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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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Sara. »Marie meint es nicht so. Mir hat es bei dem ersten Treffen geholfen, dass Valeska Fragen gestellt hat.«
    »Nicht nötig, ich bin nur etwas nervös«, sagte Sara sofort. Bloß keine Fragen. »Ronnie, also mein Mann … Also Ronnie und ich, wir … wir streiten sehr viel.«
    Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Marie die Stirn runzelte.
    »Ronnie lässt kein gutes Haar an mir.« Ihre Stimme wurde fester. »Egal, was ich tue. Ich versuche, es zu ignorieren, aber das gelingt nicht immer, dann fühl ich mich total verunsichert. So als wäre ich völlig unfähig. Ja, und wenn ich mich dagegen wehre, haben wir sofort einen Riesenkrach.«
    »Kannst du uns ein Beispiel geben?« Valeskas Stimme war zugleich sanft und bestimmt, und ihre Frage war mehr als eine Bitte.
    Sie musste nicht lange nachdenken und erzählte, was passiert war, als sie vor einer Stunde die Wohnung verlassen hatte. Eine Szene, schon zigmal erlebt: Er musterte sie von oben bis unten, fragte, als sei es ein Scherz: »So willst du aus dem Haus gehen?« Schon war sie unsicher. Die Stiefel, der kurze Rock. »Bisschen nuttig«, sagte er, »findest du nicht? Aber ich bin ja der, der keinen Geschmack hat. Klar.« Beim Erzählen kochte der Zorn wieder in ihr hoch. Sie registrierte die Blicke der Frauen, wie sie von ihren flachen Stiefeln über die schokoladenfarbene Strumpfhose zu ihrem braunen Minirock mit Schottenkaro hochwanderten und dann auf ihrem beigen Wollpullover verweilten.
    »Du hast dich aber nicht umgezogen«, sagte Petra.
    »Bloß, weil ich keine Zeit mehr hatte.«
    Maren hob ermunternd den Daumen. »Lass dir nichts einreden. Du siehst echt klasse aus in dem Outfit.«
    Suphie tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. »Er will dir nur den Spaß verderben. Dich verunsichern. Verstehst du? So kontrolliert er dich. Deine Gedanken, deine Gefühle.«
    Ja, dachte Sara. So fühlt es sich an. »Ich glaube gar nicht mal, dass er das bewusst macht. Also, dass er mich bewusst verunsichern will …«
    »Wir hatten mal so was Ähnliches.« Suphie schaute sich im Kreis um. »Erinnert ihr euch noch, als wir uns Situationen ausdenken sollten? Das Szenario von Christina mit der Strumpfhose und Pippi Langstrumpf. Das war doch unsere Schlussfolgerung, oder?«
    Christina? Strumpfhose? Pippi Langstrumpf? Sara spürte einen heißen Knoten in ihrem Bauch, dessen Hitze in ihren ganzen Körper ausstrahlte. Das war ihre Geschichte. Christina hatte sie benutzt, ohne ihr Wissen. Wie kam sie dazu? Sie wollte nicht hören, wie diese fremden Frauen sich über ihre Geschichte unterhielten.
    »Also, das mit den Stiefeln war jetzt nur ein Beispiel«, warf sie rasch ein, nur um irgendwas zu sagen. »So was in der Art passiert natürlich öfters. Ich … ich finde es immer besonders schlimm, wenn unser Sohn dabei in die Schusslinie gerät. Wenn er zum Beispiel vor Jonas sagt, ich sei eine schlechte Mutter, die nicht kochen kann. Oder eine Verrückte, der ihr Hobby wichtiger ist als ihr Kind.«
    Mist, dachte sie. Das hatte sie eigentlich nicht erzählen wollen.
    Sie presste die Lippen fest aufeinander, lehnte sich zurück und schaute in die Runde. In den Augen der Frauen lag kein Mitleid, sondern Mitgefühl. Jede von ihnen wusste, wovon sie sprach, jede hatte etwas in der Art erlebt, die meisten sicherlich viel Schlimmeres. Selbst Maries Miene war jetzt versöhnlich. Trotzdem fühlte Sara sich unwohl. Sie war nicht wegen Ronnie hier, sondern wegen Tini. Und sie war nicht ehrlich zu den Frauen, die so viel Interesse und Anteil an ihr zeigten.
    »Vielen Dank, Sara«, sagte Valeska. »Möchtest du dein Problem mit uns besprechen?«
    Sara schüttelte den Kopf. »Darf ich einfach zuhören?«
    Erwartungsvolle Stille kehrte ein.
    »Haben sie es wirklich getan?«, brach Suphie das gespannte Schweigen. »So wie in der Folterkammer?«
    Valeska nickte. »Kathi hat ein Geständnis abgelegt und was Christina angeht –«
    »Dass Christina den Mumm hat, okay, aber Kathi?« Maren schüttelte ungläubig den Kopf. Diese Bemerkung traf Sara wie ein Stromschlag. Sie hoffte, dass die anderen ihr die Aufregung nicht anmerkten.
    »Darf ich fragen, um was es geht?«, fragte sie so beiläufig wie möglich und wich Valeskas Blick aus.
    »Oh. Natürlich. Du kannst das ja nicht wissen.« Suphie sah Sara ernst an. »Du hast sicher von den Familientragödien gehört.«
    Sara nickte.
    »Die Frauen der Opfer gehören beide zu uns. Und sie haben beide die Folterkammer benutzt.«
    »Folterkammer? Was ist

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