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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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Nod und dachte an Wölfe, Schafe und Schafspelze. Dachte an das Trojanische Pferd.
    Dachte auch an sein nächstes Opfer.
    Er überlegte beiläufig– denn es spielte so oder so keine große Rolle–, ob der Junge den Ring schon gefunden hatte. Seine Beobachtung Jaspers hatte ihm gezeigt, dass der Junge seine eigene Ermittlung durchführte, die über die des Sheriffs hinausging. Der Impressionist machte sich keine allzu großen Sorgen, dass einer der beiden ihn fassen könnte. Das würde einfach nicht passieren. Aber er wusste, dass der Sheriff den Ring niemals finden würde. Tanner war ausgebrannt, nachdem er einen Serienmörder gefasst hatte, und besaß nicht mehr die Kraft, einen zweiten zu fangen. Jasper würde den Ring vielleicht finden, aber was dann? Würde es ihm gelingen, dessen Bedeutung rechtzeitig zu entschlüsseln?
    Inzwischen lebte sein nächstes Opfer hier in der Stadt. Er konnte es sogar mühelos zu sich rufen, und er tat es, indem er den Finger hob.
    Die Bedienung kam zu ihm und warf ihm ein einstudiertes Lächeln zu. HELEN stand auf ihrem Namensschild. Helen dachte sicherlich an nichts anderes als daran, seine Kaffeetasse aufzufüllen. Um sich dann vielleicht für einen Augenblick zur Erholung in die Küche zurückzuziehen, ehe sie die Bestellungen von drei Jungs im College-Alter aufnahm, die eben zur Tür hereingeschneit waren und aussahen, als bräuchten sie ein Katerfrühstück.
    » Danke«, sagte der Impressionist mit großem Ernst zu Helen.
    Ihr einstudiertes Lächeln nahm einen etwas ehrlicheren Charakter an– vielleicht war von diesem Typ ein großzügigeres Trinkgeld zu erwarten als sonst hier üblich.
    Der Impressionist erwiderte seinerseits das Lächeln, dann sah er zu, wie sie ihm Kaffee einschenkte, sah, wie sich die Sehnen in ihrem Unterarm strafften, sah die Biegung des Handgelenks.
    Sah ihre schlanken, eleganten Finger am Griff der Kanne.
    Ihre Finger.
    Bemerkte sie nur.

11
    Am selben Morgen ließ Jazz nach nur fünf Stunden Schlaf sowohl den Kaffee mit Howie als auch die erste Stunde sausen, um erneut den Sheriff zu besuchen. Es war nicht ganz acht, und Lana war noch nicht zum Dienst erschienen. Ein einsamer Deputy saß an einem Schreibtisch in der Ecke und fuhrwerkte mit dem Mauszeiger auf einer Website herum. Deputy Erickson war nirgendwo zu sehen, worüber Jazz froh war, mehr, als er zugeben mochte.
    Er ging am leeren Empfangstisch vorbei und marschierte schnurstracks durch bis zu G. Williams Büro. G. William, ein Frühaufsteher, war immer als Erster in der Dienststelle, und heute war es nicht anders.
    » Wo ist der Neue?«, fragte Jazz, als er ohne zu klopfen in das Büro platzte. » Ich hätte ihn für einen frühen Vogel gehalten, der den Wurm fängt und so.«
    » Auch ein Deputy hat mal frei, Jazz«, sagte G. William. » Aber ich wette, du bist nicht hier, um den Arbeitszeitnachweis des Mannes zu überprüfen.«
    » Ich habe es herausgefunden«, verkündete Jazz. Er warf einen Sandwichbeutel aus Plastik auf G. Williams Schreibtisch; er hatte ihn zugeklebt und mit einem Etikett versehen, auf dem stand, wo und wann er den Zehenring gefunden hatte.
    G. William warf einen Blick auf den Ring und schob ihn dann zur Seite. » Ein bisschen früh am Morgen für Lausbubenstreiche, Jazz. Was dagegen, wenn ich erst meinen Kaffee trinke?«
    » Ich habe herausgefunden, wer die Jane Doe ist«, sagte Jazz irritiert und folgte G. William zu der betagten Kaffeemaschine. Sie roch nach Jahren verbrannten Kaffees. » Interessiert Sie das nicht?«
    G. William sagte nichts, als er sich den ersten Kaffee des Tages eingoss. Er sagte nichts, als er den ersten Schluck trank, zusammenzuckte, dass sein Schnauzbart wackelte, und in sein Büro zurückmarschierte, um sich hinter den Schreibtisch zu pflanzen. Und er sagte immer noch nichts, als er einen weiteren Schluck Kaffee schlürfte, den behelfsmäßigen Beweismittelbeutel endlich in die Höhe hielt und den Ring mit zusammengekniffenen Augen betrachtete.
    » Ich möchte nicht hören, dass du am Fundort warst«, bemerkte G. William schließlich. » Tatsächlich müsste ich offizielle Schritte unternehmen, falls ich es höre, hast du verstanden?«
    Jazz druckste einen Moment nervös herum. » Ich war am Bach«, sagte er dann. » Auf dem Harrison-Anwesen. Das ist genau genommen nicht der Fundort. Allerdings hätte er es von Anfang an sein sollen.« Er konnte nicht verhindern, dass sich eine Spur Verachtung in seine Stimme schlich.
    Der Sheriff verengte

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