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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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noch, dass er sie gefunden und in kindlicher Unschuld damit gespielt hatte, als wären es Würfel, ohne zu begreifen, dass etwas daran falsch war; als könnte er, wenn er einen Freund besuchte, dort jederzeit genau solche Dinger zufällig in einem Küchenschrank oder einer Schublade finden.
    Darüber hinaus hatte Billy ihm nicht alle Einzelheiten seiner Tötungen erzählt, vor allem, wenn es um die tieferen sexuellen Aspekte seiner mörderischen Triebe ging. Denn eins war klar– Billy hatte seine Opfer nicht lediglich getötet. Er hatte sie gefoltert, gequält. Vergewaltigt und missbraucht. Aber er hatte seine eigenen Vorstellungen, was Jazz wissen musste. Bei manchen Dingen, behauptete er, brauchte Jazz keine Führung. » Du musst selbst herausfinden, was für dich funktioniert, mein Sohn. Du musst deinen eigenen Weg finden.«
    Nachrichtenmagazine und Kabelsender überschütteten ihn regelmäßig mit Angeboten, » seine Geschichte« zu erzählen, der Welt » seine Seite« darzulegen. Aber Jazz hatte keine » Seite«. Er hatte nur eine schwer versaute Kindheit und ein Potpourri an Erinnerungen, die niemandem etwas nützen würden.
    » Ich kann nichts für Sie tun, Mr. Fulton. Ich kann es wirklich nicht.«
    » Nur eine Frage. Bitte. Brauchst du Geld? Ich kann dir Geld geben. Nicht viel, aber…«
    » Hören Sie auf, Mr. Fulton! Bitte.« Er konnte den erbärmlichen Anblick nicht einmal ertragen; er starrte in den Rückspiegel und hoffte, jemand würde kommen und hupen, dass er weiterfahren sollte, aber die Nebenstraße blieb leer.
    » Im Polizeibericht steht, sie war geknebelt«, sagte Fulton, der sich inzwischen so weit in das offene Fenster beugte, dass Jazz seinen Atem am Hals spürte. » Aber der Gerichtsmediziner glaubt, dass der Knebel entfernt werden musste, bevor sie starb. Deshalb frage ich, bitte, hat dein Vater… Hat dein Vater dir einmal erzählt, was ihre letzten Worte waren? Ich will es einfach wissen.«
    O Gott.
    Jazz schloss die Augen. War dieser Mann verrückt? Hatte er auch nur die leiseste Ahnung, wie die wahrscheinliche Antwort auf diese Frage lautete? Dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit etwas wie OG ottbittenichtlieberHimmelbitteneeeeeiiiiin gesagt hatte?
    » Ich kann Ihnen nicht helfen«, flüsterte er. Es war die Wahrheit: Er hatte keine Ahnung, wie Harriet Kleins letzte Worte gelautet hatten, und er hatte nicht die Absicht zu raten.
    » Hat er irgendeine Art Tagebuch oder so aufbewahrt? Etwas, das du vor der Polizei versteckt hast, vielleicht? Ich verspreche dir– ich verspreche es beim Grab meiner Tochter–, ich verrate es niemandem. Ich will es nur ansehen.«
    Jazz holte tief Luft und atmete langsam aus. Er drehte den Kopf zu Fulton, dessen Augen tiefer eingesunken waren, dessen Gesicht noch faltenreicher war. » Ich kann Ihnen nicht helfen, Mr. Fulton. Bitte lassen Sie mich in Ruhe. Ich werde jetzt Gas geben, also treten Sie bitte zurück.«
    Mit einem resignierten Wimmern ließ Fulton von ihm ab. Kurz bevor Jazz das Fenster wieder geschlossen hatte, sagte er jedoch noch etwas, das ins Wageninnere fuhr wie ein eisiger Wind. » Hast du jemals etwas verloren?«, fauchte Fulton mit einer Stimme voller Not und Hass. » Jemanden, der dir etwas bedeutet? Und sei es nur ein Haustier? Kümmert dich das Ganze überhaupt?«
    Die Erinnerung an Fultons Stimme und seine zornigen Augen begleiteten Jazz auf der Fahrt im Jeep. Kümmert dich das Ganze überhaupt?
    O ja, es kümmert mich!, dachte er wütend.
    Es kümmerte ihn so sehr, dass er zunächst überlegt hatte, mit möglichst vielen Opfern Kontakt aufzunehmen. Vielleicht eine Art Fonds einzurichten, für den er als Gallionsfigur dienen könnte, um auf diese Weise Geldmittel anzulocken. Irgendeine gute Tat begehen, um sich und der Welt zu beweisen, dass er kein Monster im Wartestand war.
    Aber Billy hatte die ganze Zeit gute Taten vollbracht. Genau wie John Wayne Gacy und Dutzende andere. Es spielte keine Rolle. Es gehörte alles zur Verschleierung. Jazz wurde klar, dass er nicht einmal seinen edelsten Impulsen trauen durfte. Sie waren möglicherweise nicht echt. Sie waren vielleicht nur Tarnung.
    Selbst die einzig wahrhaft gute Sache, die er in seinem Leben getan hatte– als er Howie vor vielen Jahren vor diesen Schlägern gerettet hatte–, war befleckt. Billy war außer sich gewesen, als sich die Eltern der Jungs wegen der Verletzungen ihrer Kinder bei ihm beschwert hatten. » Du hättest sie töten sollen, mein Sohn. Wir hätten die Leichen

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