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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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gerade überwundene Feindschaft zu Nadine und mein zugegebenermaßen nicht ganz unproblematisches Verhältnis zu seiner Mutter zu sprechen kommen, traue ich mich auch nicht. Na ja, meine Erleuchtungen halten ja noch ein bisschen, die werden so schnell nicht schlecht. Ich heb sie mal auf, bis Konrad mich anspricht.

In memoriam
    Samstag, 22 . Januar, um 10 : 54 Uhr
    Kein Mucks von Konrad. Nichts über die Vogelscheuche, nichts über Nadine. Keine Erklärung, keine Entschuldigung. Nichts, nada.
    Die spannendste Entwicklung der letzten Woche ist der plötzliche und sehr unerwartete Tod von Eberhard, dem Schnittlauch.

Unkenrufe
    Sonntag, 23 . Januar, um 20 : 09 Uhr
    Mein Gott, das fällt mir jetzt erst auf! Eberhard ist tot! Unsere Beziehungspflanze ist tot, weg, dahingesiecht, hinfortgerafft– ein für alle Mal erledigt. Ist das ein Wink des Schicksals? Ein Vorbote für nahendes Unheil? Ein Symbol für unsere sterbende Beziehung? Wenn unsere Beziehungspflanze schon nach so kurzer Zeit das Handtuch wirft… Kein gutes Zeichen. Konrad! Ich muss mit Konrad reden!

Geständnisse
    Dienstag, 25 . Januar, um 10 : 14
    Mein Gespräch mit Konrad begann eher unspektakulär. Ich saß deprimiert auf dem Sofa, im Arm Eberhard, der der Situation angemessen die Stängel hängen ließ. Oder das, was davon noch übrig war. Konrad kam von der Arbeit nach Hause, pfefferte wie gewöhnlich Jacke, Tasche, Schuhe und Mütze auf einen handlichen Haufen auf dem Boden und kam ins Wohnzimmer, um mir einen Begrüßungskuss zu geben.
    » Hallo, Liebling, wie war dein Tag? Mann, hab ich Kohldampf! Gibt’s was zu essen? Und warum sitzt du mit dem Schnittlauch auf dem Sofa?«
    » Das ist kein gewöhnlicher Schnittlauch«, flüsterte ich, und mir stiegen die Tränen in die Augen, » das ist Eberhard. Und vielleicht ist es dir nicht aufgefallen, aber Eberhard ist tot!«
    » Sollen wir einen neuen kaufen?«, fragte Konrad und streichelte ein einzelnes verdorrtes Exemplar von Eberhards ehemaliger Stängelpracht.
    » Das geht doch nicht!«, entrüstete ich mich. » Das war unsere Beziehungspflanze. Die kann man nicht einfach neu kaufen!«
    Konrad sah mich entgeistert an. » Juli. Das ist ein Schnittlauch.«
    Dass Männer aber auch so furchtbar begriffsstutzig sein müssen!
    » Nein, Konrad, das ist viel mehr als ein Schnittlauch! Und du könntest ruhig ein bisschen mehr Gefühle zeigen, immerhin ist Eberhard auch ein Stück von dir!«
    Konrad schwieg. Und schien ernsthaft an meinem Verstand zu zweifeln.
    Ich legte noch eine Schippe drauf. » Bei deiner fetten Katze ist es dir schließlich auch nicht egal, ob sie stirbt, oder?«
    Wieder kam keine Reaktion. Aber ich sah Konrads Backenknochen gefährlich lange mahlen. Er atmete tief aus. Dann lehnte er sich zurück und begann zu reden. » Ich glaube, es wird Zeit, dass ich hier mal was klarstelle.«
    Ich schmollte noch ein bisschen weiter, konnte eine gewisse Vorfreude aber nicht verbergen.
    » Zunächst einmal: Meine Mutter war vom ersten Moment an total vernarrt in Nadine. Sie hat sie geliebt, wie sie wohl ihre eigene Tochter lieben würde, wenn sie nicht stattdessen einen missratenen Sohn bekommen hätte.«
    » Du hast einen Bruder?«, merkte ich auf.
    » Nein. Natürlich nicht. Ich meine mich.«
    » Aber du bist doch nicht missraten!«, ereiferte ich mich. Wie konnte denn irgendjemand so was denken? Von Konrad? Mister Ich-mache-alles-richtig-(außer-Geschenke)-und-führe-ein-perfektes-Leben?
    » Findet meine Mutter eben doch«, sagte Konrad und seufzte tief. » Meine Mutter findet, dass ich, nun ja… wie sage ich das jetzt… meinem Vater sehr ähnlich bin.«
    Was? Dem verwirrten alten Mann in der Cordhose? Mir war gar keine Ähnlichkeit aufgefallen, außer dass ich Konrads Vater ausgesprochen nett fand. Zugegeben, ich habe ihn auch nur knapp drei Minuten gesehen. Und da hat er einen komischen Witz über böse Schwiegermütter gemacht. Aber ansonsten– was sollte denn an Konrads Vater problematisch sein? Außer dass er Konrads Mutter geheiratet hat?
    » Jedenfalls hat sich meine Mutter immer eine Tochter gewünscht. Nach zwei Fehlgeburten klappte es zwar mit einer Entbindung, aber heraus kam nicht ein blondgelocktes kleines Mädchen, sondern ein übergewichtiger Junge, der sich zu allem Überfluss in der Schule zu einem gewissen… Soziophobiker entwickelte.«
    Gut. Von dieser Warte aus betrachtet, war das schon ein guter Grund, auf seinen Sohn schlecht zu sprechen zu sein.
    » Nachdem ich das mit dem

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