Ich sehe was, was du nicht siehst
Madison mit einem strahlenden Lächeln.
Das Lächeln wirkte ansteckend. Als er ihr auch noch zuzwinkerte, prustete Madison laut los. Sie machte einen Schritt nach vorn, um sich vorzustellen, doch Pierce legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie zu sich heran.
Fast hätte sie ihm gesagt, was sie von seinen Neandertaler-Manieren hielt, doch seine düstere Miene ließ sie verstummen.
»Madison McKinley«, sagte er, »dieser grinsende Tölpel hier ist Braedon. Und der mit dem ernsthaften Gesichtsausdruck ist Matt. Die beiden sind meine Brüder.«
Madison saß auf einem Gartenstuhl im Innenhof des viktorianischen Hauses, direkt hinter der fertiggestellten Glasveranda. Pierce hatte neben ihr Platz genommen, und seine Brüder saßen ihnen gegenüber. »B&B Construction« bedeutete Buchanan und Buchanan. Eigentlich hätte sie auch früher darauf kommen können – spätestens in dem Moment, als sie Pierce’ Brüder aus der Nähe gesehen hatte.
Der Ältere, Braedon, sah Pierce besonders ähnlich. Derselbe Körperbau und derselbe Hautton, allerdings lächelte Braedon viel häufiger als Pierce. Tatsächlich schien es, als würde Pierce immer weniger lächeln, je fröhlicher Braedon wurde.
Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie geglaubt, dass er eifersüchtig war. War das nicht absolut lächerlich? Nach dem umwerfenden Kuss von neulich hatte er allzu deutlich gemacht, dass er kein Interesse mehr an ihr hatte. Warum machte es ihm dann etwas aus, wenn sein Bruder mit ihr flirtete?
Sie warf dem jüngeren Bruder, Matt, einen Blick zu. Er sah aus, als wäre er um die Zwanzig. Zuerst hatte sie angenommen, dass er einfach schüchtern war. Aber nachdem sie ihn ein paar Minuten lang in Gesellschaft seiner Brüder erlebt hatte, wurde ihr klar, dass er einfach ein ruhiges, nachdenkliches Naturell hatte. Er studierte konzentriert alles und alle um sich herum, so, als würde er jede Information aufsaugen und sie nach ihrem Wert beurteilen. Wenn er sprach, wählte er seine Worte mit Bedacht und gab sich Mühe, allen gerecht zu werden.
Als er bemerkte, dass sie ihn beobachtete, grinste er nicht oder zwinkerte ihr schelmisch zu, wie es sein Bruder tat, sondern nickte nur kurz, um sich dann wieder seinen Brüdern zuzuwenden.
»Es ist nicht das erste Mal, dass es Probleme mit der Baustelle bei Mrs McKinleys Haus gibt«, meinte Braedon. »Colleen hat uns letzte Woche zwei durchgeschnittene Reifen gemeldet.«
»Gab es sonst noch irgendwelche Probleme? Hat Colleen jemanden gesehen, der das Haus beobachtet hat, während sie und ihre Leute dort gearbeitet haben?«
Matt lehnte sich vor und stützte sich mit verschränkten Armen auf dem Tisch ab. »Als sie mit den Bauarbeiten angefangen haben, hat jemand Zucker in den Benzintank von einem der Lkws geschüttet. Der Lkw gehörte einem der Arbeiter.«
Braedon zog eine Augenbraue hoch. »Davon hast du mir gar nichts erzählt.«
Matt zuckte mit den Achseln. »Das war auch nicht nötig. Ich habe mich darum gekümmert.«
»Und wie genau hast du dich darum gekümmert?«
»Er hat zwei Kinder, die er durchs College bringen muss. Er kann sich eine so teure Reparatur nicht leisten. Ich habe ihm einen Mietwagen besorgt, seinen Lkw in die Werkstatt gebracht und ihm gesagt, dass die Firma die Kosten übernimmt.«
»Das ist eine ganz schöne Ausgabe für einen Burschen, der nur auf Stippvisite zu Hause ist, weil er gerade Sommerferien hat. Insbesondere, wenn er nicht selbst für die Kosten aufkommen muss.«
Matt starrte ihn an, die Rede seines Bruders schien keinen besonderen Eindruck bei ihm hinterlassen zu haben. Er brachte auch keine hastig gestammelte Entschuldigung vor.
Madisons Muskeln spannten sich, und sie fragte sich besorgt, wie Braedon reagieren würde.
Der grinste plötzlich und schlug Matt auf den Rücken. »Gute Arbeit, Kleiner.« Er wandte sich wieder Pierce zu. »Aber ansonsten scheint alles gut zu laufen. Das Fundament für die Veranda soll nächste Woche gelegt werden. Soll ich den Termin absagen?«
»Ja«, erwiderte Pierce.
»Nein«, sagte Madison im selben Augenblick. »Ich werde Ihnen alle Verluste ersetzen, die Ihre Firma durch mein Projekt erlitten hat – auch die Reparaturen an dem Lkw, aber ich möchte nicht, dass die Arbeiten ausgesetzt oder aufgeschoben werden.«
»Warum nicht?«, wollte Pierce wissen.
»Weil ich nicht zulassen werde, dass ein paar … Dummejungenstreiche meine Pläne vereiteln.«
Er sah sie ungläubig an.
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