Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
legen.«
Tine grinst. Das verunsichert mich. Trotzdem rede ich weiter. » Natürlich finde ich es scheiße, dass es Konrad allem Anschein nach immer noch stört, dass die Schnalle einen Neuen hat. Aber was soll ich denn machen? Es aus ihm rausprügeln?«
» Wär ’ne Maßnahme«, stellt Mona fest.
Tine grinst noch immer. Ist sie bekifft?
» Ja, klar. Es macht mich traurig. Aber irgendwie… irgendwie…«
Tine beendet das Grinsen und meinen gestammelten Satz: » …irgendwie hast du so ein Gefühl im Bauch, dass du jetzt nicht durchdrehen, sondern es aushalten solltest. Richtig?«
Ich nicke. » Ja. Richtig.«
» So ein Gefühl von: Das ist jetzt zwar wirklich nicht schön, und ich würde es mir in meiner Wunschvorstellung wohl auch anders ausmalen, aber ich kann es nicht ändern, und deswegen akzeptiere ich es, wie es ist, und vertraue darauf, dass sich alles zum Guten wendet.«
» Ich würde es weniger schwulstig ausdrücken, aber im Großen und Ganzen«, ich nicke erneut, » richtig. Ich meine«, ich zucke resigniert mit den Schultern, » natürlich will ich mit Konrad zusammen sein und nach Möglichkeit auch bleiben. Aber ich kann ihn ja nicht zwingen, mit mir glücklich zu werden. Und wenn es nicht weggeht, dieses Gefühl von ihm, dann… ja, dann ist das zwar ganz großer Müll, aber dann muss ich wohl einfach darauf spekulieren, dass wir uns daran gewöhnen, damit zu leben.«
Jetzt grinst Tine wieder. Und Mona auch.
» Was ist denn los mit euch?«, fahre ich sie an. » Habt ihr Drogen genommen? Was ist denn nur in euch gefahren?«
Da legt Tine den Arm um meine Schultern und drückt mir einen Kuss auf die Wange. » Liebe, Juli! Das ist die Liebe!«
Und ich verschlucke mich an einem sehr großen Schluck Bier.
…wächst kein Gras mehr
Donnerstag, 24 . März, um 16 : 03 Uhr
Seit meinem Treffen mit den Mädels kreisen meine Gedanken um Tines Feststellung. Ist das, was ich gerade empfinde, was mein Handeln treibt oder besser: nicht treibt, das, was mich ausharren und hoffen und glauben lässt, dass Konrad zur Besinnung kommt und damit zurück zu mir, ist DAS Liebe?
Moment mal!
Ich kenne Liebe anders. GANZ anders. Liebe– klebt. Liebe ist ständig bei dir. Verfolgt dich. Hält dich nachts vom Einschlafen ab und weckt dich am Morgen. Verhindert Hunger und Sättigung, Durst, Kälte und Hitze. Liebe macht blind, blöd und bekloppt. Liebe macht krank. Bauch-, Kopf- und Herzschmerzen. Liebe erinnert dich immer daran, dass sie da ist, und selbst wenn sie weg ist, verursacht sie Schmerzen. Phantomschmerzen. Liebe ist eine Dauerwerbesendung, die dir ständig vorhält, was du haben könntest, wenn du dir nur noch mehr Mühe gibst. Liebe ist Stress.
Oder nicht?
Wenn es nach Tine geht, ist Liebe nicht zwangsläufig mit Kummer, Leid, Elend und Angst verbunden. Tine ist der Meinung, dass das vielleicht auch Liebe ist, aber die etwas ungesündere Variante, die böse Schwester, die sich selbst die Ferse abhackt, um mit zum Ball zu dürfen. Diese Liebe zerstört– sich selbst und alle Beteiligten.
Die andere Liebe, die gute, weiße, reine Schwester von der mit den blutigen Hacken, die tut nicht weh. Die lässt nicht frieren, sondern wärmt. Die lässt nicht hungern, sondern nährt. Diese Liebe klopft angeblich nicht ungeduldig auf die Tischplatte, sondern lehnt sich zurück und ist sich ihrer selbst sicher.
Ich bin irritiert. DAS ist Liebe?
Fühlt sich… komisch an. Ungewohnt. Ich kann nicht glauben, dass es wirklich Liebe sein soll. Ich kenne diese Liebe nicht. Ich kenne nur die Version in Knallfarben und die mit der lauten Musik, die, bei der die Nachbarn sich ständig wegen der Lautstärke beschweren.
Ich bin verwirrt.
Tu mal lieber die Möhrchen
Sonntag, 27 . März, um 13 : 31 Uhr
Ich muss es jetzt einfach mal sagen: Ich bin schon eine verdammt coole Sau.
So. Jetzt ist es raus, und jetzt hat die Selbstbeweihräucherung auch schon wieder ein Ende. Konrad– Status: Freund, Zustand: nach wie vor unverändert– fährt heute Nachmittag zu seinen Eltern. Anscheinend geht es seiner Mutter wegen der Sache mit Nadine wirklich nicht gut. Na ja. Nobody’s perfect.
Ich stelle meinen guten Willen unter Beweis, den Wecker auf neun und mich selbst den ganzen Morgen in die Küche. Ich backe einen Kuchen. Nein, das stimmt nicht ganz: Ich backe einen sehr ekligen, sehr gesunden Kuchen, den Konrad seiner Mutter zum Dank für die Pferdeäpfel und als Werbegeschenk mitbringen soll. Ich backe eine Rüblitorte.
Ich
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