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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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um mein emotionales Wohl besorgter Freund Konrad alias » the Master of Geburtstagsgeschenke« hatte die umwerfende Idee, mir eine Putzfrau zum Geburtstag zu schenken, die dreimal die Woche kommt, und zwar jede Woche.
    Am Montag war es das erste Mal so weit. Tagalog klingelte um acht Uhr morgens und riss mich aus meinem wohlverdienten Schönheitsschlaf. Konrad öffnete ihr die Tür und begann umgehend mit einer kleinen Wohnungsbegehung. Ich kämpfte mich aus den Federn und heftete mich an die Fersen des selbst ernannten Sauberkeitskomitees. In einem Kauderwelsch aus Englisch, Deutsch und dieser anderen, mir vollkommen unbekannten Sprache, die– ich kam gerade aus dem Bett und stand noch ein wenig neben mir– anscheinend nur aus Gurrlauten und lustigen Pling-Plongs bestand, kommunizierten der Chef (Tagalog) und sein Hiwi (Konrad) über die bevorstehenden Reinigungsarbeiten. Ich verstand nur Bahnhof und beschloss, mich noch mal hinzulegen.
    Ich döste gerade wieder ein, als das infernalische Röhren des Staubsaugers erklang. Ich steckte den Kopf unters Kissen, meinte aber doch zu hören, dass der Lärm immer näher kam.
    Eine Minute später öffnete Tagalog ungeniert die Schlafzimmertür und saugte zielstrebig auf mein Bett zu. Ich lugte unter dem Kissen hervor. Tagalog würdigte mich keines Blickes. Stattdessen krabbelte sie– sie ist sehr klein, maximal eins vierzig– unters Bett und beförderte, sehr zu meinem Unwohlsein, einige getragene und komplett eingestaubte Schlüpfer, eine verloren geglaubte Socke, einen Buchumschlag, eine Handvoll Erdnüsse, drei Haargummis und eine Gabel mit Resten von eingetrockneter Lasagne ans Tageslicht. Selbst über das enervierende Saugen hinweg konnte ich ein deutliches » Tstststs!« vernehmen. Das war international verständlich.
    Ich klaubte die Fundstücke zusammen und beschloss, dass ich auch später würde weiterschlafen können, wenn das Bodenpersonal weg war und ich meine heilige Ruhe wiederhatte.
    Doch Tagalog ging nicht weg.
    Tagalog blieb, und zwar fast den ganzen Tag. Ich hätte mich ja tatsächlich gefreut, wenn sie » nur« geputzt hätte, aber » nur« putzen scheint es in Indonesien, Vietnam oder Kambodscha, weiß der Kuckuck, wo die Alte herkommt, nicht zu geben.
    Tagalog putzte nicht einfach, sie unterzog meine Wohnung einer Generalüberholung. Die letzte war ja auch ein paar Monate her, Günther sei Dank. Sie wienerte die Dielen, schrubbte die Badewanne, polierte die Armaturen, reinigte die Fugen und war sogar kurz davor, sich am Kühlschrank zu verausgaben, was ich aber beherzt zu verhindern wusste.
    » Nein!«, rief ich beinahe panisch, als ich sah, dass sie nach der Tür zum Eisfach griff.
    » Bakit?«, kauderwelschte Tagalog.
    » Nein, nix Bakit! Kühlschrank!«, sagte ich, mich an meinen Lehrauftrag erinnernd.
    » ’üllrann?«, versuchte es der Hauself.
    » Der Kühlschrank ist mein Revier!«
    » Babae na ito ay mabaliw.« Das heißt: » Diese Frau ist verrückt«, ich hab’s gegoogelt, ich weiß aber nicht, ob Tagalog das wirklich gesagt hat. Ich habe in den Übersetzer einfach die Lautschrift eingegeben und das kam dabei raus. Außerdem schüttelte Tagalog, während sie mir den Sprachbrei vor die Füße warf, den Kopf und sah mich geringschätzig an. Muss also stimmen.
    Blöde Kuh.
    Den Rest des Tages gingen Tagalog und ich uns aus dem Weg. Ich versuchte, mich vollkommen unbeeindruckt ob ihrer reinigungstechnischen Fähigkeiten zu zeigen. Sie versuchte, mich großräumig zu umputzen, was bedeutete, dass sie die Stelle, auf der ich gerade noch saß, stand oder lag, erst einkreiste, und sich dann, sowie ich sie verließ, daraufstürzte und mit Staubsauger, Reinigungsmittel und Glitzischwamm bearbeitete. Kurz: Ich kam mir vor wie ein hochepidemisches Bakterium, dem die menschgewordene Sagrotanflasche immer gefährlicher auf die Pelle rückte.
    Am Mittwoch kam Tagalog wieder. Um Punkt acht klingelte sie mich aus dem Bett und fing direkt mit dem Fensterputzen an. Weil sie dabei anscheinend tonnenweise Wasser aus der Küche abzapfte, duschte ich wechselwarm. Meine Laune sank mit der Wassertemperatur.
    Als ich mit grimmiger Miene aus dem Badezimmer stapfte, hinterließ ich mit ein bisschen Absicht eine nasse Spur auf dem Fußboden. Tagalog kam, sah und feudelte leise in ihrer Geheimsprache fluchend hinter mir her. Ich kam mir vor wie einer dieser Sextouristen, der sich eine Frau aus Thailand mitgebracht hatte. Oder im Katalog bestellt. Oder bei Bauer sucht

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