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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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abgezirkelten Bewegungen
stand sie auf, die Decke um sich gerafft. Cool, überlegen. »Es musste
ja irgendwann mal rauskommen«, sagte sie mit wohltönender, gekonnt
artikulierter Stimme. »Tut mir Leid für Sie. Aber Sie sind nicht gut
für Heiner.«
    Jetzt erst bemerkte Tamara, dass Heiner auf dem Fußboden lag.
Sie riss erschrocken die Augen auf und ließ die Decke fallen.
    Der Teil von Floras Verstand, der noch intakt war, überlegte,
dass die Brünette mit ihrer letzten Bemerkung wohl Recht hatte.
Anscheinend war sie wirklich nicht gut für Heiner, vor allem, wenn man
bedachte, dass sie ihn gerade mit einer Terpentinflasche ausgeknockt
hatte. Dem funktionierenden Teil ihres Verstandes fiel auch auf, wie
hübsch und geschmeidig Heiners Verhältnis anzusehen war. Und wie
schlank. Besonders um die Taille herum. Nicht der geringste Ansatz
eines Bauches war zu sehen.
    Der übrige, in Starre verfallene Teil von Floras Verstand
registrierte nur undeutlich, dass die Brünette zu Heiner stürzte, auf
die Knie fiel und ihn heftig schüttelte. »Heiner?«, rief sie. »Heiner,
Liebling! Was ist mit dir? Komm doch zu dir!« Sie verstärkte ihre
Bemühungen, rüttelte an seiner Schulter, gab ihm ein halbes Dutzend
klatschender Ohrfeigen. »Heiner! Sag doch was! Wach bitte auf!« Sie
beugte sich über ihn, legte ein Ohr auf seine Brust und horchte. Dann
starrte sie Heiner fassungslos an, blickte schließlich zu Flora auf und
schrie mit hysterisch überschnappender Stimme: »Er ist tot! Sie haben
ihn umgebracht!«
    Sekundenlang stand Flora da wie eine Statue, kreideweiß im
Gesicht. Dann drehte sie sich um und floh wie von Furien gehetzt aus
dem Raum.
    An diesem Morgen war Anton spät dran. Er
hatte den Wecker überhört, was kein Wunder war nach der viel zu kurzen
Nacht. Negativ auf seine Morgenfrische hatte sich außerdem ausgewirkt,
dass er in voller Montur geschlafen hatte. Und dass Tamara immer noch
nicht zurück war.
    Um zehn Uhr sollte der erste Gerichtstermin stattfinden, um
halb elf der zweite, um zehn Uhr fünfundvierzig der dritte, alles
Zivilsachen. Dabei war einkalkuliert, dass der zweite Termin pünktlich
stattfand und der dritte verspätet. Im umgekehrten Fall wäre die ganze
Zeitplanung im Eimer. Endlose Telefonate mit der Geschäftsstelle,
Vertagungsersuchen beim Richter oder kurzfristige
Unterbevollmächtigungen von Kollegen wären die Folgen, was die Kanzlei
und damit letztlich ihn eine Menge Geld kosten konnte.
    Zu allem Überfluss hatte er bei einem letzten Durchgehen der
Terminakten festgestellt, dass in einem Fall versäumt worden war, die
festgelegten Gerichtskostenvorschüsse für ein Sachverständigengutachten
einzuzahlen. Kein Wunder, dass Anton kein Gutachten in der Akte
gefunden hatte. Und heute war bereits der nächste Verhandlungstermin!
Er war in Beweisnot! Der Fall konnte verloren gehen, nur weil die
Einzahlung versäumt worden war!
    Kurz: Anton war gestresst. Wenn er es nicht sowieso schon
gewusst hätte – sein Magen machte es ihm mit regelmäßigen
Krämpfen anschaulich klar.
    Anton bremste vor einer roten Ampel und wühlte in seiner
Sakkotasche nach Tabletten. Fehlanzeige. Sofort reagierte sein Magen
mit einer heftigen Ausschüttung von Säure. Anton krümmte sich, fuhr
weiter und hielt bei der nächsten Apotheke. Unmöglich, diesen Tag ohne
Medikamente zu überstehen!
    Es war sozusagen das i-Tüpfelchen auf Antons Misere, dass er
nur noch zwei Mark im Portmonee hatte, wie er leider erst in der
Apotheke feststellte.
    Der Apotheker grapschte sofort die Tabletten von der Theke und
versteckte sie hinter seinem Rücken. Nein, leider nahm er keine
Visacard. Auch nicht American Express. Eurocard? Bedaure. Schecks? Nur
ab einem Mindestbetrag von fünfzig Mark. Aber auf der anderen
Straßenseite, genau gegenüber, gab es eine Bank mit einem
Geldautomaten. Wenn der Herr wollte, könnte er ja rasch …?
    Der Herr wollte. Der Herr musste nur noch schnell seine
Brieftasche mit den Bank- und Kreditkarten aus dem Wagen holen. Tapfer
gegen die reißenden Schmerzen in seinem Magen ankämpfend, wankte Anton
aus der Apotheke und zu seinem Wagen. Er riss seinen Aktenkoffer an
sich, in dem die Brieftasche steckte, und spurtete über die Straße zur
Bank. Der Automat war im offenen Eingangsbereich angebracht; Anton
legte den Koffer auf die rundumlaufende Theke, öffnete ihn, schob die
zusammengerollte Robe zur Seite, das Fülleretui, das Handy, die Akten,
das Notebook – wo zum Teufel war seine Brieftasche?

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