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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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ging, aber er konnte nicht anders. Er schuldete es Connie. Er schuldete ihr diese Ehrlichkeit.
    » Du weißt, dass ich dich töten könnte, ja?«, sagte er leise, mit gemessener, ruhiger Stimme. » Ich könnte es auf der Stelle tun. In diesem Augenblick. Und du könntest nichts dagegen machen. Obwohl ich es dir gesagt habe.«
    Sie blieb vollkommen reglos. » Aber du wirst es nicht tun.«
    » Woher weißt du das?«, brauste er auf und stieß sie von sich. » Woher? Sag es mir!« Aus dem Nichts flossen Tränen, sie strömten zu seinem Entsetzen über seine Wangen. Er wusste nicht, wofür diese neuen Tränen waren, und es kümmerte ihn auch nicht. Er wischte sie mit der offenen Hand fort. » Warum fliehst du nicht? Warum hast du keine Angst? Woher willst du es wissen, Connie?«, flüsterte er. » Nicht einmal ich weiß, dass ich dich nicht töten werde. Wie zum Teufel kannst du es wissen?«
    Alle Kraft verließ ihn, und er sank schlaff gegen sie. Ohne zu zögern, schloss sie die Arme um ihn und zog ihn an sich. Sein Kopf ruhte an ihren Brüsten, und sein ganzer Körper wurde von Weinkrämpfen geschüttelt.
    » Ich weiß es, weil…«
    » Verdammt!« Er wand sich aus ihrem Griff. » Verdammt, Connie! Fall nicht auf diesen Mist herein! Ich versuche, dir zu helfen!« Er rannte in der Hütte auf und ab, bebend vor Zorn und Angst. Die Worte sprudelten aus ihm, sie fielen übereinander wie Menschen auf der Flucht vor einem Erdbeben. » Genauso machen wir es nämlich. Wir locken euch an, verarschen euch, bauen auf euer Mitgefühl. Und wenn ihr Glück habt, seid ihr tot, bevor ihr es richtig begreift. Und wir… wir…«
    Er wusste nicht mehr weiter, stand schwer atmend im Dunkel und sah auf Connie hinunter, die in die Rettungsdecke gehüllt an der Wand lehnte. Die Decke wirkte jetzt fremd und zu grell im engen Raum des Verstecks. Sie war ein Stück aus der modernen Welt, das nicht hierher gehörte, wo er nur von archaischen Impulsen, biblischer Rache und mittelalterlichem Foltern sprechen konnte. Vom natürlichen, ursprünglichen Zustand des Menschen: Wildheit.
    Sie würde aufstehen. Sie würde gehen. Sie würde G. William anrufen, noch ehe sie in den Wagen stieg, und Jazz drängte es mit jeder Faser, tief in seine Trickkiste des Soziopathen zu langen, sie zu umschmeicheln und zu täuschen, zu überreden, nicht zu gehen. Denn wenn sie ging und G. William erzählte, was er gesagt hatte, war alles vorbei. G. William würde bei der Jagd auf den Impressionisten keine Hilfe mehr von ihm akzeptieren, der Impressionist würde einfach weitertöten, und Jazz würde irgendwo in einer gepolsterten Zelle enden, wo er nach den letzten Resten seiner Seele suchte.
    Doch ein Teil von ihm…
    Ein Teil von ihm sehnte sich danach, dass sie ging. Vor ihm floh.
    Und das war der Moment, in dem Jazz erkannte, dass er Connie liebte. Denn zum ersten Mal in seinem Leben war etwas wichtiger als er selbst.
    Sie stand auf.
    Sie sah ihn an.
    » Dann mach es«, sagte sie mit einer ruhigen, selbstbewussten Intensität, die ihm fast Angst machte. » Ich habe das alles so satt«, fuhr sie mit rauer Stimme und in drängendem Tonfall fort. » Ich habe dein ständiges Selbstmitleid so satt. Ich liebe dich, du Idiot. Ich versuche, verständnisvoll und hilfreich zu sein, aber du benimmst dich die ganze Zeit, als würde ich dich nicht verstehen. Und du versuchst ständig, mir Angst zu machen oder mich wegzustoßen.«
    » Con…«
    » Halt den Mund! Jetzt bin ich dran. Wenn du willst, dass ich zu reden aufhöre, dann musst du mich umbringen, was du angeblich könntest. Und ich sage es noch einmal: Mach es! Hör auf damit zu drohen, und hör auf, deswegen herumzujammern, sondern mach es einfach. Aber wenn du es nicht machst, dann halt endlich die Klappe davon und lass mich für dich da sein und dir helfen. Denn wenn du das nicht machst, dann hat dein verrückter Vater wirklich gewonnen, und mein verrückter Vater bekommt seinen Wunsch erfüllt, weil ich nicht mehr mit dem weißen Jungen ausgehe. Aber so oder so musst du deinen Kram auf die Reihe kriegen und aufhören, alles bei mir abzuladen.«
    Jazz starrte sie an. Hatte sie eine Ahnung, was sie da sagte? Was sie provozierte? » Ich…«
    » Moment!« Sie hob die Hand, um ihn aufzuhalten. » Denk genau nach, Jazz. Was willst du sagen? Denn wenn es noch mehr von diesem Blödsinn ist, dann bringe ich mich vielleicht noch selbst um, damit ich es nicht mehr hören muss. Und wie stehst du dann da?«
    Er warf die Hände in

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