Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
mehr hören. » Außerdem«, sagt sie dann und setzt ihren Mutterblick auf. Ich weiß, was jetzt kommt: meine bisherigen Beziehungen. » Außerdem waren deine bisherigen Beziehungen ja auch nicht gerade das Gelbe vom Ei.« Das hat sie schön gesagt. Sehr diplomatisch. » Du warst ja nur mit Vollidioten zusammen.« Ich streiche den letzten von mir gedachten Satz und ersetze ihn in Gedanken durch ein motziges Aufstampfen meines linken Fußes und ein schmolliges Vorschieben meiner Unterlippe. » Woher sollst du also Konrads Erkenntnis haben? Die Typen, in die du verliebt warst, die KONNTE man ja gar nicht so lieben, wie sie waren. Die waren doch alle total Banane!« Danke, Mama! Ich bin hierhergekommen, um mich von dir aufbauen, und nicht, um mich fertigmachen zu lassen. Und fang jetzt bloß nicht mit Michael an. » Und dieser Michael!« Palimpalim! » Den konnte ich ja von Anfang an nicht leiden, und ich habe dir auch immer gesagt…«
Jetzt reicht’s.
» Ja, ja!«, stöhne ich genervt. » Ich weiß, du hast mir immer gesagt, was das für ein Depp ist.«
Meine Mutter lächelt. » Genau. Und weil du meine Juli bist, hast du immer genau das Gegenteil von dem getan, was man dir gesagt hat.« Sie grinst. Spitzbübisch. » Daher sollte ich dir heute wohl folgenden Rat geben: Trenn dich von Konrad. Der tut dir nicht gut. So kann ich wenigstens mit hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass du bei ihm bleibst.«
Jetzt bin ich aber auch nicht schlauer als vorher. Mütter!
Meine kommt gerade richtig in Fahrt. » Ich weiß gar nicht, warum du uns deinen Konrad noch nicht vorgestellt hast.« Ich schicke ein Stoßgebet in den Himmel, dass ich mir jetzt nicht auch noch DIE Leier anhören muss. » Du wirst deine Gründe dafür haben. Aber obwohl ich deinen Freund nicht kenne, weiß ich, dass er dir guttut.«
Zum ersten Mal horche ich auf. Das interessiert mich jetzt aber doch.
Meine Mutter bemerkt, dass ich angebissen habe: » Weißt du, man merkt einfach, dass du dich verändert hast. Du bist ruhiger als früher. Irgendwie… ausgeglichener. Besonnener.«
» Besonnener?!« Ich kreische fast. » Mama, ich saß mitten in der Nacht zwei Stunden im Treppenhaus, weil ich unbedingt nach ihm heimkommen wollte! Ich sag nicht, wenn mir was nicht passt, sondern bin voll die Oberzicke! Und wenn ich dann was sage, dann bin ich so gemein und fies, dass ich mich wundere, dass Konrad überhaupt noch da ist!«
Meine Mutter lächelt dieses milde, wissende Mütterlächeln, das keine Tochter gerne sieht. » Na klar! Das ist halt in dir drin. Du bist immer schon die Meisterin der Selbstverteidigung gewesen, Juli, immer mit gezückten Waffen. Wenn du gedacht hast, dass einer dich anpiksen will, hast du gleich deinen Panzer übergezogen und angefangen, dich zu wehren. Und du hattest ja auch irgendwie recht damit, zumindest bei diesem Michael.« Seinen Namen spricht sie aus wie eine tödlich verlaufende Krankheit. » Das musst du abschütteln. Du darfst nicht immer versuchen, unverletzlich zu sein. Du musst Schwächen zugeben. Erst dann kannst du dich richtig auf Konrad einlassen.« Okay, Schwächen zugeben ist kein Problem. Ich bin ja eine einzige, große Schwäche. » Und die ersten Schritte in die richtige Richtung hast du ja schon gemacht.« Ach ja? Das wüsste ich aber. » Als dein Konrad plötzlich bemerkte, dass ihn das mit seiner Exfreundin störte– normalerweise hättest du in so einem Moment sofort deine Sachen gepackt und wärst abgehauen, Juli.« Hm. Hätte ich? Wäre ich? » Natürlich nicht, ohne ihm vorher noch mal so richtig eins reinzuwürgen.« Autsch. Das tut ja schon beim Hinhören weh! » Und was hast du gemacht? Das Gegenteil. Du hast dich verletzbar gemacht, weil du bei ihm geblieben bist, keine Szene gemacht und stattdessen gehofft hast, dass er sich wieder einkriegt. Das ist ein guter Anfang.«
Meine Mutter steht auf. Der Moment ist ein bisschen pathetisch, fast wie in diesen amerikanischen Sport-Streifen, in denen ein Footballteam aus dem Getto den Super Bowl gewinnt. Meine Mutter klopft mir einmal beherzt auf die Schulter: » Weiter so!«
Dann geht sie und lässt mich mit einer Wagenladung voller Fragezeichen sitzen.
Nichtraucherschutz
Donnerstag, 21 . April, um 16 : 17 Uhr
Am Ostersonntag ist es so weit. Wir besuchen Konrads Eltern. Konrad erzählte mir, dass sich sein Vater ein Loch in den Bauch freut, weil ich mal wieder vorbeikomme. Und auch Konrads Mutter hat es wohl hinbekommen, glaubhafte
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