Ich sehe was, was du nicht siehst
Stirn, als ihm ein Gedanke kam. »Und Damon wusste nichts von der Scheidung?«
»Niemand weiß davon. Außer dir.«
»Falls er lebt, geht er also davon aus, dass er dich im Fall deines vorzeitigen Ablebens beerbt.«
Sie blinzelte ihn überrascht an.
»Hast du etwa niemals daran gedacht?«, fragte er.
»Na ja, doch, natürlich, aber ich dachte, nachdem er für tot erklärt wurde, hat er keinen Anspruch auf mein Vermögen.« Sie runzelte die Stirn. »Und selbst wenn das nicht stimmt, ich wüsste nicht, wie er an mein Geld kommen sollte, wenn er seinen Tod vorgetäuscht hat. Es ist offensichtlich …« Sie schluckte. »Offenbar hat er jemanden ermordet und dem Toten sein Portemonnaie, seinen Schmuck und seine Kleidung untergejubelt, um dann einen Autounfall zu inszenieren. Wenn er wieder auftauchen und mein Vermögen für sich beanspruchen würde, dann würde man ihn doch wegen Mordes verhaften, oder?«
In einer perfekten Welt wäre das der Fall. Aber Pierce hatte schon merkwürdigere Dinge erlebt. Das mit der Gerechtigkeit klappte nicht immer so, wie man sich das wünschte.
»Streng genommen ist es nicht illegal, den eigenen Tod vorzutäuschen. Sicher, man würde ihm Fragen stellen, viele Fragen. Er müsste eine sehr überzeugende Erklärung dafür haben, dass ein anderer Mann in seinem Auto gestorben ist und dass er sich nicht bei der Polizei gemeldet hat. Aber wenn es keine Beweise gibt und er sein Verhalten überzeugend erklären kann, dann könnte er dich immer noch beerben. Fällt dir irgendein Grund ein, warum er vorgeben könnte, tot zu sein? Hatte er einen Grund zu verschwinden?«
Ihre Augen wurden groß, und sie schaute schnell auf ihre Füße.
Pierce seufzte. Da war es wieder, sie wusste etwas – oder hatte wenigstens einen Verdacht –, und wollte nicht mit ihm darüber sprechen. »Du kannst es dir leisten, zu leben, wo du willst. Warum ziehst du nicht zurück nach New York, zumindest bis Gras über die Sache gewachsen ist?«
Sie blickte rasch auf. »Ich bin gerade erst hergezogen und stecke mitten in der Renovierung. Ich liebe diese Stadt. Ich will nicht gehen.«
»Auch wenn es dich das Leben kosten könnte, wenn du bleibst?«
Sie winkte ab. »In New York wäre ich nicht weniger eine Zielscheibe. Er hat mich hier aufgespürt, und in New York würde er mich ebenfalls finden.« Sie schüttelte heftig den Kopf, das dunkle Haar flog ihr um die Schultern. »Ich werde nicht zulassen, dass Damon mich kontrolliert oder mir vorschreibt, wo ich lebe. Und ich werde nicht mein Leben damit verbringen, vor ihm davonzulaufen. Ich werde diese Sache hier zu Ende bringen, was immer der Preis ist.«
Ihre eigensinnige Körperhaltung verriet ihm, dass eine Diskussion sinnlos war. Eigentlich war es ihm ohnehin lieber, wenn sie in Savannah blieb – so konnte er ihr wenigstens helfen.
Zumindest wenn sie ihre Sturheit lange genug vergaß, um zu merken, dass sie seine Hilfe brauchte.
»Wie sicher bist du, dass Damon wirklich der Schütze war?«
Ihre Schultern entspannten sich merklich, sie schien erleichtert darüber, dass er sie nicht drängte, Savannah zu verlassen. »So sicher, wie man sein kann, wenn man bedenkt, dass ich ihn nicht aus der Nähe gesehen habe und sein Gesicht verdeckt war.« Ihre Augenbrauen zogen sich vor Konzentration zusammen, als sie versuchte, sich an das Gesicht des Mannes zu erinnern. »Vielleicht irre ich mich ja auch wirklich. Andererseits war ich mir sicher, dass er es ist.«
»Angenommen, Damon ist nicht der Schütze. Gibt es noch jemanden, der einen Grund haben könnte, dich zu hassen?«
Sie schüttelte den Kopf und sah vollkommen niedergeschlagen aus. »Nur dich.«
Sein Magen zog sich zusammen, als er die Verletzlichkeit in ihrem Gesicht sah. Er musste die Bank mit beiden Händen umklammern, um sich davon abzuhalten, die Arme nach ihr auszustrecken und sie an sich zu drücken.
»Ich hasse dich nicht.«
Ihr Blick suchte den seinen, als wollte sie herausfinden, ob er die Wahrheit sagte. Er wusste, dass sie mehr wollte … eine Berührung, einen Blick, irgendeine Art von Zusicherung. Aber das war mehr, als er zu geben gewillt war.
Sie ließ den Blick sinken.
Er fühlte sich plötzlich wie ein Idiot, weil er dem Drang, sie in den Arm zu nehmen, nicht nachgegeben hatte. Doch es war zu spät. Der Moment war vorüber. »Erst gestern hat jemand versucht, dich zu erschießen«, erinnerte er sie. »Ob es sich um Damon handelt oder nicht, wird sich noch herausstellen. Ich halte es
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