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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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leicht irritiert ob ihrer Direktheit, entschloss mich aber, die Fünfhunderteurofrage zu beantworten. Wenigstens mal die erste Gewinnstufe erreichen.
    » Begeistert waren sie nicht«, antwortete ich in sehr diplomatischem Ton auf ihre Frage, » aber gut, welche Eltern sind das schon?«
    Konrad trat mir unter dem Tisch gegens Schienbein. Er versuchte es zumindest, traf aber leider nur den Tisch. Die Ananasse und die Sonnenschirmchen auf der Wachstischdecke wackelten bedenklich. Konrads Vater gluckste und verschlabberte Kaffee auf dem Tisch, was Günther mit einem eindeutig angepissten Gesichtsausdruck zur Kenntnis nahm, jedoch nicht weiter kommentierte.
    » Wünschen Sie sich Kinder?«, fragte sie stattdessen.
    Huch? Äh– jetzt wurde es selbst für meinen Geschmack doch etwas zu privat. Panisch sah ich zu Konrad, der seine Lider einmal kurz schloss und wieder öffnete. Das hieß so viel wie: Ja! Antworte mit Ja!
    » Ja!«, beeilte ich mich zu sagen.
    » Wie viele?«
    Ich sah mit wirrem Blick zu Konrad. Der blinzelte derart oft mit den Lidern, dass ich mich schon bei zwei verzettelte. Wollte er mir Zeichen geben, oder hatte er einen epileptischen Anfall? Mir wurde heiß und kalt.
    Günther lehnte sich ein Stück nach vorne. Jetzt brach mir der Schweiß aus. Ich brauchte Hilfe! Und Bedenkzeit. Und Zigaretten. Einen Joker! Wenn ich jetzt das Falsche sagte, hätte ich es bei Günther verbockt. Für alle Zeiten. O Gott.
    Da plötzlich legte sich unterm Tisch von links eine Hand auf mein Bein. Die Hand von Konrads Vater. Ganz vorsichtig pochte er dreimal mit seinem Zeigefinger auf meinen Oberschenkel: eins, zwei, drei.
    War das mein Joker? Musste ich Nachrichten aus einem unbekannten Universum empfangen? Blieb mir eine andere Wahl? » Drei?«, sagte ich und konnte nicht verhindern, dass sich meine Stimme am Satzende in luftige Höhen schwang.
    Günther strahlte. » Drei! Wollte ich auch immer haben!«
    Konrads Vater tätschelte kurz meinen Oberschenkel, dann verschwand die Hand wieder.
    Ich wollte jetzt wirklich nur noch sehr, sehr dringend eine Zigarette rauchen. Jetzt fing auch schon mein Schwiegervater in spe an, mich zu betatschen! Mein Blick musste apathisch geworden sein, vielleicht quoll auch schon feiner Rauch aus meinen Ohren, denn Günther riss mich aus meinen nikotinhaltigen Tagträumen, in denen mich der Marlboro Man hinter sich in den Sattel zog und mir eine brennende Kippe zwischen die Lippen steckte.
    » Wollen Sie eine Geschichte aus Konrads Kindheit hören?«
    An dieser Stelle hätte ich unbedingt aussteigen sollen. Niemand will Geschichten aus der Kindheit des Freundes hören. Ausnahmslos niemand, und ich schließe mich da gerne ein.
    Ich hätte die gewonnenen tausend Euro nehmen, mich von Günther verabschieden und aussteigen sollen. Auch wenn ich noch zwei Joker übrig hatte. Was sollte ich denn machen? Jemanden anrufen? Vielleicht meine Mutter: » Hey, Mama, hältst du es für sinnvoll, dass Frau Paulsen mir Geschichten aus Konrads Kindheit erzählt?« Kindergeschichten des Freundes, das konnte doch nur in die Hose gehen!
    Ich ignorierte den Fifty-fifty-Joker und Konrads panischen Blick und nickte: » Ja. Würde ich sehr gerne hören.«
    Konrad stöhnte gut hörbar.
    Aber Günther freute sich. » Konni war kein gewöhnlicher Junge.«
    Konni mischte sich ein. » Mama! Bitte!«
    Günther schmetterte ihn professionell ab: » Nein, nein, Konni, lass mich das erzählen!« Dann wandte sie sich wieder mir zu. » Also, ich hatte ja eigentlich auch drei Kinder. Meine zwei ersten Kinder sind ja leider noch im Mutterleib verstorben.«
    Komisch, dachte ich mir, wie sie dieses » Mutterleib« betont, so als würde es nicht zu ihr gehören. Und warum sagt man eigentlich ver- und nicht ge- storben?
    » Aber ich hatte mich so auf meine Töchter gefreut und schon das ganze Kinderzimmer eingerichtet! Ich hatte Puppen gekauft, ganz teure, wissen Sie, die mit den schönen Gesichtern und dem echten Menschenhaar.« Huaaah, mich schüttelte es! » Aber dann starben meine kleinen Mädchen ja leider. Jeanette und Josefine, so sollten sie heißen, so hießen nämlich auch meine Großmütter.« Too much information, dachte ich. » Aber wissen Sie, was das Tolle ist?« Ich warf Günther einen geheuchelten Spann-mich-nicht-auf-die-Folter-Blick zu. » Konni spielte auch gern mit Puppen!«
    Genau DAS ist der Grund, warum man sich keine Geschichten aus der Kindheit anhören sollte. Augenblicklich erschien Konni vor meinem inneren

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