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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Ahern
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Weseley reichte mir das Tagebuch, und ich sprang auf der anderen Seite der Mauer ins Gras hinunter. Ein heftiger Schmerz schoss mir in beide Knöchel und die Beine hinauf, aber Weseley war dicht hinter mir, packte wieder meine Hand und zog mich weiter.
    So überquerten wir die Straße und erreichten das Torhaus. Keuchend rief ich nach Arthur und meiner Mum, doch es kam keine Antwort. Schweigend starrte das Haus uns an. Nur das Ticken der Großvateruhr in der Eingangshalle war zu hören, sonst herrschte Totenstille. Wir liefen treppauf, treppab, rissen Türen auf, schauten in jeden Winkel. Vorher hatte ich Angst gehabt, aber nun ergriff mich die nackte Panik. Das Tagebuch im Arm, setzte ich mich auf mein Bett, um nachzudenken. Ich wusste einfach nicht mehr weiter. Und dann, während ich das Tagebuch eng an mich drückte und mir wieder die Tränen kamen, wurde mir auf einmal etwas klar.
    Ich schlug das Tagebuch auf. Langsam, aber sicher begannen sich die verbrannten Seiten vor meinen Augen zu glätten, entfalteten sich, breiteten sich aus, und Worte erschienen, jedoch nicht mehr sauber geschwungen und in geraden Linien, sondern eckiges, chaotisches Gekritzel, in blinder Angst aufs Papier gebracht.
    »Weseley!«, rief ich.
    »Ja!«, antwortete er von unten.
    »Wir müssen los!«
    »Wohin denn?«, fragte er. »Wir sollten die Polizei rufen, findest du nicht auch? Wer war dieser Mann? Mein Gott, hast du sein Gesicht gesehen?« Ich hörte das Adrenalin in jedem seiner Worte.
    Rasch stand ich auf. Zu rasch. Das Blut sackte mir in die Beine, und mir wurde schwindlig. Vor meinen Augen erschienen schwarze Flecken. Aber ich versuchte trotzdem weiterzugehen, in der Hoffnung, dass alles gleich wieder in Ordnung war. So kam ich noch bis in den Korridor, stützte mich an der Wand ab und atmete möglichst ruhig und regelmäßig. In meiner Stirn pochte der Puls in einem irren Tempo, meine Haut fühlte sich heiß und trotzdem klamm an.
    »Tamara, was ist los?« Weiter hörte ich nichts mehr.
    Ich fühlte nur noch, wie mir das Buch aus der Hand glitt und mit einem dumpfen Krachen auf dem Boden landete. Danach wurde es dunkel um mich.
     
    Als ich aufwachte, sah ich vor mir ein Gemälde: Maria mit einem himmelblauen Schleier, die auf mich herablächelte, mir die geöffneten Hände entgegenstreckte, als wolle sie mir ein unsichtbares Geschenk überreichen und mir versprechen, dass alles gut werden würde. Nach und nach kam die Erinnerung zurück, und mir fiel wieder ein, was im Bungalow passiert war. Mit einem Ruck setzte ich mich auf. Mein Kopf fühlte sich an wie in einer Schraubzwinge.
    »Autsch!«, ächzte ich.
    »Psst, Tamara, du musst dich hinlegen. Schön langsam«, sagte Schwester Ignatius leise, nahm meine Hand und drückte mich an der Schulter sanft wieder auf mein Kissen.
    »Mein Kopf«, krächzte ich, während ich mich zurücksinken ließ und den Anblick ihres Gesichts in mich aufnahm.
    »Du hast eine ziemlich schlimme Beule abgekriegt«, sagte sie, nahm einen Lappen, tunkte ihn in eine Schale und tupfte damit die Haut über meinem Auge ab.
    Es brannte wie Feuer, und ich verkrampfte mich sofort wieder.
    »Weseley?«, fragte ich, plötzlich voller Angst, und schob Schwester Ignatius’ Hand weg. »Wo ist er?«
    »Bei Schwester Conceptua. Es geht ihm gut. Er hat dich den ganzen Weg hierhergeschleppt«, erklärte sie lächelnd.
    »Tamara«, hörte ich in diesem Moment eine andere Stimme, und dann kam Mum hereingestürzt und kniete sich neben mein Bett. Sie sah ganz anders aus. Unter anderem war sie richtig angezogen. Außerdem hatte sie die Haare zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Ihr Gesicht war schmaler geworden, und ihre Augen … sie waren zwar ein bisschen rot und geschwollen, als hätte sie geweint, aber sie hatten wieder Leben in sich. »Wie geht es dir?«, wollte sie wissen.
    Ich konnte nicht fassen, dass sie einfach so herumlief und nicht mehr schlapp im Bett lag, deshalb starrte ich sie zunächst nur stumm an, beobachtete sie und wartete darauf, dass sie wieder in Trance verfiel. Aber stattdessen beugte sie sich über mich und küsste mich auf die Stirn, so fest, dass es fast weh tat. Dann fuhr sie mir vorsichtig mit der Hand durch die Haare und küsste mich noch einmal. »Es tut mir so leid«, sagte sie leise.
    »Autsch.« Ich zuckte zusammen, als sie meine Beule berührte.
    »Oh, Liebes, entschuldige.« Sofort nahm sie die Hand weg und wich ein Stück zurück, um die Beule genauer in Augenschein zu nehmen. Ihr

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