Ich sehe was, was du nicht siehst
Jacksonville hatte, gefallen könnte. Aber dein Bruder hat mich einmal zu oft als Großstadtpinkel beschimpft, also dachte ich, was soll’s, ich kann’s ja mal versuchen.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich bin immer noch dabei, mich einzugewöhnen, aber bislang fühlt es sich gar nicht so schlecht an.«
Madison trat ins Haus, und Pierce schloss hinter ihnen ab. Eine Führung war unnötig. Die gesamte Raumaufteilung des Erdgeschosses war mühelos von der Eingangshalle aus zu erkennen. Die offene Küche in der hinteren linken Ecke des Hauptzimmers bestand aus einer kleinen Ansammlung von Schränken und Küchengeräten. Zwei Türen führten in einen kurzen Flur, der sich rechts von ihnen befand. Beide Türen standen offen und gaben den Blick auf ein kleines Badezimmer und ein Schlafzimmer frei.
Ein
Schlafzimmer.
Pierce ließ den Koffer mit seiner Kleidung aus dem Haus, das sie für die verdeckte Vermittlung genutzt hatten, neben dem Fernsehtisch stehen. Madisons Koffer rollte er den kurzen Flur hinunter ins Schlafzimmer.
Sie folgte ihm und warf einen Blick auf das Bett, bevor sie zurück zum Flur schaute, um sicherzugehen, dass sie wirklich kein zweites Schafzimmer übersehen hatte.
»Die Couch ist ausklappbar«, sagte er als Antwort auf ihre unausgesprochene Frage. »Du bekommst das luxuriöse Schlafzimmer.«
»Ah, himmlisch.« Sie ging an dem Bett vorbei und spähte in das Badezimmer. Es war dasselbe, das sie auch von der Halle aus gesehen hatte, denn es war von zwei Seiten aus zugänglich. Am hinteren Ende des Schlafzimmers gab es eine kleine Veranda. Sie öffnete die gläserne Schiebetür und trat hinaus, um die frische, kühle, stark nach Kiefernadeln duftende Luft einzuatmen.
Das Haus hatte keinen nennenswerten Garten, es gab nur den Wald, der fast bis an das Haus heranreichte. Die Sonne versank gerade am Horizont, deshalb konnte sie nicht alle Einzelheiten erkennen, aber was sie sah, war so schön, dass sie sich fragte, ob es ein Fehler gewesen war, in die Stadt zu ziehen.
Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie Pierce ihren Koffer auf das Bett legte. Genau wie erwartet, öffnete er den Reißverschluss und klappte den Deckel auf, ganz im Sinne seiner nie endenden Mission, Madison von ihrem Waffenarsenal zu befreien. Mitten in der Bewegung erstarrte er.
Der schockierte Gesichtsausdruck, mit dem er auf ihren Koffer hinunterstarrte, war kaum zu überbieten. Ohne etwas angerührt zu haben, klappte er nach ein paar Sekunden den Deckel herunter, zog den Reißverschluss zu und verließ das Zimmer.
Minuten später grinste Madison immer noch, während sie das Wenige an Kleidung und Toilettenartikeln auspackte, das sie in den nächsten Tagen brauchen würde. Sie zog die beiden Messer aus ihrer Jeanstasche und ihrem BH und schob sie unter den Tanga- und Tamponstapel im Koffer, bevor sie in das Wohnzimmer ging, um nachzusehen, ob Pierce sich erholt hatte.
Er war gerade damit beschäftigt, die ausgeklappte Schlafcouch mit einem Laken zu beziehen. Ihr Handy klingelte just in dem Moment, als sie ihm ihre Hilfe anbieten wollte.
Sie zog es aus der Tasche und runzelte die Stirn, als sie die unbekannte Rufnummer sah. »Hallo?«
»Mrs McKinley, hier spricht Joshua MacGuffin. Ich glaube, ich habe Ihren Ex-Mann gesehen.«
Madison nahm einen Bissen von ihrem Blaubeer-Bagel, aber nur, weil Pierce sie die ganze Zeit schon stirnrunzelnd musterte, da sie nichts aß. Das Frühstück war normalerweise Madisons Lieblingsmahlzeit. An einem normalen Tag hätte sie es genossen, in einem schönen Café in der East River Street zu sitzen und auf den Savannah River hinauszuschauen. Wie auch immer, heute war nichts normal, insbesondere deswegen, weil Lieutenant Hamilton ihr gegenübersaß.
Der Lieutenant trank laut schlürfend einen Schluck Kaffee und wischte sich dann den Mund mit einer Serviette ab. »Ich hoffe, dass das Treffen mit MacGuffin nicht allzu lange dauert. Ich habe noch einen anderen Termin, ein Treffen mit der Spezialeinheit, das sich um den ›Simon sagt‹-Fall kümmert.«
»Gibt es Fortschritte?«, fragte Pierce.
»Nicht wirklich.« Er schnitt eine Grimasse. »Aber bitte erzählen Sie das nicht der Presse.«
»Sie wissen, dass das FBI Sie gern unterstützen wird, wenn Sie das wünschen.«
Hamilton zog eine Augenbraue hoch. »Schließt das Angebot Ihre Person mit ein?«
»Nein, ich halte mich raus aus den Serienmörderfällen, zumindest im Moment. Mein Bedarf ist fürs Erste gedeckt.«
»Das kann ich Ihnen
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