Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
ich Konrad gegenüber zugeben, oder höchstens unter Folter, dass das Buchhaltungsprogramm mich im Nachhinein dann doch glatt ein bisschen begeistert.
Ich lächelte Konrad an. » Ja. Kann ich. Das war ein gutes Geschenk!«
Konrad strahlte. Und ich belohnte ihn damit, dass er mir den Rücken einseifen musste.
Mein Freund, seine Eltern und ich
Donnerstag, 6 . Januar, um 10 : 20 Uhr
Ich bin echt ein bisschen aufgeregt! Konrad möchte, dass ich seine Eltern kennenlerne. Das ist ein gutes Zeichen, ein sehr gutes! Elternkennenlernen ist gleichzusetzen mit: Das ist die Frau, die ihr für den Rest eurer Tage an meiner Seite sehen werdet. Und das ist ja der langfristige Plan.
Ein wenig beunruhigt mich, dass Konrad irgendetwas davon faselt, dass es ja ein » Wiedersehen« und weniger ein » Kennenlernen« sei– was er wohl damit meint?
Du sollst doch nicht um deinen Jungen weinen
Sonntag, 9 . Januar, um 17 : 32 Uhr
Dies sind die ersten vier allgemeinen Gesetzmäßigkeiten nach Murphys Gesetz:
Wenn etwas schiefgehen kann, dann geht es schief.
Wenn etwas auf verschiedene Arten schiefgehen kann, dann geht es immer auf die Art schief, die den größten Schaden verursacht.
Hat man alle Möglichkeiten ausgeschlossen, bei denen etwas schiefgehen kann, eröffnet sich sofort eine neue Möglichkeit.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt, ist umgekehrt proportional zu seiner Erwünschtheit.
Ich und Konrad also bei seinen Eltern. Irgendwie war klar, dass das nicht gutgehen konnte.
Konrad gibt mir auf der Fahrt in den Taunus einige mehr oder weniger wertvolle Tipps, die ich beim Aufeinandertreffen mit seiner Mutter beachten soll.
» Sprich nicht über Krankheiten. Oder über Politik. Lass am besten auch das Thema Ernährung weg. Meine Mutter ist strenge Vegetarierin und versteht da wenig Spaß. Und bitte iss den Kuchen, egal wie er schmeckt. Ach ja, und zieh die Schuhe aus, wenn du reinkommst.«
Keine Krankheiten, keine Politik, keine Ernährung. Kuchen essen. Schuhe ausziehen. Aha, zumindest die letzte Information hätte ich gerne früher erhalten, ich habe heute Morgen ein Loch in der Socke entdeckt. Ich dachte mir, für heute wird’s wohl reichen, danach schmeiß ich sie weg. Na ja.
» Und dein Vater?«
Konrad winkt ab. » Der ist harmlos. Mach dir um den keine Sorgen.«
Ich weiß nicht, was ich von Konrads Briefing halten soll. Schwamm drüber, ich mach einfach das Beste daraus. Und Improvisieren ist eh mein Ding.
Konrad hält vor einem spießigen Reihenmittelhaus, wie es wahrscheinlich Tausende in jeder piefigen Kleinstadt gibt. Wir steigen gerade aus dem Auto, da wird die Haustür von einer sehr großen, sehr hageren und sehr, sehr unsympathisch aussehenden ältlichen Dame geöffnet. » Dame« ist das einzige Wort, das mir an dieser Stelle einfällt. Die Person im Türrahmen trägt nämlich ein Kostüm.
» Ist das deine Mutter?«, frage ich skeptisch.
Konrad nickt mit zusammengekniffenem Mund.
» Und wieso hat sie diesen Fummel an?«
» Kein Wort mehr!«, zischt Konrad und öffnet das kleine Gatter, das uns über einen akkurat angelegten Steinfliesenweg durch den penibel geharkten Vorgarten führt.
» Hallo, Mama«, sagt Konrad, und ich bewundere ihn für seine Charaktergröße. Mütterliche Gefühle für diese ausgemergelte Vogelscheuche zu entwickeln, das ist wirklich ganz großes Blockbuster-Kino.
» Konrad«, säuselt sie und haucht ihm zwei Küsschen auf die Wangen. Ich hoffe, sie will mich nicht auch küssen! Sie riecht nach Nelken. Und alt. Die walze ich doch über den Haufen, wenn ich nicht aufpasse! Wahrscheinlich breche ich ihr gleich die Hand, die sie mir mit abgespreiztem kleinem Finger hinhält.
» Sie müssen Frau Rautenberg sein.«
Tolle Startersätze, Teil 1 bis 5. Heute: Überflüssige Feststellungen.
Ich setze mein schönstes Schwiegermutterlächeln auf. » Ja, aber nennen Sie mich doch Juli.«
Konrads Mutter lächelt nicht. » Ich bleibe lieber bei Frau Rautenberg.«
Oha. Das verschlägt mir für einen kurzen Moment die Sprache. Konrad schiebt mich in den Hausflur und fleht mich stumm an, mich umgehend meines Schuhwerks zu entledigen. Ich komme seinem Wunsch nach und präsentiere ihm und seiner mich misstrauisch beäugenden Mutter ein Sockenloch mit den Ausmaßen des Kaspischen Meeres.
Irgendwie schaffen wir es ohne weitere Vorkommnisse, aber auch ohne ein weiteres Wort zu wechseln, ins Wohnzimmer. Dort treffe ich auf den wahr gewordenen Traum jedes
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