudem wollte man in diesem Fall einem möglichen Wiederaufnahmeverfahren des damals Verurteilten den Vorrang lassen.
    Bettina Mertens war im Dezember 1966 in einem Bach bei Hückeswagen gefunden worden. Kroll hatte dazu bei der Kripo ausgesagt, die seinerzeit fünfjährige gewürgt zu haben. Nur hatten Kriminalisten und Gerichtsmediziner keine mit dieser Behauptung korrespondierenden Spuren am Hals des Opfers feststellen können. Bei der Obduktion war schließlich im Blut des Mädchens eine »erhebliche Blutalkoholkonzentration« nachgewiesen worden. Der Mörder hätte davon wissen müssen. Aber Kroll war dies aus unerfindlichen Gründen verborgen geblieben.
    Außerdem hatte ein Rentner am Tattag gegen 17 Uhr in unmittelbarer Nähe des Leichenfundortes einen Mann und ein Mädchen beobachtet. Der Begleiter des Kindes war dem Zeugen auch wegen seiner Statur aufgefallen. Wortwörtlich hatte der Mann in seiner Vernehmung im September 1976 bei der Kripo in Duisburg ausgesagt: »(…) Kroll hat ja den Mord an der Bettina Mertens gestanden. Als ich aber sein Bild in der Zeitung sah, habe ich gleich gesagt, daß der nicht der Mann sein kann, den ich im Wald gesehen hatte. Kroll wirkt auf den Bildern ziemlich schmal. Der Mann im Wald dagegen wirkte untersetzt. Er sah unter dem Mantel so aus, als wenn er einen ziemlich breiten Brustkasten hätte. Sein Gesicht habe ich ja nicht gesehen, auf jeden Fall hätte ich es mir aufgrund der Statur ganz anders vorgestellt. Mit dem Mädchen bin ich mir aber sicher. Es war Bettina Mertens, die ich zusammen mit dem Mann sah.«
    Auch in diesem Fall bestanden nach Auffassung der Staatsanwaltschaft »letzte Zweifel«, das Verfahren musste eingestellt werden. In allen drei Fällen hatten die Ankläger Krolls Aussagen als »glaubhaft« bewertet, allerdings fehlten »Sachbeweise«, die seine Geständnisse in den »kritischen Punkten« hätten untermauern können.
    Bernhard Mischko, der ermittelnde Staatsanwalt, erläuterte der Presse, warum man sich bei der Anklage nicht auf den Fall Tanja Bracht beschränkt hatte. Man hätte mit Kroll auch kurzen Prozess machen können. Die Begründung: »Natürlich wäre nach drei Monaten eine Verurteilung fällig gewesen, aber man kann die anderen Sachen doch nicht unter den Tisch fallen lassen. Außerdem hätte nach 15 Jahren irgendein Richter vielleicht gesagt: ›Der Kroll ist doch nur wegen einer Sache verurteilt worden‹, und ein Arzt bescheinigt ihm Heilung, dann wird er wieder freigelassen.«
    Hätte man die Anklage auf alle von Kroll behaupteten Morde erweitert, wäre der Verteidigung eine weitere Angriffsfläche angeboten worden. Mögliche Revisionsgründe sollten nicht frei Haus geliefert werden. Unter dem Strich war es aus prozessualer Sicht auch

Weitere Kostenlose Bücher