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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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unsagbar grauenhaft hässlich!
    Ich hole tief Luft, dann überwinde ich meinen Ekel und klaube mit spitzen Fingern die Kette von ihrem Satinbett. Sie besteht vorwiegend aus großen rosafarbenen Zuchtperlen. Das allein grenzt an eine existenzielle Beleidigung. Es kommt aber noch besser: In regelmäßigen Abständen sind zwischen den Perlen kleine güldene Herzen aufgereiht. Und ganz unten, da wo die Kette wohl auf dem hochgedrückten Busen zu liegen kommen soll, hängt ein großes, noch güldeneres, noch hässlicheres Herz, das mit Diamanten besetzt ist. Diamanten! Hallo?
    Mir stockt der Atem. Meine goldene Zukunft habe ich mir eindeutig weniger plastisch vorgestellt. Ich trag doch gar kein Gold! Wer trägt denn bitte Gold? Alte Schachteln, die nach Tosca stinken.
    Ich kann es einfach nicht fassen. Das muss ein Missverständnis sein. Wahrscheinlich ist das gar nicht für mich. JA GENAU ! Das IST gar nicht mein Weihnachtsgeschenk, sondern das für jemand anderen! Konrad würde mir so was nie schenken. Ich meine: Das ist SO geschmacklos, das darf ja eigentlich noch nicht einmal verkauft werden!
    Ich drehe den Anhänger um.
    Da. Eine Gravur.
    Für Juli von Konrad. Ach du heilige Scheiße.

…erhalten die Feindschaft
    Freitag, 17 . Dezember, um 08 : 20 Uhr
    Ich habe letzte Nacht nicht geschlafen. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wie Konrad, mein Konrad, auf die Idee kommen konnte, dass mir dieses Prachtexemplar der Gattung Modischer Fehlgriff gefallen könnte. Er selbst hat einen vorzüglichen Geschmack, er zieht sich gut an, benutzt ein appetitanregendes Rasierwasser und hat nicht zuletzt Stilempfinden bewiesen, als er mit mir zusammengekommen ist. Aber was hat ihn dabei geritten? Verzweiflung? Wut? Wurde er beim Juwelier von Blindheit geschlagen? Was war da los? Wo kommt so was her? Und geht das auch wieder weg? Kann man daran sterben? Himmelarsch, wie komm ich aus der Nummer wieder raus…
    Eine düstere Ahnung beschleicht mich.
    Ich kontaktiere meinen besten Freund, den Verteidiger der Wahrheit, den Retter der Unwissenden und Hilfesuchenden, den Rächer der Enterbten, Anwalt der Entrechteten und Verteidiger der schlecht Beschenkten: Facebook. Ich kann es aber auch nicht lassen. Und komme mir mit der Aufforderung, Konrad möge seine Alben löschen, nicht mehr ganz so großzügig, sondern ausgesprochen dämlich vor!
    Ich wühle mich also statt durch Konrads durch Nadines Profil. Glücklicherweise ist die Gute so von sich selbst eingenommen, dass sie keinerlei Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat. Und während ich mich lustig durch ihre Fotos klicke, springt mir die Wahrheit plötzlich mit dem nackten Arsch ins Gesicht. Dass ich das nicht schon früher gesehen habe…
    Auf dem Familienfoto, das beim Sechzigsten von Nadines Vater entstanden ist, trägt Staatsfeindin Nummer eins eine Kette, die meiner zum Verwechseln ähnlich sieht. Mein Unterkiefer klappt auf die Tischkante. Das ist ja wirklich die Höhe! Nicht einmal die Tatsache, dass Nadines Kette keinen goldenen Zusatzanhänger in Herzform und demnach auch keine persönliche Gravur hat, kann mich trösten.
    Konrad schenkt mir eine Kette, die er auch schon mal Nadine geschenkt hat?! Na warte.

Der Zaunpfahl
    Montag, 20 . Dezember, um 10 : 21 Uhr
    Das ganze Wochenende über habe ich versucht, das Thema Weihnachtsgeschenk unauffällig anzuschneiden und Konrad dezent darauf aufmerksam zu machen, dass ich a) keinen Schmuck und b) erst recht keinen hässlichen mag. Subtilität ist, so stelle ich resigniert fest, nicht gerade Konrads Stärke.
    Am Samstag winkte ich ihm freundlich mit dem Zaunpfahl: » Ich weiß gar nicht, was ich dir zu Weihnachten schenken soll.« Natürlich weiß ich es – ich hab es sogar schon seit November. Und es ist schön, es ist cool, und es kann sich sehen lassen.
    Na ja, genau genommen kann man nichts sehen, aber das ist ja der Witz. Ein Besuch in einem Dunkelrestaurant.
    Zugegeben, das ist jetzt nicht die Krone der Präsentschöpfung, kann aber dem Vergleich mit einer oberhässlichen, kitschigen und noch dazu in keinster Weise meinen Geschmack treffenden pinkfarbenen Halskette zehnmal standhalten.
    » Ich hab schon was für dich!«, freut sich Konrad.
    Ich heuchle Überraschung. » Wirklich? Was denn?«
    Konrad macht einen auf bescheiden. » Ach, nichts Besonderes.«
    DOCH ! Etwas ganz außergewöhnlich BESONDERS Hässliches!
    » Ich bin nicht so der Schenker.«
    Ja, den Eindruck habe ich auch.
    »

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