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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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ihre Rechte informieren und Jonas ganz normal von der Schule abholen. Sie würde so handeln, wie Ronnie es nicht von ihr erwartete: überlegt und rational.
    Mit erhobenem Kopf kehrte sie zur Küche zurück, zog ihren Mantel aus und setzte sich. Müde. Das monotone Tick-Tack der Uhr lullte sie ein, kehrte alle Gedanken aus ihrem Kopf, während sie den Weihnachtsstern in der Mitte des Tischs fixierte.
    Das Läuten der Klingel schreckte sie auf. Ronnie? Sie lief zur Tür.
    »Hallo?«, rief sie in die Gegensprechanlage.
    »Postwurfsendung.« Die Männerstimme klang bestimmt. Mit einem Knopfdruck entriegelte sie die Eingangstür. Der ist aber spät unterwegs, dachte sie, schmiss sich im Wohnzimmer auf die Couch und schaltete den Fernseher an. Sofort füllte das Lachen eines Moderators die Leere des Raums und gab ihr die Illusion, nicht allein zu sein. Sie nahm das große, beigefarbene Kissen, an das sich Jonas immer kuschelte, und sog seinen Duft ein. Das Kissen fest an sich gepresst, schloss sie die Lider.
    Da stand er vor ihr, in seinem zu großen Harry-Potter-Pyjama, und bettelte sie an. »Bitte Mami, nur fünf Minuten. Ich versprech dir, dann geh ich sooofort ins Bett.«
    »Schnuffelino, wir haben doch eben eine Gute-Nacht-Geschichte gelesen.«
    »Bitte Mami, nur fünf Minuten. Bitte, bitte!« Die großen Kinderaugen ließen ihren Vorsatz, etwas strenger zu sein, schmelzen.
    »Na gut, fünf Minuten. Was hast du denn rausgesucht?«
    »Liest du mir die Folterkammermorde vor?« Seine Stimme rutschte plötzlich zwei Oktaven tiefer, das Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Fratze, verwandelte sich dann in den jungen Mann mit der Lederjacke aus der U-Bahn.
    »Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt sich«, raunzte er und entblößte ein gelbliches Gebiss, dessen Eckzähne zu wachsen schienen, bis sie wie bei einem Vampir drohend herausragten. »Hörst du’s? Hörst du, wie deine letzte Stunde schlägt?«
    Sie riss die Augen auf. Nur ein Traum!
    Warum hört das Klingeln nicht auf? Mein Handy!
    Sie sprang vom Sofa und rannte in die Küche, riss es aus der Manteltasche. »Hallo?«
    »Sara! Ist dir was passiert? Bist du in Ordnung?« Die Sorge in Michaels warmer Stimme traf sie unvorbereitet. Es schnürte ihr die Kehle zu, und bevor sie sich dagegen wehren konnte, fing sie an zu schluchzen.
    »Um Himmels willen! Was ist passiert? Hattest du einen Unfall? Ist etwas mit Jonas? Oder Ronnie? Ich habe diesen Knall auf deiner Nachricht gehört. Sara?«
    »Jonas … okay … Ronnie auch«, schniefte sie ins Telefon. Sie holte tief Luft und stieß sie mit kleinen Seufzern aus, um ihre Stimme wieder unter Kontrolle zu bekommen. »Aber das Auto ist kaputt, und Ronnie hat Jonas mitgenommen, und die Polizei verdächtigt mich jetzt auch, und Valeska ist verschwunden und …«
    »Stopp!« Seine Stimme war freundlich, aber bestimmt. »Sara, ich verstehe kein Wort! Bitte ganz langsam, noch mal von vorn. Was ist mit Jonas? Und was will die Polizei von dir?«
    Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen. »Ronnie hat Jonas zu seinen Eltern gebracht. Er sagt, er sei nicht sicher in meiner Nähe.«
    »Warum behauptet er das?«
    Sie wischte mit ihrem Ärmel die Tränen weg. »Ich weiß es nicht! Vielleicht, weil dieser König ihm erzählt hat, dass ich bei dir war und dir ein Alibi gegeben habe. Oder weil er diesen Eintrag gelesen hat … Du weißt schon, den mit dieser lächerlichen Morddrohung.«
    Michael schwieg.
    »So ein Idiot«, sagte er schließlich innbrünstig, und sie wusste nicht, ob er König oder Ronnie meinte. »Ist das alles? Ist sonst nichts passiert, das Ronnies Reaktion ausgelöst hat? Bitte denk nach.«
    Sara nahm ein Taschentuch aus der Packung und schnäuzte sich.
    »Das weiß ich eben nicht!« Sie warf das Taschentuch in den Müll. »Auf jeden Fall weiß er nichts von dem Verrückten im KulturLaden.«
    »KulturLaden?« Sie hörte, wie er nach Luft schnappte. »Sara! Du warst bei der Frauengruppe?«
    »Ja … nein! Ich wollte Valeska treffen, aber dann … Ist ja egal, auf jeden Fall bin ich seitdem total paranoid.« Sie zögerte, unsicher, ob sie ihm von ihren Ängsten erzählen sollte.
    »Paranoid? Wovor? Niemand weiß, wer du bist, oder ?«
    Sara biss sich auf die Lippe. »Naja, also nicht wirklich, aber als Edina kam, ist ihr rausgerutscht, dass ich Tinis Schwester bin.«
    »Sara!« Er stöhnte.
    »Ja. Ich weiß. Und der König hat Petra meinen Nachnamen gesagt. Aber nur ihr. Das ist echt blöd gelaufen. Und seitdem habe

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