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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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Nichts geschah.
    Mit klopfendem Herzen hastete sie zum nächsten Schalter und drückte ihn. Nichts. Immer wieder presste sie ihre Finger auf den runden Knopf. Es blieb dunkel. Mit der Hand auf dem Schalter stand sie im Gang und lauschte auf die Geräusche des Hauses. Hier ein Knacksen, da ein Fernseher, eine Spülung, die das Wasser durch die alten Rohre rauschen ließ.
    Alles war gut.
    Das Knarzen der Stufen traf sie wie ein Knüppelschlag. Wie elektrisiert raste sie den Gang entlang, stieß die Tür auf und warf sie hinter sich ins Schloss. Keuchend lehnte sie sich dagegen. Wer ist auf der Treppe? Was ist mit dem Licht? Eben hat es noch funktioniert! Sie drehte den Schlüssel zitternd zweimal im Schloss.
    Komm schon, mach wieder auf! Ohne die Wohnungstür aus den Augen zu lassen, ging sie rückwärts zur Garderobe, zog ihr Handy aus der Manteltasche und rief Michaels Nummer auf. Er musste sie abholen kommen, es half nichts. Sie würde auf keinen Fall den dunklen Flur betreten – nicht allein.
    »Mist!« Seine Mailbox meldete sich. Sie legte auf. Dann, nach einem kurzen Zögern, wickelte sie ihren Schal zweimal um den Hals, verknotete die Enden und verstaute sie im Mantelkragen. Sie öffnete die Balkontür, trat hinaus und zog sie sorgfältig hinter sich zu. Die Innenhofbeleuchtung verströmte ein gleichmäßiges Licht, hell genug, um ihr den Weg über die Balkongeländer zu weisen. Geschickt schwang sie ihre Beine über das Geländer, hielt sich mit einer Hand am Rahmen an der Wand und mit der anderen am Geländer fest und ließ sich auf das Balkongeländer der unter ihr liegenden Wohnung herab.
    Kaum zwei Minuten später stand sie vor dem Fahrradständer. Sie durchquerte den Hof und verließ ihn über den Fußweg zwischen Vorder- und Hinterhaus, der in die Zufahrt zu den Garagen mündete. Mit einem Mal hatte sie das Gefühl, hinter ihr bewege sich ein Schatten. Sie wagte nicht, sich umzudrehen, ging geradeaus weiter, beschleunigte ihren Schritt, und rannte die letzten Meter zur Straße.
    Der belebte Gehweg vermittelte ihr sofort ein Gefühl der Sicherheit, wie immer zogen Menschen an ihrem Haus vorbei, auf dem Weg zur U-Bahn oder in eine der Kneipen in den umliegenden Straßen. Wieder einmal merkte sie, wie sie dieses Viertel mochte, in dem das Leben pulsierte und doch die Anwohner von lärmender Aufdringlichkeit verschont blieben. Sie bog in die Nymphenburger Straße ein und marschierte zügig die von Läden und Restaurants gesäumte Straße entlang. Das Restaurant, in dem sie sich mit Michael verabredet hatte, lag an dem ruhigen Ende der Straße, genau an der Gabelung zur Romanstraße und gegenüber vom Grünwaldpark, der sich von hier bis zum Kanal erstreckte. Sie hatte es bewusst gewählt, da sie ungestört über die Ereignisse des Tages reden wollte und die Wahrscheinlichkeit sehr gering war, dort Bekannten zu begegnen, denen sie erklären müsste, wer der fremde Mann an ihrer Seite war. Sie überquerte die Straße und lief die letzten Meter zum Eingang des Restaurants.
    Die Tür war verschlossen. Auf einem Schild an der Eingangstür unterhalb der angezeigten Kreditkarten las sie Dienstag Ruhetag . Unschlüssig blieb sie vor dem leeren Restaurant stehen. Sie sah auf die Uhr. In spätestens fünf Minuten würde Michael hier sein. Sollte sie ihn anrufen, umbestellen und zum Rotkreuzplatz vorlaufen? Wieder zurück in die Sicherheit der belebten Gehwege? Nein, dort gab es überhaupt keine Parkplätze. Er kam mit dem Auto, sie konnten gemeinsam woanders hin fahren. Ihre Finger ertasteten ein Stück Papier in der Manteltasche und zogen es heraus. Automatisch begann sie es zu falten.
    Ein Käuzchen schrie. Ängstlich blickte sie sich um. Die Bäume des Grünwaldparks auf der anderen Straßenseite streckten ihre kahlen Äste bedrohlich nach ihr aus. Fast schien es, als ob sich hinter den Bäumen jemand bewegte. Ein Schauer überlief sie. Sie stellte sich unter die Straßenlampe und behielt die furchterregenden Bäume genau im Blick. Vielleicht sollte sie Michael doch umbestellen und zurückgehen. Ihr Handy läutete. Sie zog es aus der Tasche.

57
    Geh weiter, Sara, was zögerst du? Spürst du, dass ich auf dich warte? Oder warum siehst du dich so oft um?
    Er duckte sich hinter dem geparkten Auto, das ihm als Versteck diente, und beobachtete, wie Sara auf die Straßenlaterne zuging, sich darunter stellte und ihre Hand in die Manteltasche steckte. Er drückte den rechten Ringfinger gegen seinen Handballen.
    Geh

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