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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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vor Sex.
    Wie jeder Junge im Teenageralter dachte er natürlich an nichts anderes und wollte so viel wie nur menschenmöglich davon haben und so früh, wie es nur ging, aber anders als andere Jungs im Teenageralter durfte er es sich nicht gestatten. Der pure Gedanke daran ließ ihn erstarren. Sex war für Leute wie ihn wie Feuerzeugbenzin. Bei Connie bestand keine Gefahr, weil…
    Nun, bei Connie bestand keine Gefahr, aber Ginny fühlte sich warm, vollkommen und verletzlich an…
    » Tut mir leid, dass ich so hart zu dir sein musste«, sagte sie und wich zurück, vollkommen ahnungslos, was sie ihm angetan hatte. » Komm morgen nicht zu spät, okay?«
    Der Schule– und Ginny Davis’ Umklammerung– entronnen, stand Jazz ein paar Minuten auf dem Parkplatz, um einen klaren Kopf zu bekommen, bevor er sich ans Lenkrad setzte. Auf der Heimfahrt ging er dann in Gedanken eine Liste der Dinge durch, die er zu erledigen hatte. Er musste einen Weg finden, G. William zu beweisen, dass Fiona Goodling das Opfer eines Serienmörders war. Er konnte nicht erklären, warum er sich dessen so sicher war– er war es einfach. Diese fehlenden Finger… Den Mittelfinger zurückzulassen. Die anderen mitzunehmen… So etwas hätte auch Billy einfallen können. Es war unverschämt. Es war rüde.
    Jazz trat plötzlich auf die Bremse. Zum Glück war er in eine Seitenstraße ohne Verkehr abgebogen, und niemand war in der Nähe. Bis auf den Kerl, der an der Straßenecke lauerte.
    Jeff Fulton.
    Jazz konnte nicht glauben, dass es Zufall war, und tatsächlich kam Fulton zur Fahrerseite des Jeeps gerannt und fuchtelte mit den Händen, als wollte er einen Düsenjet mit Flaggen einweisen. Abhauen? Bleiben? Jazz blieb auf der Bremse, ließ den Motor aber laufen, um schnell verschwinden zu können.
    Er drehte das Fenster herunter und hörte, wie Fulton mühsam nach Atem rang.
    » Ich bin froh, dass ich dich erwische«, brachte der Mann heraus. » Ich hab hier gewartet. Ich dachte mir, dass du auf dem Heimweg von der Schule hier vorbeikommst. Ich weiß, wie das wirken muss…«
    » Verfolgen Sie mich, Mr. Fulton?« Der Gedanke amüsierte Jazz und erschreckte ihn zugleich.
    » Was? Nein, um Gottes willen, nein.« Fultons Gesicht verzerrte sich in einem wilden Anfall aus Schuldgefühl und Schock, als ließe ihn die bloße Idee jede Zitrone noch einmal durchleben, in die er je gebissen hatte. » Ich muss nur mit dir reden. Bitte, Jasper, ich flehe dich an.«
    » Ich kann Ihnen wirklich nicht helfen, Mr. Fulton.«
    » Aber es gibt eine Website. Für die Opfer deines Vaters. Und in dem Diskussionsforum dazu schrieb jemand, dass dein Vater dir Gerüchten zufolge immer alles erzählt hat. Und ich habe nur eine Frage, eine einzige Frage. Du weißt nicht, wie viel mir das bedeuten würde. Bitte.«
    Billy erstarrte. Er wusste von der Website– www.dentedlives.com–, wo Opfergruppen und Angehörige Kontaktadressen, Informationen, Wut und Anteilnahme austauschten. Als Teil des Deals, der ihm die Todesstrafe ersparte, hatte Billy Dent zugesagt, zu exakt festgelegten Zeiten Informationen über seine Opfer preiszugeben, allerdings hatte er nicht gesagt, über welche Opfer er in diesen Zeiten sprechen würde. Als Folge davon ging der Server der Website alle sechs Monate vor Einträgen und Diskussionsbeiträgen fast in die Knie, wenn die neuesten Einzelheiten von Billys Untaten ans Licht kamen.
    Schlimmer noch war natürlich, dass Billy Jazz tatsächlich eine Menge über seine Opfer erzählt hatte. Diese Erzählungen waren pervertierte Gutenachtgeschichten für ihn geworden: die traurige Geschichte von dem Mädchen, das zu fliehen versuchte; der Mann, der zu schnell angehalten hat; die Frau mit dem Messer, das sie nicht benutzt hat. Diese und weitere Geschichten– mehr als hundert davon– hatten Jazz’ Kindergehirn verstopft wie ein abartiger Märchenband. Nur waren die Seiten zerfetzt und dann wahllos wieder zusammengeklebt worden, sodass Jazz sich an ein Wirrwarr scheußlicher Bilder erinnern konnte, an Blut und Perversion, die für ein ganzes Leben reichten, aber das meiste davon ohne Zusammenhang. Ein Psychiater, der Jazz in der kurzen Zeit der Obhut bei den Sozialdiensten untersuchte, hatte eine besondere Spielart von posttraumatischer Belastungsstörung diagnostiziert. Er konnte sich zum Beispiel erinnern, dass er mit sieben im Nachttisch seines Vaters menschliche Zähne gefunden hatte, aber er wusste nicht mehr, woher diese Zähne stammten. Er wusste nur

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