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Ich sehe was, was du nicht siehst

Ich sehe was, was du nicht siehst

Titel: Ich sehe was, was du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Diaz
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hätte eine Affäre. Und er war erleichtert.«
    »Erleichtert?«
    Sie nickte. »Es war … eigenartig. Ich wusste, dass er etwas vor mir verheimlichte, und es war ihm lieber, dass ich ihn für untreu hielt, statt mir zu sagen, was wirklich los war. Also begann ich, ihm nachzuspionieren.«
    »Du hast ihm nachspioniert?«
    »Ach, komm schon. Schau mich nicht so an. Ich hielt ihn nicht für gefährlich. Ich wusste nur, dass meine Ehe kurz vor dem Scheitern stand, und ich wollte wissen, warum. Wir kamen nicht miteinander aus und stritten uns ständig. Und dann habe ich die versteckten Dateien auf seinem Computer gefunden.«
    Pierce legte ihr einen Finger unters Kinn und hob es an, sodass er ihr in die Augen sehen konnte. »Was waren das für Dateien?«
    Sie musterte ihn einen Augenblick lang, schob seine Hand weg und sah hinaus über das Feld. »Er hatte mich belogen, was seine finanzielle Situation betraf. Ich habe Tabellen mit detaillierten Angaben zu Privatkonten gefunden, von denen ich nichts wusste. Außerdem Informationen zu Einkäufen. Er gab jeden Monat Zehntausende Dollar aus.«
    Pierce schnitt eine Grimasse. »Ihr wart pleite.«
    »Nein, im Gegenteil. Das war ja das Komische. Wir hatten zu viel Geld, viel mehr, als wir hätten haben dürfen, wenn man bedachte, dass er das Geld mit vollen Händen ausgab. Ich stellte ihn zur Rede, wollte von ihm wissen, woher das ganze Geld kam. Als er jedoch herausfand, dass ich mich in seinen Computer eingeloggt und einen Blick in seine Dateien geworfen hatte …«
    Ein Schauer überlief sie, und Pierce nahm ihre Hand. Sie sah auf ihre verschränkten Finger hinunter und runzelte die Stirn. Doch sie zog die Hand nicht weg.
    »Da hatte ich zum ersten Mal Angst vor ihm.« Ihr Gesicht war angespannt. »Und es war nicht das letzte Mal.«
    Die Niedergeschlagenheit, die in ihrer Stimme mitschwang, verriet ihm mehr als tausend Worte. Er ahnte, dass ihm die Antwort auf seine nächste Frage nicht gefallen würde. »Was hat er getan?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf, die dunklen Haare flogen ihr um die Schultern. »Das ist nicht wichtig. Unsere Ehe war vorbei. Er schnappte sich seinen Laptop und ging. Zwei Wochen lang war er verschwunden. Keine Telefonanrufe, keine E-Mails, nichts. Da habe ich die Scheidung beantragt.«
    In ihren Augen lag etwas Wildes, so als würde sie Reißaus nehmen, wenn er sie noch länger bedrängte. Er entschied, nicht weiter in sie zu dringen. Jedenfalls nicht jetzt.
    »Wussten Logan oder deine Mom von der Scheidung?«
    »Nein, niemand wusste davon.«
    »Warum hast du niemandem davon erzählt?«
    Sie schluckte und schloss kurz die Augen. »Am Anfang habe ich mich zu sehr geschämt. Ich fand es furchtbar, dass meine Familie recht behalten hatte. Und später, als es meinem Vater gesundheitlich immer schlechter ging …«
    »Sprich weiter.«
    Sie atmete tief durch. »Damon tauchte in dem Moment wieder auf, als mein Vater ins Krankenhaus kam. Vor meiner Familie gab er sich unterstützend und liebevoll, er tat so, als wäre nichts Schlimmes zwischen uns vorgefallen. Ich spielte das Spiel mit, verweigerte ihm jedoch den Zutritt zum Haus. Ich hatte die Schlösser austauschen lassen. Und ich habe mich nie allein mit ihm getroffen, auch wenn er mich mehrere Male um ein Gespräch unter vier Augen gebeten hat.«
    Ihr Griff um seine Hand wurde fester.
    »Wenige Tage später starb mein Vater.« Sie schwieg lange. Schließlich zuckte sie mit den Schultern. »Eine Woche später kam Damon bei einem Autounfall ums Leben. Ich habe gar nicht mehr an das Scheidungsverfahren gedacht. Dass ich den Antrag gestellt hatte, fiel mir erst wieder ein, als mein Anwalt bei mir anrief. Da Damon für tot erklärt worden war, sah er keine Veranlassung dazu, das Verfahren abzuschließen. Aber …«
    Sie entzog ihm ihre Hand und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr.
    Pierce wappnete sich für die Lüge, die sie ihm jetzt unweigerlich auftischen würde.
    »Ich nehme an, dass ich einfach gern offiziell geschieden sein wollte, um das alles hinter mir lassen zu können. Deshalb sagte ich dem Anwalt, dass er das Verfahren abschließen sollte.« Sie zuckte mit den Achseln. »Danach gab es keinen Grund, es jemandem zu erzählen.«
    Pierce glaubte keine Sekunde lang, dass ein Richter seine Zeit mit einem Scheidungsverfahren verschwendete, wenn einer der Ehepartner für tot erklärt worden war. Er machte sich im Geiste eine Notiz, sie später nach ihrer Scheidung zu befragen. Er runzelte die

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