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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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halbe Stunde geschlagen. Im Augenblick konzentrierten sich alle auf das Haus, aber Jazz wusste, dass ihnen das Warten bald zu langweilig werden würde. Und das war dann der Moment, in dem die Medien absurderweise anfingen, sich gegenseitig über die Story zu interviewen, zu der sie keine Fakten hatten. Weathers’ Ruhm würde hell erstrahlen.
    G. William hatte versprochen, ein paar Deputys zu schicken, die dem armen Streifenbeamten in der Einfahrt helfen sollten, die Presse im Zaum zu halten. Bisher hatte sich niemand auf den Privatbesitz gewagt, aber das war nur eine Frage der Zeit. Ein Serienmörder in Lobo’s Nod? Schon wieder? Einen Bonus für den ersten Dreckskerl, der ein Foto vom Sohn des Lokal-Soziopathen schießt!
    » Sie werden mich mit Mischlingsbabys schwängern! Mischlingsbabys, die Weiße töten sollen! Und sie werden mir dieses AIDS anhängen, um mich zu erledigen«, polterte Gramma vor sich hin.
    Jazz seufzte und legte die Stirn ans Fenster. Er musste hier raus.
    Gramma hatte ein starkes Beruhigungsmittel verschrieben bekommen. Jazz benutzte es höchst ungern– das Zeug war wirklich heftig, und auch wenn Gramma von einer Menge Hass und Wahn am Laufen gehalten wurde, war sie doch eine gebrechliche alte Frau–, aber in diesem Fall hatte er keine andere Wahl. Er konnte sie nicht so zurücklassen, während er Billy besuchte. Sie würde die Medien da draußen wahrscheinlich irgendwann mit ihrer nutzlosen Flinte angreifen und schreiend und mit wehendem Nachthemd die Einfahrt hinunterrasen.
    Deshalb hatte er vor zwanzig Minuten eine der Beruhigungspillen in ihren morgendlichen Haferbrei gegeben. Er wusste nicht, wie lange er fort sein würde, und mit der Presse vor dem Haus verließ er sich lieber nicht auf das Benadryl. Er wollte, dass sie richtig weggetreten war.
    Nach einigen weiteren Minuten Toben und Poltern schlief sie auf dem Boden ein, die Fleischgabel fest umklammert. Jazz löste sie aus ihren Fingern und legte sie auf das Fernsehgerät, dann hob er Gramma vom Boden auf und trug sie nach oben. Er vergewisserte sich, dass alle Jalousien und Vorhänge in ihrem Zimmer zugezogen waren, und ließ sie hübsch ins Bett gepackt zurück. Sie würde den größten Teil des Tags schlafen.
    Ich muss meinen Vater besuchen, hatte er in der Nacht zuvor gesagt. Im Licht des Tages war dieser Gedanke keineswegs verschwunden.
    Leider.
    Er setzte seine dunkelste Sonnenbrille auf und zog seine unscheinbarsten Sachen an, dann spazierte er einfach aus der Haustür und ging schnurstracks zum Jeep, ohne nach links oder rechts zu schauen. Die Geier von der Presse flippten aus.
    » Hey, Jasper!«
    » Schau hierher!«
    » Junge, du kannst nicht…«
    » Jasper!«
    » …zu sagen?«
    » Mr. Dent!«
    » …glaubt, dass dein Vater…«
    » …hier in die Kamera, okay?«
    » Du musst einen…«
    » …heißt es, du stehst nicht unter Verdacht, aber…«
    » …hierher!«
    Er sprang in den Jeep, gab Gas und fuhr aus der Einfahrt. Der einsame Streifenbeamte tat, was er konnte, um die Reporter von der Straße zu drängen. Den Rest erledigte Jazz’ drohend aufheulender Motor. Reporter drückten sich an den Jeep, als er langsam durch die Menge kroch. Kamerablitze zuckten, Videogeräte liefen. Irgendwann würde jemandem auffallen, dass Billy Dents Sohn das Fahrzeug fuhr, das das Ungeheuer selbst bei seinen Morden benutzt hatte, und dieses kurze Video hier würde unablässig auf den Privatsendern und im Internet laufen.
    Jazz widerstand dem Drang, ihnen allen den Vogel zu zeigen, das Fenster herunterzulassen und sie anzuschreien. Er gestattete sich nicht einmal, sie anzusehen, denn wenn er Doug Weathers erspäht hätte, hätte er sich womöglich nicht zurückhalten können und ihn überfahren. Er schob sich nur durch die Menge und brauste davon, ehe jemand die Geistesgegenwart aufbrachte, in einen Wagen zu springen und ihm zu folgen.
    An seinem Ziel war die Szenerie fast identisch: Das Büro des Sheriffs war umlagert von Reportern und Kamerateams. Jazz parkte schlauerweise nebenan vor dem Bestattungsinstitut und schlüpfte durch den Verbindungsgang, bevor ihn jemand erkannte.
    In G. Williams heimeliger kleiner Polizeistation ging es zu wie auf einem Handelsparkett an der Wall Street. Fremde in Anzügen– FBI , nahm Jazz an– riefen einander Befehle zu oder bellten sie in Telefone. Mehr Deputys und Staatspolizisten, als Jazz je an einem Ort gesehen hatte, teilten sich zu knappe Schreibtischflächen und stritten über die Aufstellung

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