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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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Nein, nicht da. Lass mich deine Brieftasche sehen.«
    Er legte ihr verwundert die Brieftasche in die ausgestreckte Hand. Sie klappte sie auf. » Tja«, sagte sie und betrachtete ihr Bild, das er dort aufbewahrte, » die Süße sieht ja richtig gut aus, aber ich kann ihn auch hier nicht entdecken.«
    » Du kannst was nicht entdecken?«
    » Den Ausweis, den du von Tanner bekommen hast, als er dich zum Hilfssheriff ernannt hat«, sagte sie und stieß ihm seine Geldbörse an die Brust. » Mach keine Dummheiten, Jazz. Und zwing mich nicht, dir als › Psycho-Freundin‹ zu kommen. Ich will es nicht, aber ich werde es tun.«
    Die Glocke läutete, und Connie verschwand zu ihrem Unterricht. Jazz steckte seine Geldbörse wieder ein und eilte zu Biologie.
    Jazz sah Connie erst wieder am Ende des Schultages, als sie sich in der Aula zur Theaterprobe trafen. Die neue Theaterlehrerin, Ms. Davis– die tatsächlich darauf bestand, dass die Schüler sie » Ginny« nannten–, brachte Hexenjagd auf die Bühne der Lobo’s Nod Highschool, und Jazz war von Connie zum Vorsprechen » ermutigt« worden. Als Folge davon musste er nun jeden Nachmittag mit einem Haufen Jugendlicher, die ihn eigentlich nicht interessierten, proben, um eine Rolle– Reverend Hale– auszufüllen, die er irgendwie ärgerlich und seicht fand. Und hoffnungslos naiv natürlich. Es gab eine Stelle zu Beginn des Stücks, als Hale– ein » Experte« für Zauberei– hochnäsig seine Bücher schwingt und feststellt: » Hier ist die ganze unsichtbare Welt– eingefangen, bestimmt und berechnet.« Als wäre es so einfach.
    Als sie sich nach dem letzten Klingelton trafen, war Connie nicht mehr böse auf ihn. Sie verbrachten die fünfzehn Minuten bis zum Beginn der Probe damit, sich in den Kulissen hinter einem übrig gebliebenen Gemälde aus einer alten Grease- Produktion fieberhaft zu küssen und zu betatschen. Oder vielleicht war sie auch gar nicht böse auf ihn gewesen, dachte er. Manchmal konnte er Connies Gefühle nicht deuten. Vielleicht war es eine dieser Mädchen/Jungs-Geschichten.
    Er hoffte, es war wirklich nichts weiter. Was, wenn es eine Räuber/Beute-Geschichte war? Was, wenn er seine Verbindung zu ihr verlor? Himmel, bitte nur das nicht. Connie war einer der wenigen Anker, die Jazz’ psychische Gesundheit fest vertäut hielten. Der Verlust eines jeden dieser Anker konnte sich verheerend auswirken, aber speziell der Verlust Connies wäre sicherlich eine Katastrophe.
    » Alles in Ordnung?«, fragte sie und strich ihm mit den Fingern leicht über die Wange.
    » Ja, ja.«
    » Weil du nämlich total abwesend wirkst. Deine Zunge hat einfach aufgehört, sich zu bewegen.«
    » Tut mir leid. Ich habe nachgedacht.« Er küsste sie wieder, und diesmal zwang er sich, an nichts zu denken dabei. So küssten sich normale Menschen. Ohne zu denken.
    » Alles auf die Bühne!«, rief Ginny aus dem Saal. » Kommt, Beeilung!«
    Jazz und Connie gesellten sich zu ihren Mitspielern auf die Bühne. Heute gingen sie die letzten Szenen des Stücks durch, weshalb Connie– die Tituba spielte– nicht die ganze Zeit dabei sein musste, aber sie blieb immer bei jeder Probe bis zum Schluss. Von ihnen beiden war Connie die Theaternärrin und hätte sich Proben selbst dann angesehen, wenn sie in dem Stück gar nicht mitspielen würde. Jetzt saß sie in der ersten Reihe mit Ginny und beobachtete Jazz in einer Szene kurz vor Ende des Stücks, wenn Reverend Hale mit Richter Danforth streitet und ihn anfleht, den heldenhaften John Proctor aus dem Gefängnis freizulassen und seine Hinrichtung auszusetzen. In dem Stück ist Hale zunächst einer der Hauptbefürworter der Hexenprozesse in Salem, bereut später jedoch seine Rolle dabei. Wenn sich das Stück und John Proctors Leben dem Ende nähern, schwingt Hale im Gefängnis Reden und bittet Danforth, es sich noch einmal zu überlegen und Proctor zu verschonen, damit er nicht wie so viele andere schon vor ihm in den Händen der Puritaner stirbt. Wenn Proctor überlebt, kann Hale seine Schuld vielleicht wiedergutmachen.
    » Auf meinem Haupt ist Blut!«, schreit Hale, als er Danforth anfleht. Ihr werdet nicht nur Proctors Leben retten, sagt er damit, Ihr rettet auch meine Seele! » Könnt Ihr das Blut auf meinem Haupt nicht sehen?«
    Es war ein großartiger Augenblick, und Jazz und Eddie Viggaro– der Junge, der Danforth spielte– drehten bei dieser Probe so richtig auf und harmonierten zum ersten Mal wirklich. Danforth stand reglos und mit

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