Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
Vom Netzwerk:
keiner.
    Er hatte dieses Gebiet rund um die Baggerseen mittlerweile so oft abgesucht, dass er sich auch bei Dunkelheit mühelos orientieren konnte. Und wenn doch etwas schief gehen sollte, wusste er, auf welchen Wegen er schnellstens in Richtung Wohnung flüchten konnte. Das beruhigte ihn. Er nahm das rote Klappmesser in die Hand. Der soll nur kommen! Er steckte es in die rechte Hosentasche und verließ um 21.10 Uhr sein Zimmer.
    Anke Gladisch fuhr langsam und vorsichtig. Roman Berthold hatte alle Mühe, sich zu beherrschen. Er wäre ganz anders gefahren. Schneller. Aber er wollte seine Freundin auch nicht verärgern, nicht jetzt. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, wenn sie sich ob seines aufbrausenden Temperaments gezankt hätten.
    »Du musst hier rechts.« Anke Gladisch hatte die kleine Seitenstraße, die vom »Altenbrucher Damm« abging, übersehen. Das Fahren bei Dunkelheit machte ihr noch zu schaffen, es war ungewohnt für sie. Keine fünf Minuten später hatten sie ihr Ziel erreicht – den Parkplatz des zu einem Freibad umgebauten Großenbaumer Baggerlochs. Sie parkte den Wagen am rechten Rand des Weges und schaltete die Scheinwerfer aus.
    Roman Berthold, nun doch stark beschwipst, musste erst mal austreten. Zwei Minuten später bestieg er wieder den VW-Käfer. Wortlos begannen die beiden zu schmusen.
    Er war schon ganz in der Nähe, marschierte über den Weg »Am Kiekenbusch«. Nach knapp 300 Metern bog er nach links ab in die Beckerfelder Straße. Er wollte zum Parkplatz am Freibad. Aus Erfahrung wusste er, dass dort insbesondere in der Dunkelheit Autos standen, in denen sich Pärchen amüsierten. In der freien Natur war damit jetzt nicht mehr zu rechnen.
    Als er an der nächsten Wegkreuzung nach links in die Buscherstraße abbog, konnte er den Wagen schon aus der Ferne erkennen. Er verharrte einen Moment und verschaffte sich einen Überblick. Nur ein dunkler Wagen stand auf dem Parkplatz, und sonst war weit und breit niemand zu sehen und nichts zu hören. Er nahm das Messer hervor, klappte die 14 Zentimeter lange Klinge nach außen und ließ es wieder in der Hosentasche verschwinden. Dann begann er sich an den Wagen heranzupirschen. Zunächst wollte er herausfinden, ob sich in dem Auto überhaupt jemand befand. Das hatte er in der Dunkelheit aus etwa 200 Metern Entfernung nicht erkennen können.
    Als Anke Gladisch zufällig in den Rückspiegel schaute, glaubte sie zu erkennen, wie eine dunkle Gestalt in geduckter Haltung quer über die Straße lief. Ihr wurde etwas mulmig: »Schatz, da hinten ist einer.« Roman Berthold drehte sich um, konnte aber niemanden sehen. »Ich schau mal nach.« Er stieg aus, stützte sich mit dem rechten Arm auf dem Wagendach ab, drehte den Kopf zur Seite und kniff die Augen zusammen. »Da ist aber niemand.« Roman Berthold setzte sich wieder zu seiner Freundin und umarmte sie.
    Als er gehört hatte, wie sich die Wagentür öffnete, war er hinter einem Busch in Deckung gegangen. Er kroch wieder hervor und schlich bis an das Heck des Wagens. Den Mann vermutete er auf dem Fahrersitz. Um eine Flucht der Insassen unmöglich zu machen, kroch er an der rechten Seite des Autos nach vorn und stach mit seinem Taschenmesser wuchtig in den Reifen. Dann schlich er wieder zurück. Er wollte die Fahrertür aufreißen und den Mann erstechen.
    Wieder war es Anke Gladisch, die ihn bemerkte, als sie instinktiv in den Außenspiegel schaute. Die junge Frau erschrak fürchterlich, startete aber geistesgegenwärtig den Wagen und fuhr von der Buscherstraße nach rechts in den Verbindungsweg zur »Graf Spee’schen Kiesbaggerei«.
    »Hast du den denn nicht gesehen? Das ist bestimmt so ein Verrückter!«
    »Jetzt beruhig’ dich doch, ist doch gar nichts passiert.« Roman Berthold hatte den Mann jetzt auch im Rückspiegel sehen können. Als durchtrainierter Sportler fühlte er sich mit seiner Körpergröße von 1,88 Meter dem eher kleinwüchsig erscheinenden Unbekannten überlegen. »Fahr noch ein Stück, wir hängen ihn ab. Falls er uns noch mal in die Quere kommt, schnapp’ ich ihn mir. Der kann was erleben!«
    »Das machst du nicht. Versprich mir das!«
    Auf dem für den übrigen Verkehr gesperrten Privatweg, den sie befuhren, waren links Schmalspurgleise für Kieselloren verlegt. Nach 250 Metern stoppten sie kurz, Anke Gladisch musste sich orientieren. Es war stockfinster. Nach links ging es in die Straße »Am Kiekenbusch«. Sie schaute nochmals in den Rückspiegel. Wieder packte sie die

Weitere Kostenlose Bücher