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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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ihr nicht, sich zu erinnern. Es war zu dunkel gewesen und seine Mütze zu tief ins Gesicht gezogen, um ihn zu erkennen.
    Sie verließ die Küche und betrat einen spartanisch eingerichteten Wohnraum, der gleichzeitig als Schlaf- und Wohnzimmer diente. Das Bett stand in einer Ecke, halb von einem Paravent mit japanischen Schriftzeichen verdeckt. Links versetzt daneben ein Schaukelstuhl, mit einem Beistelltisch, der unter einem Stapel Bücher fast zusammenbrach. Kein Sofa, kein Esstisch oder Stühle, nichts, was auf mehrere Bewohner oder viel Besuch hindeutete.
    Der Schaukelstuhl war bequem. Sara schaukelte hin und her und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Dann schloss sie die Augen und lauschte auf die Geräusche um sich herum. Eine Wasserspülung, leiser Verkehrslärm, schnelle Schritte auf der knarzenden Treppe, jemand lief sie hoch und rannte den Gang entlang. Sara hielt den Atem an. Valeska? Wie sollte sie ihre Anwesenheit in der Wohnung erklären? Sie sprang aus dem Schaukelstuhl. Sie würde sagen, dass sie nur hier war, um ihr den Rucksack zu bringen.
    Die Schritte wurden langsamer. Schließlich verstummten sie ganz. Sara spitzte die Ohren, wartete auf das Drehen des Schlüssels, auf das Klappern der Tür, wenn Valeska merkte, dass der Riegel vorgelegt war. Sie hörte, wie die Tür im Appartement nebenan aufgeschlossen wurde.
    Glück gehabt. Zeit zu gehen. Sie atmete auf und ließ ihren Blick ein letztes Mal durch den Raum streifen. Er blieb an einer mit einem Tuch abgedeckten Kiste hängen. Sie stand auf dem Boden vor dem Bücherregal. Sara näherte sich neugierig und zog vorsichtig das Tuch weg. Mit einem Satz sprang sie zurück, ein entsetzter Schrei löste sich in ihrer Kehle. Die schwarze Mamba!
    Die giftige Schlange lag reglos in dem zu kleinen Terrarium. Mit zitternden Händen nestelte Sara ein Handy aus der Tasche.
    Doch Valeska.
    Wie man sich in einem Menschen täuschen konnte. Sie hatte Grossmann umgebracht. Hier lag der Beweis. Das müsste reichen, um Tini sofort aus der U-Haft zu holen. Sie wählte eine Nummer und wartete. Endlich meldete sich eine tiefe Stimme.
    »Peter Naumann.«
    »Peter, ich hab sie gefunden!« Sie wollte ins Telefon schreien, doch sie zwang sich zu einem Flüstern.
    »Hast du eine neue Handynummer?« Peter klang irritiert. »Ich habe deine Nummer nicht erkannt.«
    »Nein, das ist Jonas’ Handy, meines ist kaputt. Aber das ist doch jetzt unwichtig!« Sie bemühte sich, ihre Stimme zu dämpfen. »Ich hab sie gefunden!«
    »Ich weiß zwar nicht, von was du sprichst, aber ich habe auch gute Nachrichten. Zwei Uhr in der Nähe vom Ostbahnhof. Ich hab ein Treffen arrangiert. Ich sag dir, das war nicht einfach. Aber was tue ich nicht alles für dich …«
    »Ich hab die Mamba gefunden.«
    »Was?«
    Sara blickte wieder auf das Terrarium, in dem die Mamba gerade ihren Kopf hob. Automatisch wich sie einen Schritt zurück. Sie wusste, wie schnell und gefährlich diese Schlange war. Und das Terrarium war viel zu klein und nicht gesichert. Sie musste so schnell wie möglich aus dieser Wohnung und die Polizei benachrichtigen. »Du kannst das Treffen abblasen.«
    »Das geht nicht! Ich erwisch den nicht mehr. Wenn du da nicht auftauchst, hat der das letzte Mal mit mir einen Deal gemacht. Du musst hin. Stell ein paar Fragen, gib ihm die Kohle und hau wieder ab.«
    Mit einem Blick überprüfte Sara die Uhrzeit. Viertel nach neun. Da hatte sie noch genug Zeit.
    »Okay. Wo genau?«
    »Auf dem stillgelegten Industriegelände am Ostbahnhof. Dort steht ein grüner Bungalow. Warte dort. Er findet dich. Ich habe dich beschrieben. Du bist sicher, dass du die Mamba gefunden hast?«
    »Definitiv. Ich weiß doch, wie eine Mamba aussieht.« Langsam, das Terrarium immer im Auge, bewegte sie sich rückwärts zur Tür.
    »Wo?«
    »In einer Wohnung. Nicht gesichert. Da ist nicht mal ein Schloss an der Schiebetür vom Terrarium.«
    »Dann weißt du, was du zu tun hast. Wohnung sichern und raus.«
    »Ich weiß. Und … Danke. Du bist echt ein Freund.«
    »Immer gerne.« Dann fügte er ernst hinzu: »Pass auf dich auf.«
    »Versprochen.« Sie schloss die Wohnzimmertür hinter sich. Aus der Küche schleifte sie einen Stuhl in den Flur und platzierte ihn davor. Dann holte sie einen Zettel und Stift, schrieb groß Achtung Giftschlange – Nicht gesichert! darauf und legte ihn auf den Stuhl. Vier Schlüssel waren im Umlauf, hatte der Nachbar gesagt. Genaugenommen mussten es drei sein, sie hatte Valeskas

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