Ich sehe dein Geheimnis
Plastikschale über meinem Salat verteilte und das Gespräch in eine andere Richtung lenkte. »Was gibt es sonst Neues über den Fall?«
»Wir haben herausgefunden, dass es vor dem Yummy’s eine Überwachungskamera gibt. Sie ist an der Ecke des Gebäudes angebracht, damit man sieht, was auf dem Parkplatz vor sich geht.«
Ich verschluckte mich beinahe an einem Salatblatt. Auf dem Video müsste zu sehen sein, wie Perry und Vicki gemeinsam wegfuhren. »Ach wirklich?«
»Sie wurde schon vor Jahren angebracht, weil einige Leute illegalerweise den hiesigen Müllcontainer benutzten. Aber sie wurde nie erneuert. Das Ding ist ein echter Dinosaurier: Es läuft noch mit VHS -Kassetten.« Er schüttelte den Kopf angesichts dieser technischen Rückständigkeit. »Der Chef wechselt täglich das Band und hebt die Kassetten eine Woche lang auf. Das Band von jener Nacht hat er natürlich nicht. Das Büro wird weder abgeschlossen noch anderweitig geschützt, und deshalb weiß er nicht einmal, ob die Kassette gestohlen oder bloß verlegt wurde.«
»So ein Mist«, sagte ich halbherzig.
Er nickte kauend. »Aber wir haben herausgefunden, wer das Zimmer über dem des Opfers gemietet hat. Hast du jemals von einem Kerl namens William Rawlinson gehört?«
»Billy?« Warum überraschte mich das nicht? An Billy Rawlinson hatte ich seit der Begegnung im Supe rmarkt nicht mehr gedacht, aber allein der Name dieses Idioten genügte, um mir den Appetit zu verderben.
Gabriel nickte. »Ich dachte mir, dass du ihn kennst. Der Manager des Motels meinte, er sei hier aus der Stadt und ein kleiner Unruhestifter.«
»Billy und sein bester Freund sind Idioten. Ich kann es kaum fassen, dass sie letztes Jahr ihren Schulabschluss geschafft haben. Was hat der Manager noch über ihn erzählt?«
»Er hat das Zimmer für den ganzen Sommer gemietet und vor Kurzem als Hausmeister in dem Motel angefangen.«
»Wie schön, dass er wenigstens seinen Eltern nicht auf der Tasche liegt. Ich hätte gedacht, er wohnt zu Hause, bis er vierzig ist.«
»Du klingst nicht gerade, als wärst du ein großer Fan von ihm.«
»Lass es mich so ausdrücken: Es erstaunt mich nicht, dass er ein Loch in den Boden gebohrt hat, damit er beobachten kann, was im Bett darunter passiert.«
»Glaubst du, er hat das Loch deswegen gebohrt?«
»Ja, er ist pervers. Warum hätte er es sonst tun sollen?« Ich hielt inne. »Moment – hältst du ihn für einen Verdächtigen?«
»Glaubst du, er wäre nicht fähig, jemanden zu töten?«
Ich dachte nach. Ich kannte diesen Typen seit dem Kindergarten. Ich hasste ihn, aber dennoch … »Ich weiß nicht. Natürlich ist er aggressiv. Aber ein Mörder? Wahrscheinlich ist alles möglich.«
Dann wurde mir klar, dass Billy Perry in jener Nacht in dem Motelzimmer gesehen … und es der Polizei verraten haben könnte. »Was hatte er zu dem Loch zu sagen? War er in jener Nacht in seinem Zimmer? Hat er jemanden mit dem Opfer gesehen?«, fragte ich und meine Stimme klang nervös.
Gabriels dunkle Augen musterten mich eingehend. »Verschweigst du mir etwas?«
»Natürlich nicht.« Ich legte die Hände in den Schoß.
Gabriel sah mich noch einen Augenblick an. »Die Polizei würde Billy gerne all diese Fragen stellen, aber leider ist er nirgends zu finden. Der Manager des Motels hat ihn zuletzt Samstagmorgen gesehen, als er eine kaputte Klimaanlage reparierte.«
»Und der Mord geschah Samstagnacht. Seitdem hat ihn niemand gesehen?«
»Die Polizei hat im Motel und bei seinen Eltern nachgefragt. Niemand hat ihn gesehen.«
»Ihr müsst einen Kerl namens Frankie Creedon finden, dann habt ihr auch Billy. Die beiden teilen sich ein Gehirn. Keiner kann ohne den anderen überleben.«
Gabriel holte einen zusammengefalteten Zettel aus seiner Tasche. »Wie wäre es heute Abend hiermit?«
Er schob den Zettel zu mir herüber. Ich faltete ihn auseinander. Es war ein Flyer, der für das Feuerwerk heute Abend warb.
DAS FEUERWERKSSPEKTAKEL AM STRAND VON EASTPORT
jährt sich zum 30. Mal!
Ein festlicher Abend mit Musik, Spielen, Essen und natürlich mit Feuerwerk erwartet Sie!
»Hattest du vor, hinzugehen?«, fragte Gabriel.
»Da geht jedes Jahr fast die ganze Stadt hin.«
»Es ist also möglich, dass diese beiden Kerle auch dort sind?«
»Klar.«
»Dann lass uns hingehen.«
Ich zögerte. »Zusammen?«
»Hast du damit ein Problem?«
Fing er womöglich doch an, mich zu mögen? Vielleicht hatte er seine Meinung geändert. Oder er brauchte mich nur, um
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