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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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vertragen.«
    Ehe sie sich versah, hielt Marie ihr schon das Päckchen einer Billigmarke hin.
    »Nimm schon«, bellte sie. »Oder sind dir die nicht gut genug?«
    »Doch, doch. Die kenne ich. Die sind super.« Sara zog eine Zigarette aus der Schachtel. Schon flammte Maries Feuerzeug vor ihr auf und sengte ihr fast die Haare an. Heiß und schwer kratzte der Rauch in ihrer Lunge. Sie musste husten. »Puh, ganz schön … stark.«
    »Du bist doch nicht etwa so ’ne Marlboro-Light-Tussi? Kann ich nämlich gar nicht ab.«
    »Nee, die passen. Wirklich.«
    Marie grinste. Valeska zeigte nun auf eine Frau im Hosenanzug mit aschblondem Dutt. »Das ist Petra. Sie ist von allen hier am längsten dabei. Stimmt’s? Vor drei Monaten hat sie den Durchbruch geschafft und sich nach, warte … siebenundzwanzig Jahren Ehe von ihrem Mann getrennt. Sie ist einen unglaublichen Weg gegangen. Wir alle sind sehr stolz auf sie und freuen uns, dass sie trotzdem weiterhin kommt, uns Mut macht und uns an ihren neuen Erfahrungen teilhaben lässt.«
    Petras Gesicht zeigte keine Regung, nur die Hände, die auf der Bügelfalte ihres Hosenanzugs lagen, zuckten leicht.
    »Suphie kennst du vielleicht aus dem türkischen Gemüsemarkt am Eck. Der gehört ihrem Mann.« Valeska warf der hübschen Schwarzhaarigen ein Lächeln zu. »Leider denkt er, dass auch Suphie ihm gehört und er mit ihr beliebig umspringen kann. Dass Suphie überhaupt kommen und wenigstens hier sie selbst sein darf, ist nur einem Gerichtsbeschluss zu verdanken. Das war eine der Auflagen nach Suphies letztem Krankenhausaufenthalt.«
    Suphie warf ihre langen Haare über den Tschador, der wie ein Schal auf ihren Schultern lag, und grinste. Weiter ging es mit einer unnatürlich bleichen Frau in einem vornehmen Kostüm. Da sie gebeugt und krumm dasaß und die Arme über dem Bauch verschränkt hatte, spannte die Jacke an den Schultern. »Das ist Anja. Sie begleitet uns erst seit ein paar Wochen, aber sie hat in der Zeit unglaubliche Fortschritte gemacht.« Valeska neigte sich Anja zu. »Ist mit dir alles in Ordnung? Du sitzt so krumm da.«
    Anja lächelte verlegen und wechselte die Position. Valeska deutete auf eine kräftige Frau, die ins Leere starrte. »Das ist Ingrid. Sie kam mit Kathi in die Gruppe, über Dr. Rosen, auch nach einem Selbstmordversuch. Derzeit sind ihre Kinder bei Pflegefamilien untergebracht, und wir arbeiten ganz fest daran, dass sie bald wieder zurückdürfen. Nicht wahr, Ingrid?«
    Valeskas Stimme war ganz sanft, doch Ingrid reagierte nicht. »Und dann haben wir noch Maren, unser Nesthäkchen.«
    Maren, ein rothaariges Mädchen im Ethnolook, nahm eine Hand von ihrer überdimensionierten Stofftasche und winkte Sara zaghaft zu.
    »Heute liegt der Fokus auf Maren«, fuhr Valeska fort. »Das heißt, wir befassen uns heute vorwiegend mit ihren Ängsten und Zweifeln und überlegen uns gemeinsam, wie wir sie stärken können.«
    Valeska ließ ihren Blick abschließend über die Runde wandern und nickte zufrieden.
    »Und, was bringt dich hierher?« Marie zündete sich eine neue Zigarette an und blies den Rauch in Kringeln in die Luft.
    Sara wurde heiß. Was sollte sie sagen? »Ich … ich wollte mal reinschnuppern.«
    »Reinschnuppern. Soso.«
    »Ich hab von der Gruppe gelesen …« Sie wedelte mit dem zerknickten Programmheft.
    »Wir haben hier Regeln«, unterbrach Marie sie ungeduldig. »Wenn du das Programm wirklich gelesen hast, solltest du das wissen.«
    Sara schaute Hilfe suchend zu Valeska, die ihr aufmunternd zunickte. »Marie hat Recht. In der Gruppe muss sich jeder öffnen. Auch du. Wenn du das nicht möchtest, musst du jetzt leider gehen.«
    Sara spürte, wie die Röte ihr in den Kopf schoss . Sich öffnen? Davon war nie die Rede gewesen! Ihre Füße krallten sich in die Sohlen ihrer Stiefel, und sie sah, wie sich die Konturen ihrer Zehen durch das weiche Leder drückten. Fieberhaft überlegte sie, wie sie darauf reagieren sollte. Sie konnte diese Chance, etwas über die Folterkammer zu erfahren, nicht sausen lassen – schließlich ging es um Tini. Sie musste das Vertrauen der anderen gewinnen.
    Marie beugte sich nach vorne, die Zigarette lose zwischen den Lippen und fixierte Sara.
    »Nur nicht so schüchtern. Wir beißen schon nicht.«
    »Mensch Marie, hör auf. Lass Sara doch erst warm werden mit uns. Ist ja auch nicht so leicht, sich vor Fremden zu öffnen.« Suphie schüttelte den Kopf, sichtlich verärgert über Maries fordernde Art. Sie wandte sich zu

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