Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)
Gelände absuchen.«
Gegen 17.30 Uhr fuhr Georg Römkens zur nächsten Polizeidienststelle nach Breitscheid. Aber der »Bezirksbeamte« war nicht da. Als Georg Römkens zurückkam, gab es keine Neuigkeiten. Er wartete noch eine halbe Stunde, dann meldete er sich bei der Polizei in Ratingen und berichtete vom Verschwinden seiner Tochter. Auch der 42-Jährige war nun überzeugt davon, dass sich etwas ereignet haben musste, von dem er sich keine rechte Vorstellung machen konnte. Es gab einfach zu viele Möglichkeiten, und er wollte sich für keine entscheiden.
Aber er konnte auch nicht einfach nur dasitzen und abwarten. Er hielt es nicht mehr aus. »Anna und Sebastian, ihr kommt mit.« Zu dritt verließen sie das Haus, Elke Römkens sollte auf das Telefon achten und musste sich um die beiden jüngeren Kinder kümmern.
Als sie das Reiterhindernis erreichten, zeigte Anna in Richtung der Stelle, wo der Hund sich bemerkbar gemacht hatte. »Da vorne ist es gewesen. Rex hat sich gar nicht mehr eingekriegt.« Es begann wieder zu regnen.
»Ihr wartet hier.« Georg Römkens hatte mehr als nur ein ungutes Gefühl, es war die nackte Angst vor einem drohenden Albtraum, die ihn heimsuchte: dass er seine Tochter finden würde, schwer verletzt oder tot, und dass seine Kinder diesen grauenvollen Anblick ebenfalls würden ertragen müssen. Er machte sich auf den Weg. Nach etwa 30 Metern sah er unter einem dichten Haufen von Zweigen, Farn und Blättern zwei Beine herausragen. Die dunkelblauen Schuhe erkannte er sofort. Es waren Julias. Sein Puls begann zu rasen, ihm wurde schwindelig, alles kam ihm mit einem Mal unwirklich vor, so, als wenn er sich selbst beobachten würde.
Nachdem er die ersten Zweige entfernt hatte, konnte er das Unfassbare nicht mehr leugnen. Er stieß das Gestrüpp zur Seite und versuchte noch ein Lebenszeichen von seiner Tochter zu erhaschen – aber ihre Hände waren kalt, ein Puls nicht mehr fühlbar. Georg Römkens brach neben dem nackten Leichnam zusammen. Julias Vater begann bitterlich zu weinen. Er war nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, plötzlich ergab alles keinen Sinn mehr. Der eigene Tod konnte nicht schlimmer sein.
»Papi, was ist denn los?«
Georg Römkens schreckte hoch.
»Papi, sag doch was!«
Er stand auf und sah seine Kinder auf sich zukommen. »Bleibt da. Um Gottes willen, bleibt da!« Georg Römkens lief seinen Kindern entgegen.
Anna ahnte, was passiert war, wagte aber nicht, etwas zu sagen. Nur Sebastian wollte es genau wissen: »Papi, du bist ja ganz weiß im Gesicht. Was ist denn?«
Georg Römkens war zunächst sprachlos, dann würgte er den Namen seiner Tochter hervor. Ihm wurde schwarz vor Augen, er konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten. Sebastian und Anna mussten ihn stützen. Ohne dass ein weiteres Wort gesprochen wurde, gingen die drei nach Hause. Es regnete immer noch.
Elke und Georg Römkens’ Blicke begegneten sich nur kurz. »Nein. NEIN!« Elke Römkens verlor die Beherrschung: »Sag, dass das nicht wahr ist. SAG ES!« Ihr Mann ließ sich in einen Sessel fallen und schlug die Hände vor das Gesicht. Seine Frau stand einfach nur da und starrte auf ein Foto von Julia, das neben den Bildern der übrigen Kinder an der Wand hing. Anna und Sebastian umarmten sich und ließen nicht mehr los. Dann war nur noch das leise Schluchzen der Kinder zu hören.
Zehn Minuten später verständigte Georg Römkens die Polizei in Ratingen. Nach kurzer Zeit, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, erschienen zwei Polizeibeamte in Uniform. Sie baten darum, ihnen den Leichenfundort zu zeigen.
Julias Vater saß wieder in seinem Sessel. Apathisch. Orientierungslos. Nicht mehr ansprechbar. Elke Römkens war mit den Kindern in der Küche. Auch sie wollte nicht. Niemand wollte wieder dorthin. Die Polizisten verließen das Haus. Da Georg Römkens bereits am Telefon den ungefähren Fundort mitgeteilt hatte, stießen die Beamten schon wenig später auf Julias Leichnam. Sie brauchten nicht lange auf ihre Kollegen zu warten, Ermittler des 1. Kriminalkommissariats des Präsidiums in Düsseldorf trafen gegen 20 Uhr am Tatort ein.
Die Beamten vermuteten, dass Julia erdrosselt worden war. Der fest um den Hals des Opfers geschlungene und doppelt verknotete rot-schwarze Büstenhalter war mehr als ein Indiz. Der Leichnam befand sich in der typischen »Lustmordstellung«: Rückenlage, Arme und Beine vom Körper abgespreizt. Um die Leiche herum lagen einzeln verstreut die Kleidungsstücke
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