Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
Studium einigermaßen hingekriegt und auch endlich mal ein paar normale Freunde gefunden hatte, brachte ich irgendwann Nadine mit nach Hause, und meine Mutter ist fast ausgeflippt vor Freude.« Er machte eine kurze Pause. » Na ja. Du kannst dir ja denken, was los war, als ich ihr dann letztes Jahr gesagt hab, dass ich mit Nadine Schluss gemacht habe.« Konrad seufzte. » Seitdem ist alles wieder viel schlimmer geworden. Sie hat mir damals schon gesagt, dass sie nie eine andere Freundin dulden wird, und, na ja, also, als ich ihr dann vor ein paar Wochen erzählt habe, dass ich jetzt mit dir zusammen bin… Also, sie hat ein wirklich sehr gutes Gedächtnis, meine Mutter.«
Toll. Vielleicht sollte sie Gedächtnistrainerin werden, dann hätte sie auch was zu tun und müsste sich nicht in das Leben ihres Sohnes einmischen.
» Es ist natürlich auch nicht besonders hilfreich für die Situation, dass meine Mutter und Nadine sich noch regelmäßig sehen.«
» Ach du Scheiße«, entfuhr es mir. » Und was machen die dann? Tauschen sie scheußliche Kuchenrezepte aus, oder was?«
Konrad lachte leise. » Ja, so in der Art. Und der Kuchen war echt fies.«
Ich zuckte mit den Schultern. » Ist ja, wenn wir ehrlich sind, letztendlich auch egal. Immerhin bin ich mit dir zusammen und nicht mit deiner Mutter.« Gott bewahre! » Fühlt sich halt nur… komisch an.«
» Was meinst du?«
» Nadine, die ist so… so… perfekt! Und ich bin so ein unperfekter und schwabbeliger Haufen Chaos!«
Konrad lachte. » Na gut«, röchelte er, » dann wird es wohl mal Zeit, so richtig die Hosen runterzulassen, damit es endlich ein Ende hat mit dieser ständigen Vergleicherei mit Nadine.«
Woher wusste er das nun wieder? Hm. Vielleicht war er doch ein besserer Frauenversteher, als ich bislang vermutet hatte.
» Jetzt pass mal auf. Ich erzähl dir jetzt mal was. Aber«, Konrad hob den Zeigefinger und sah sehr ernst aus, » du musst mir versprechen, dass du das niemandem erzählst. Niemals, niemandem. Nie! Kapiert?«
Ich nickte und überkreuzte die Finger der rechten Hand, die Konrad nicht sehen konnte, weil ich damit Eberhard hielt. Ein Geheimnis! Wie aufregend! Selbst den Schnittlauch durchzuckte es mit neuer Energie, und er spitzte ein paar seiner Stängelchen.
» Nadine ist nicht ohne Grund so…«, Konrad unterbrach sich.
Ich half aus: » Schön?«
» Nein. Das wollte ich nicht sagen«, fuhr Konrad fort. » Ich wollte eigentlich sagen: eitel.«
Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch. Nadine? Eitel? Erzähl mir nix!
» Nadine war… Mann, wie sag ich das jetzt, ohne dass es blöd klingt? Also Nadine war…«
» Mal ein Mann?«, fiel ich ihm hastig ins Wort.
» Quatsch«, Konrad winkte ab. » Nein, Unsinn. Nadine war nur nicht besonders… schön, in ihrer Jugend.« Pause. » Na gut, das war untertrieben. Also, Nadine war mal so richtig sauhässlich.«
Stille.
Also, das nenne ich ja mal eine Sensation.
» Definiere hässlich.«
Konrad seufzte. » Meine Güte, ich komm dafür in die Hölle, dass ich dir das erzähle! Also.« Konrad schloss kurz die Augen, dann legte er die Karten auf den Tisch. » Nadine hatte bis zu ihrem zwanzigsten Lebensjahr ganz, ganz schlimme Segelohren. Und ich meine jetzt nicht so ein bisschen abstehend oder so, sondern so RICHTIG schlimm, also so, dass man denkt, die klappen von alleine nach vorn.«
» Is nich wahr!«, jauchzte ich sensationslüstern.
» Ja«, nickte Konrad, » und die Ohren hat sie sich dann anlegen lassen.«
Ich wusste es! Die Frau ist operiert! Dieser Tag wird rot im Kalender markiert!
» Na ja, jedenfalls lag sie dann vor der OP im Krankenhaus, und ein Arzt kam rein, und noch bevor er auf die Krankenakte sah, gab er ihr die Hand und sagte: › Keine Sorge, die Nase kriegen wir hin.‹«
Wow. Das war fies. Selbst Nadine gegenüber.
» Du kannst es dir schon denken. Sie hat sich dann nicht nur die Ohren anlegen lassen. Als das mit der Nase und den Ohren dann durch war, hat sie ziemlich krass abgenommen. Deswegen ist sie heute so aufs Äußere fixiert: Sie war einfach echt lange nicht besonders schön, das hinterlässt Spuren.«
Kenn ich. Also, das Problem mit dem Nicht-so-schön-Sein.
Konrad rückte ein bisschen näher. » Deswegen sage ich dir noch mal ganz, ganz ehrlich: Hör auf, dir ständig einen Kopf darüber zu machen, dass du nicht aussiehst wie Nadine. Ich sehe das selbst, ich bin ja nicht blind.«
Äh– Entschuldigung?!
» Aber ich finde das nicht schlimm. Und
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