Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
blickte mich verschüchtert an. » Ich finde es selbst so furchtbar, dass es mir so zu schaffen macht. Ich dachte, ich hätte das alles längst hinter mir gelassen, aber jetzt– ich weiß auch nicht, aber… es verletzt mich.« Er schüttelte mit leichter Verzweiflung den Kopf. » Und das soll es doch nicht.«
Stimmt. Immerhin ging es um eine übergewichtige Katze. Ich verstand die Welt nicht mehr, blieb aber ruhig. Ich hatte mit etwas viel Schlimmerem gerechnet. Mit einer Kündigung seines Jobs oder unserer Beziehung. Mit einer schlimmen Krankheit. Mit einem weiteren Besuch bei seinen Eltern. Und dabei ging es nur um Sydney!
» Konrad«, fing ich an und versuchte, mir mein Unverständnis nicht anmerken zu lassen, » wenn ich gewusst hätte, dass dir das so zu schaffen macht, dann wäre ich doch nicht so unfreundlich gewesen.«
Konrad sah mich verwundert an. » Du bist nicht böse?«
Wegen einer Katze? Äh: Nein?
» Quatsch, wieso sollte ich denn böse sein? Das ist doch nur menschlich.«
Konrad schüttelte wieder den Kopf. » Ja, aber du musst dich doch total blöd fühlen!«
Ich? Ich fand Konrads Mäuseaufstand langsam, aber sicher wirklich lächerlich. Ja, stimmt, auf meiner Wunschliste steht an erster Stelle nicht gerade: Beziehungskatze von Konrad und Nadine aufnehmen. Aber ich bin ja auch kein Unmensch, und wenn es meinem Freund so furchtbare Qualen bereitet, das Vieh nicht bei sich zu haben, Herrgott, dann nehmen wir es eben bei uns auf. Platz ist ja bekanntlich in der kleinsten Hütte.
» Wieso soll ich mich denn blöd fühlen?«, fragte ich Konrad und nahm seine Hand. » Ich meine, komm schon, es geht um eine Katze !«
Konrad sah mich verständnislos an. » Wieso Katze?«
Ich blickte verständnislos zurück und ließ vorsichtshalber auch wieder seine Hand los. » Was meinst du mit › Wieso Katze?‹?«
» Ich rede doch von Nadine!« Konrads Gesicht bekam einen fassungslosen und leider auch sehr dämlichen Ausdruck.
» Wie– Nadine will bei uns einziehen?«
» Nein!«, kreischte Konrad nun beinahe panisch. » Natürlich nicht!«
» Puh, gut«, ich wischte mir imaginäre Schweißperlen von der Stirn. » Was ist denn dann das Problem, wenn weder die fette Katze noch die doofe Nadine zu uns ziehen wollen?«
Konrad sah mich an. Lange. Dann senkte er den Blick und sagte mit brüchiger und zerknitterter Stimme zu mir: » Nadine will die Katze loswerden, weil jemand zu ihr gezogen ist. Jemand mit Katzenhaarallergie. Und dieser Jemand ist ihr neuer Freund.«
YES !!! Ich führte einen inneren Freudentanz auf. Nadine hatte endlich einen neuen Freund. Das bedeutete, dass sie MEINEN endlich in Ruhe lassen würde! Ich konnte mir ein triumphales Lächeln nicht verkneifen und ließ innerlich drei La-Ola-Wellen durchs Stadion laufen.
» Wo kommt der denn auf einmal her?«
Konrad winkte ab. » Das ist der alte. Der, für den sie mich schon mal verlassen hat. Aber das ist ja gar nicht das Problem.«
» Was ist es dann?«
Erst als ich mir Konrad noch einmal genauer ansah, begriff ich, wovon er die ganze Zeit geredet hatte. Er hob verzweifelt die Arme: » Genau das ist das Problem.« Konrad schaffte es nicht, mir in die Augen zu sehen. » Es stört mich.«
Aua.
Nachwehen
Freitag, 11 . März, um 06 : 31 Uhr
Ich schlafe schlecht. Seit Tagen. Genau genommen seit dem Dienstag, als Konrad mir sagte, dass er Nadine noch liebt.
Nein, ich weiß, das hat er so nicht gesagt. Aber so gemeint. Das weiß ich mit absoluter Sicherheit. Ich bin eine Frau, ich kenne den Unterschied zwischen dem, was man sagt, und dem, was man meint. Ich würde Konrad niemals sagen: Ich habe meinen Exfreund gesehen und gedacht, meine Güte, sieht er toll aus, warum hat das damals nicht mit uns geklappt? Ich würde Konrad immer sagen: Ich hab das Arschloch gesehen. Er war noch fetter als früher. Und er sah arbeitslos aus.
Ich würde das nicht sagen, weil ich Konrad anlügen wollen würde. Sondern weil ich ihn schützen will. Weil Exfreunde in beinahe jeder Beziehung das Kapitel sind, das niemand wieder aufschlagen will. Wenn man das privat macht, alleine und im Verborgenen, dann ist das zumindest mit Einschränkung in Ordnung. Mit meinem Partner teilen muss ich das aber nicht.
Ja, ja, ich kann die Vorwürfe schon hören: Du hast ja darauf bestanden. Du wolltest es ja unbedingt wissen. Stimmt. Weil ich damit gerechnet habe, dass Konrad mir irgendwas Harmloses sagt. Dass er seinen Job verloren hat. Oder sein Handy. Dass er einen Unfall
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