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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Ahern
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wütender. Wahrscheinlich sah ich ziemlich mitgenommen aus, denn er stürzte sich ohne Zögern auf Laurie, schubste ihn gegen die Wand und legte ihm die Hände um den Hals.
    »Was haben Sie mit ihr gemacht?«, knurrte er.
    »Lass ihn«, hörte ich mich heiser flüstern. Meine Stimme wollte mir nicht gehorchen.
    »Tamara, mach, dass du hier rauskommst«, befahl Weseley. Sein Gesicht war puterrot, im Nacken traten vor Anstrengung die Sehnen hervor.
    Ich weiß nicht, wie, aber auf einmal kam ich wieder auf die Beine, packte das Tagebuch, zwang mich, das Zimmer zu durchqueren, und schaffte es sogar, eine Hand beschwichtigend auf die von Weseley zu legen. Tatsächlich ließ er Laurie los, ergriff stattdessen meinen Arm und zog mich aus dem Zimmer. Dann drehte er sich noch einmal um und schubste Laurie in den Raum zurück, schloss die Tür ab und steckte den Schlüssel in die Tasche, ohne auf die Rufe des Eingeschlossenen zu achten.

Kapitel 23
    Brotkrumen
    Gerade als ich das Ende des Seitenwegs am Haus erreichte und um die Ecke biegen wollte, fing Rosaleen mich ab. Offensichtlich hatte sie das Haus durch die Vordertür verlassen. Sie erwischte meinen Arm, und ihre Nägel gruben sich tief in meine Haut. Ich schrie laut auf vor Schmerz, konnte mich aber wieder losmachen.
    »Komm, schnell!«, rief Weseley, drehte sich um, und ich rannte ihm nach.
    Doch ich war noch nicht weit gekommen, da wurde ich nach hinten gerissen, und ein heftiger Schmerz fuhr mir in den Hals – Rosaleen hatte mich an den Haaren gepackt und versuchte mich zurückzuzerren. Verzweifelt holte ich aus und versetzte ihr mit dem Ellbogen einen solchen Schlag in den Magen, dass sie mich sofort wieder freigab, und obwohl sie mir so übel mitgespielt hatte, bekam ich ein schlechtes Gewissen. Ich blieb stehen, um mich zu vergewissern, dass ich sie nicht allzu schlimm verletzt hatte. Sie krümmte sich und schnappte nach Luft.
    »Komm endlich, Tamara!«, rief Weseley.
    Aber ich konnte nicht. Dieser Kampf war doch lächerlich. Ich verstand nicht, weshalb wir stritten und was Rosaleen so wütend auf mich machte. Ich musste nachschauen, ob mit ihr alles in Ordnung war. Doch als ich mich ihr näherte, blickte sie auf, hob den rechten Arm und versetzte mir eine schallende Ohrfeige, von der mir noch lange danach das Gesicht brannte. Jetzt hatte Weseley genug, packte mich wieder am Arm, und ich hatte keine andere Wahl als mitzukommen.
    Wir liefen durch den Garten, an der Werkstatt vorbei, und erst als wir auf der Wiese waren, merkte ich, wie stark der Wind inzwischen geworden war. Meine Haare wehten mir ins Gesicht, in Mund und Augen. Ich konnte nichts dagegen unternehmen, denn Weseley hielt meine Hand fest, und die andere brauchte ich, um einigermaßen in Balance zu bleiben. Dicht nebeneinander rannten wir über die Wiese, über der die Mobiles im Wind hin und her schwangen, vor und zurück, in unberechenbarem Rhythmus, so dass es auch mit unbehinderter Sicht schwer abzuschätzen war, in welchem Moment wir unbeschadet an Spitzen und scharfen Kanten vorbeilaufen konnten.
    Aber ich hielt Weseleys Hand eng umklammert, und ich weiß noch, dass ich im Kopf dauernd wiederholte: »Lass nicht los, lass nicht los.« Immer wieder wandte er sich um, als wollte er sich vergewissern, dass ich noch da war – obwohl er meine Hand so fest im Griff hatte, dass er mir fast die Finger zerquetschte. Ich sah die Angst in seinem Gesicht, die Panik in seinen Augen, doch er ließ mich nicht im Stich, und ich war plötzlich unendlich dankbar, so einen Freund gefunden zu haben. Dann mussten wir stehen bleiben, denn wir hatten die Mauer am Ende des Gartens erreicht. Weseley sah sich nach einer Möglichkeit um, wie wir drüberklettern konnten, ich hielt Ausschau nach Rosaleen. Die Kratzer auf meinen Armen und meinem Gesicht brannten höllisch im kalten Wind. Es dauerte nicht lange, da tauchte Rosaleen neben dem Schuppen auf, und ich sah, wie sie den Garten mit den Augen nach uns absuchte. Unsere Blicke trafen sich. Dann rannte sie los, direkt auf uns zu.
    Inzwischen hatte Weseley ein paar herumstehende Kisten und Backsteine aufeinandergestapelt, so dass er mit den Händen die Mauerkante erreichen konnte.
    »Schnell, Tamara, ich heb dich rauf.«
    Ich legte das Tagebuch ab, er fasste mich um die Taille und stemmte mich hoch. Dann hievte ich mich mit aller Kraft nach oben, und obwohl meine nackten Ellbogen und meine Knie gnadenlos über den Stein schrappten, hatte ich es endlich geschafft.

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